Der Schweizer Schokoladenhersteller darf seine goldenen Teddybären weiter vertreiben. Haribo hatte dagegen geklagt, weil die Figur seinen Goldbären zu ähnlich sei. Der Bundesgerichtshof sah das in seinem Grundsatzurteil anders.

Stuttgart - Gut möglich, dass der Schokoladenproduzent Lindt Sprüngli im kommenden Weihnachtsgeschäft mit einer etwas provokanteren Werbekampagne für seinen in Goldfolie verpackten Teddybären auf sich Aufmerksam macht. Nach dem Motto: „Seht her, ich bin der größte Bär! Mir kann keiner am goldenen Anzug kratzen.“ Grund genug für einen selbstbewussten Auftritt hätten die Schweizer, schließlich sind sie soeben als Sieger aus einem dreijährigen Rechtsstreit mit Haribo hervorgegangen. Weil sie die Lindt-Teddys als unlautere Nachahmung ihrer kleinen Gummibärchen empfanden und deren seit Jahrzehnten geschützten Markennamen „Goldbären“ verletzt sahen, waren die Deutschen vor Gericht gezogen.

 

Allerdings hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe nur bedingt über die zweifellos ähnliche Optik von Teddy und Goldbär zu entscheiden, schließlich ist die Form des Bären an sich nicht markenrechtlich geschützt, es gibt viele Bären in den Regalen, nicht nur in Fruchtgummi-Gestalt. Tatsächlich ging es zum ersten Mal auf der Ebene des obersten deutschen Zivilgerichts um die Frage, ob eine geschützte Wortmarke, in diesem Fall den Haribo-„Goldbären“, von einem dreidimensionalen Produkt, der goldenen Schokoladenhohlkörperfigur, die die Schweizer „Lindt-Teddy“ nennen, verletzt werden kann. Kann sie nicht, urteilte der für Markenrecht zuständige 1. Senat am BGH am Mittwoch (AZ: I ZR 105/14).

Die Richter sehen keine Verwechslungsgefahr

Der Schokoteddy stelle keine unlautere Nachahmung von Haribos Fruchtgummiprodukten dar, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher. Zwar seien die Marken „Goldbär“ und „Goldbären“ in Deutschland sehr bekannt. Dennoch bestehe keine Verwechslungsgefahr. Der Verbraucher verknüpfe mit Goldbären nicht automatisch den Schokoladenhohlkörper von Lindt. Auf die Wortmarke „Gold-Teddy“, die sich Haribo neben den Begriffen „Goldbären“ und „Goldbär“ ebenfalls geschützt hat, könne sich der Hersteller nicht berufen. Diese Eintragung ins Markenregister sei erst erfolgt, „nachdem die Klägerin Kenntnis von der Vertriebsabsicht der Beklagten hatte“, so der Richter. Mit dem Urteil wirkt der Bundesgerichtshof nach eigenen Angaben einer „Monopolisierung von Produktgestaltungen“ entgegen. Man habe dabei „markenrechtliches Neuland“ betreten, sagte Büscher.

Lindt war 2011 mit seinem Teddy an den Start gegangen und verkauft nach eigenen Angaben heute jährlich rund 50 Millionen Stück davon. Angelehnt ist dieser an eine viel ältere Schokoladenfigur: Vom 1952 eingeführten Lindt-Goldhasen verkauft der Süßwarenhersteller aus Kilchberg bei Zürich jährlich mehr als 135 Millionen Exemplare. Eine Niederlage hätte die Schweizer, die zuletzt rund 3,2 Milliarden Euro Umsatz erwirtschafteten, in Zugzwang gebracht, ihr zweitbeliebtestes Produkt aus den Regalen zu nehmen oder wenigstens erheblich umzugestalten.

Bei Haribo in Bonn, mit zwei Milliarden Euro Jahresumsatz die kleinere der beiden Streitparteien, tat man sich am Mittwoch schwer, die Niederlage zu akzeptieren: „Wir bedauern das Urteil des Bundesgerichtshofs und halten es für inhaltlich unzutreffend“, sagte ein Firmensprecher. „Unserer Meinung nach nutzt Lindt unsere Markenbekanntheit und unsere Investitionen in die Marke Goldbären aus, um die Wahrnehmung des eigenen Produktes beim Verbraucher zu verstärken.“ Das führe zu einer Verwässerung der eigenen Marke. Man wolle nun die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann über weitere Schritte entscheiden.

Haribo muss keinen Imageschaden befürchten

Für Alexander Haas kommt das Urteil nicht überraschend: „Die Konsumenten denken bei dem Begriff ‚Goldbär’ an Haribo und wenn sie vor einem Lindt-Teddy stehen an Schokolade“, sagt der Marketingexperte von der Universität Gießen. Einen Imageschaden für Haribo sieht der 46-Jährige weder durch das Konkurrenzprodukt noch durch das Urteil, eher im Gegenteil: „Die mediale Aufmerksamkeit des Prozesses nützt beiden Unternehmen.“

Schwierigkeiten könnte Haribo allenfalls dann bekommen, wenn der Hersteller irgendwann selbst Schokolade in sein Sortiment aufnehmen wolle. Den Richterspruch bezeichnete Haas als „wettbewerbsfördernd“, im Gegensatz zu anderen Urteilen in Markenstreits etwa bei der Frage: Wem gehört eine Farbe? Immer mehr Markenartikler seien geneigt, den Klageweg zu beschreiten, „weil sie sehen, dass auch in vorher aussichtslos wirkenden Fällen Prozesse gewonnen werden“, so Haas.