Die Bayern und Sizilianer verbindet mehr als man denkt: Lebenslust, Genussfreude und der Hang zur rustikalen Regulierung zwischenmenschlicher Probleme. Daraus hat Mario Giordano mit „Tante Poldi und die Früchte des Herrn“ erneut einen vergnüglichen Krimi zusammengebraut.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

München/Sizilien - Wer sich jemals gefragt hat, wo die ganzen Adjektive und schrägen Bilder geblieben sind, die die Edelfedern geschliffener und gefälliger Thrillerliteratur wohlweislich im Zuge des Lektorats aus ihren Werken gestrichen haben, muss die Nase nur in einen von Mario Giordanos Tante-Poldi-Krimis stecken: Der gebürtige Münchener hat sie alle eingesammelt und hemmungslos seine Texte damit durchtränkt. „Tante Poldi und die Früchte des Herrn“ heißt das zweite Abenteuer der lebenslustigen, bayerischen Wahl-Sizilianerin, und es ist ausgesprochen barock geraten – sprachlich wie inhaltlich.

 

Der Kriminalfall beginnt damit, dass der Straße im sizilischen Dorf, das Tante Poldi zu ihrer Wahlheimat erkoren hat, das Wasser abgedreht wird. Zugleich liegt Lady tot in der Gasse – eine „kurzbeinige Promenadenmischung, eine struppige Kläfferin mit Unterbiss“. Tante Poldi ist mit der Gesamtsituation unzufrieden, fühlt sich persönlich angegriffen und beginnt zu ermitteln. Ihre Nachforschungen führen die bayrische Miss Marple mit Hang zur Liebestollheit zum Winzer Achille Avola, der nicht nur hammerattraktiv („Die großen Hände... Der prächtige Adamsapfel... Der Stoppelbart, wo du schon ahnst, wie zerschunden du am anderen Morgen nachert ausschauen wirst.“) ist, sondern auch ein ebensolcher im Bett. Prompt gerät der Tanti Poldi ihre Ermittlung ein wenig aus dem Fokus.

Liebestolle Ausflüge und fröhliche Trinkgelage

Am nächsten Morgen allerdings steht der Polizei vor der Tür des Winzers: Zwischen dessen Reben ist eine Leiche entdeckt worden, und der zuständige Commissario Montana findet es alles andere als amüsant, dass ausgerechnet Poldi dem Weinbauern ein Alibi geben kann. Schließlich hat die Poldi mit dem Commissario bereits so manchen sizilischen Vulkan zur Eruption gebracht. Es ist also kompliziert, und die Suche nach dem Mörder gibt jede Menge Gelegenheit für bayrisch-sizilische Verwicklungen, kulinarische und liebestolle Ausflüge, Begegnungen mit öligen Mafiosi und allerlei Trinkgelage mit dem Neffen der Tante Poldi, der die ganze Geschichte letztlich erzählt.

Das tut er wie gesagt mit einer blumenreichen Sprache, die das barocke Bayrisch nicht nur wortreich, sondern auch lautmalerisch nachempfindet. Das kann der Leser auf 368 Seiten wahlweise lustig oder wahnsinnig penetrant finden. Es ist wohl letztlich Geschmackssache. Die Geschichte, die hinter Tante Poldis jüngstem Fall steckt, trägt in jedem Fall und bleibt auch lustig – meistens.

Mario Giordano: „Tante Poldi und die Früchte des Herrn“. Kriminalroman. Bastei Lübbe München 2016. Paperback, 368 Seiten, 14,99 Euro. Auch als E-Book, 11,99 Euro und Hörbuch, 16 Euro.