Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe muss zum ersten Mal darüber entscheiden, ob ein geschützter Markenname mit einem Produkt verwechselt werden kann. Vor Gericht streiten sich Haribo und Lindt. Gegenstand ist ein goldener Bär.

Karlsruhe - Können zwei goldene Bären friedlich nebeneinander in den Regalen des Süßwarenhandels koexistieren – oder muss dem jüngeren der beiden ein neues Outfit verpasst werden? Über dieser nur auf den ersten Blick banale Frage ist 2012 ein Rechtsstreit entbrannt, der es bis hinauf zum Bundesgerichtshof geschafft hat. Am Donnerstag wurde nun in Karlsruhe darüber verhandelt, ob der Süßwarenhersteller Lindt Sprüngli seinen goldenen Schokoladenbären aus dem Verkehr ziehen oder ihm zumindest eine andersfarbige Verpackung verpassen muss (Az: I ZR 105/14). Das Urteil will der für Markenrecht zuständige Senat am 23. September verkünden, teilte der BGH am Abend mit.

 

Das Oberlandesgericht Köln hatte den Schweizer Schokoladenproduzenten im April 2014 von dem Vorwurf des deutschen Konkurrenten Haribo frei gesprochen, mit seinem Schokobären die Goldbären von Haribo frech zu kopieren. Der Bonner Goldbärenkonzern hatte 2012 mit seiner Klage auf die Markteinführung des „Lindt Teddy“ regiert. Die Begründung: Der Schokoladenbär erinnere mit seiner knuffigen Gestalt und seiner goldenen Aluverpackung zu sehr an die kleinen Leckereien aus Gelatine, Fruchtaroma und Zucker, die Johann „Hans“ Riegel 1922 erfunden und ab den 1960er Jahren in goldene Tüten gesteckt hat. Heute werden sie in mehr als 100 Ländern verkauft. Haribo machte zuletzt rund zwei Milliarden Jahresumsatz.

Der Teddy ist Lindts „Botschafter der Herzen“

Bei Lindt waren es im vergangenen Jahr sogar 3,2 Milliarden Euro. Der Goldhase ist seit 1952 der Kassenschlager des Produzenten aus Kilchberg bei Zürich. Das Schokolangohr mit dem goldenen Halsglöckchen hat nur einen Nachteil: Es verkauft sich tendenziell immer schlechter, je weiter das Osterfest weg rückt. Daher wickelten die Schweizer 2011 zum ersten Mal einen Bären in Goldfolie ein, hängten ihm eine rote Schleife mit Herz um und nannten ihn Lindt Teddy. „Der Teddy ist unser Botschafter der Herzen“, erklärt eine Firmensprecherin am Donnerstag und bezeichnet den umstrittenen Bären auch als „unsere neue Weihnachtsikone“. Wie viele Hasen- und Bären-Exemplare Lindt pro Jahr verkauft, konnte die Sprecherin nicht sagen. Nur so viel: „Weihnachtsmänner spielen bei uns keine große Rolle.“

Nicht nur die beiden streitbaren Süßwarenkonzerne warten gespannt auf das Urteil, schließlich betritt der BGH in dem Verfahren juristisches Neuland: Zum ersten Mal muss das höchste deutsche Zivilgericht darüber befinden, ob ein geschützter Markenname, in diesem Fall die „Goldbären“ von Haribo, durch ein dreidimensionales Produkt wie Lindts Schoko-Teddy verletzt werden kann. Das Landgericht Köln hatte in Dezember 2012 zugunsten von Haribo entschieden, das Oberlandesgericht Köln sah Lindt im Recht und hob das erste Urteil im April 2014 auf.

„Der Goldbär ist eine berühmte Marke“, sagte der Anwalt des Bonner Süßwarenherstellers am Donnerstag in Karlsruhe. Sie müsse besonders vor Nachahmern geschützt werden. Die Schweizer sehen dagegen keine Verwechslungsgefahr für die Verbraucher. „Gummibärchen und Schokoteddy sind unterschiedliche Produkte“, so ein Anwalt. Beide Waren seien zwar süß und sich daher ähnlich, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher. Er frage sich jedoch, ob und in welcher Form es überhaupt noch goldene Bären in Süßwarenregal geben dürfe, wenn Haribo beim BGH recht bekomme.

Das Urteil hat Auswirkungen auf andere Streitfälle

Der Richterspruch aus Karlsruhe könnte weitere Auswirkungen auf die Branche haben. Der Markenrechtler Frank Weiler von der Universität Bielefeld sagte nach der Entscheidung in einer früheren Instanz im Nachrichtenportal Spiegel-Online: „Wenn Haribo gewinnt, wäre klargestellt, das Worte nicht nur mit Worten, sondern auch mit Formen verwechselt werden werden können.“ Wer dann Reinigungsmittel in eine froschförmige Flasche füllen oder Ritter aus Schokolade verkaufen will, müsste sich dann auf Klagen einstellen.

Der Goldbär von Lindt wird übrigens auch im Falle einer juristischen Niederlage der Schweizer nicht (sofort) aus dem Sortiment verschwinden. Für das anstehende Weihnachtsgeschäft hatten beide Seiten schon vor der Verhandlung in Karlsruhe eine Feuerpause im Bärenstreit vereinbart. „Danach müssten wir den Teddy verändern“, sagte die Lindt-Sprecherin. Egal wie der BGH entscheidet, ökonomischen Schaden oder Imageverluste muss nach Meinung des Markenexperten Kai-Uwe Hellmann keine der beiden Firmen befürchten. Das haben der Teddybär und sein kleiner Widersacher schon mal sicher gemeinsam.