Die Mauer, die den Marienplatz teilweise umsäumt, wird seit Jahren mit Tags, Parolen und Schriftzügen zugeschmiert. Schön ist das nicht, findet der Architekt Heinz Lermann, der den Platz einst entwarf. Er konnte erreichen, dass nun ein Wettbewerb für die Mauergestaltung ausgelobt wird.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Der Marienplatz ist in das wilde Alter im Übergang vom Teenager zum jungen Erwachsenen gekommen. „Seit zwei, drei Jahren werden die Graffitis an der Mauer um den Platz immer überbordender“, konstatiert Heinz Lermann vom Stuttgarter Büro Freie Planungsgruppe 7, nach dessen Entwürfen der Platz 2003 angelegt wurde. Und dagegen, so der Architekt, sei an sich nichts zu sagen, wären die Bilder selbst nicht so lieblos hingeworfen und so rücksichtslos gegen die Architektur des Platzes: „Es wurden beispielsweise auch die Scheinwerfer und Sensoren des Wasserspiels mit Farbe übersprüht.“

 

Den Architekten trieb die Frage um, wie man den Schmierereien Einhalt gebieten könne. Am liebsten, so berichtete er in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirates Süd, wäre ihm eine Begrünung der im Bogen um die südliche Hälfte des Platzes verlaufenden Mauer gewesen. Das erwies sich jedoch als „extrem teuer und im Unterhalt aufwendig“.

Ästhetisches Experiment

Den Bezirksbeiräten präsentierte Lermann nun ein Konzept, das er bereits weit vorangetrieben hat. In Gesprächen mit Vertretern des Bezirks, der Stadt und der Jugendhausgesellschaft habe sich die Idee herauskristallisiert, einen künstlerischen Wettbewerb für die Gestaltung der Mauer auszuloben. Florian Schupp von der Jugendhausgesellschaft kenne die Sprayerszene und könnte künstlerisch ambitionierte Gruppen auffordern, sich zu bewerben. „Das ist ein vielversprechender Weg mit experimentellem Charakter“, so Lermann. Maximal vier Gruppen sollten Entwürfe vorlegen, die „hell, freundlich und nicht politisch“ sein sollten. Honoriert werden solle diese Leistung mit 1000 Euro pro Gruppe. Eine Jury, bestehend aus einer Expertin des Kunstmuseums, einem Vertreter der Stadtgestaltung, dem Bezirksvorsteher sowie einem Jugendrat und Heinz Lermann selbst, bestimme den Siegerentwurf. Lermann ist zuversichtlich, dass ein qualitätsvolles Graffiti auch in der Szene respektiert und nicht so rasch übermalt wird: „Wir wollen das neue Kunstwerk durch seine Kraft schützen.“ Nach fünf Jahren solle der Zustand der Mauer dann neu bewertet werden.

Keine Hall of Fame

Der Bezirksbeirat nahm die Ideen wohlwollend auf und stimmte daher auch einer Bezuschussung des Projekts mit 20 000 Euro zu. „Das wird den Platz aufwerten nach all den Diskussionen, die wir in letzter Zeit darüber hatten“, resümierte Bezirksvorsteher Raiko Grieb.

Einige Bedenken gab es dennoch. „Man verdrängt die Sprayer, die schon da sind. Die sprühen dann wo anders“, wandte Jens Hermann von den Stadtisten ein und schlug vor, „ein paar Flächen frei zu halten für diese Sprayer „als Hall of Fame gewissermaßen“. Karl Stahr von der FDP stimmte ihm zu. Jugendrat Viktor Will und die SPD widersprachen: „Das ist kontraproduktiv, weil dann auch die engagierten Künstler übermalt werden“, argumentierte Will. Schmierer ließen sich nicht auf ein zugewiesene Plätze festnageln, „die schmieren alles voll“. Eine Bewertung des Zustandes nach fünf Jahren befanden Will und andere für zu langfristig.

Für alle Generationen

Christa Niemeier von den Grünen wunderte sich, dass die Neugestaltung „so einen Jugendfokus hat. Das ist doch kein Platz nur für Jugendliche. Da trifft sich Alles!“ Der Wettbewerb „müsste weiter geöffnet werden“. Ihre Bedenken wurden jedoch im Gremium nicht geteilt. Niemeier regte ferner an, über die Folgekosten nachzudenken – Schutz vor und Entfernung von Übermalungen. Sie befand, das sollte nicht aus Mitteln des Bezirksbudgets bezahlt werden. Bezirksvorsteher Raiko Grieb sah in der Pflege des neuen Wandgemäldes keine Kostenlawine anrollen: „Der Schutz muss nur dann erneuert werden, wenn sehr häufig übermalt wird.“