35 000 Besucher haben sich bei den Tagen der offenen Baustelle an den S-21-Gruben umgesehen. Dort verteiltes Werbematerial hat mit seiner Zweideutigkeit für Empörung gesorgt.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Werbung muss auffällig sein, im Gedächtnis bleiben und Emotionen wecken. Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Bahnprojektverein Stuttgart-Ulm, der für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke nach Ulm die Werbetrommel rührt, fast alles richtig gemacht. Bei den Tagen der offenen Baustelle, bei denen der Verein am zurückliegenden Wochenende 35 000 Besucher gezählt hat, verteilte er an den Baugruben Werbepostkarten und Aufkleber, mit einem Slogan, der zumindest als zweideutig gelten darf.

 

Die Postkarten tragen auf ihrer Vorderseite den Aufdruck „Untenrum ist immer geil“. Zweideutig ist auch die Beschriftung auf der Rückseite: „Sexy Bilder und heiße Videos von großen und kleinen Geräten gibt’s ganzjährig auf Facebook und Instagram“. Damit verweist der Verein auf seine Aktivitäten in den sogenannten sozialen Netzwerken, wo Clips und Bilder vom Baugeschehen und den daran beteiligten Maschinen und Geräten gezeigt werden.

Kritik vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21

Die verteilten Werbematerialen kommen nicht überall gleichermaßen gut an. „Besondere Zielgruppe der DB-Werbung scheinen die technikfaszinierten tumben großen Jungs zu sein, die sie mit einem Schuss Sexismus der billigsten Sorte gewinnen will“, schreibt Werner Sauerborn, Geschäftsführer des Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21. Auch Gerhard Pfeifer, Regionalgeschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), zeigt sich konsterniert. „Der Verein Bahnprojekt Stuttgart-Ulm um den Vorsitzenden Georg Brunnhuber wird in puncto Wortwahl rückfällig und fällt wieder in das schmierige Vokabular während der heißen Phase um Stuttgart 21 vor circa acht Jahren zurück“. Damit erinnert Pfeifer an T-Shirts, die im Jahr 2010 am Rande der damaligen Lauf-Demos der S-21-Befürworter auftauchten und den Slogan „Mach ihn unten rein“ trugen. Die Initiative, die die Demos veranstaltete, distanzierte sich von den Machwerken. Der Verein erklärt auch, damit nichts zu tun gehabt zu haben.

Materialen sind laut Verein stark nachgefragt

„Mit der aktuellen Marketingkampagne bewegen wir uns sicherlich in einem Graubereich“, sagt David Bösinger, Sprecher des Projektvereins. Man habe versucht, mit einem anderen Vokabular eine jugendlichere Zielgruppe anzusprechen. Wenn man die Nachfrage nach den in Kneipen kostenlos angebotenen Postkarten und den bei den Tagen der offenen Baustelle verteilten Aufkleber zugrunde lege, komme die Aktion gut an, so der Sprecher des Vereins, der von Bahn, Stadt, Land und Region getragen wird.