Erst am vergangenen Freitag hatte der Wirecard-Chef seinen sofortigen Rücktritt erklärt. Am Montagabend habe sich Markus Braun gestellt, erklärte die Staatsanwaltschaft am Dienstag.

München - Im Skandal um den Finanzdienstleister Wirecard ist der zurückgetretene Firmenchef Markus Braun festgenommen worden. Der Österreicher habe sich am Montagabend gestellt, teilte die Staatsanwaltschaft München am Dienstag mit. Er werde im Laufe des Tages der Ermittlungsrichterin vorgeführt, die über eine Untersuchungshaft entscheide. Die Strafverfolger verdächtigen den 50-Jährigen der Bilanzfälschung und der Marktmanipulation.

 

Nach bisherigen Ermittlungen werde Braun zur Last gelegt, allein oder mit weiteren Tätern die Bilanzsumme und den Umsatz von Wirecard durch vorgetäuschte Einnahmen aufgebläht zu haben, erklärte die Staatsanwaltschaft. Die Gesellschaft habe dadurch finanzkräftiger und für Anleger und Kunden attraktiver dargestellt werden sollen. Brauns Anwalt war für einen Kommentar zunächst nicht erreichbar, Wirecard lehnte eine Stellungnahme ab.

Vermögen existierte vermutlich nie

Der in den vergangenen Jahren stark gewachsene Zahlungsdienstleister hat eingeräumt, dass ein bilanziertes Vermögen von 1,9 Milliarden Euro, das auf Konten in Asien vermutet wurde, aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht existiere. Braun trat zurück, ein weiteres Vorstandsmitglied wurde fristlos entlassen. Mit Gläubigerbanken laufen Gespräche über Kreditverlängerungen zur Rettung des Unternehmens. Eine milliardenschwere Kreditlinie kann von den Banken per Ende Juni gekündigt werden.

An der Börse sorgte die neue Wendung in dem Bilanzskandal nicht für neue Unruhe. Schnäppchenjäger nutzten die massiven Kursverluste der vergangenen Tage für den Wiedereinstieg - die Aktien kletterten am Dienstag zeitweise um 20 Prozent auf 17,41 Euro. Vor Bekanntwerden des Milliardenlochs in den Büchern des Zahlungsabwicklers vergangene Woche hatten die Titel noch mehr als 100 Euro gekostet.

Finanzaufsicht räumt Fehler bei Kontrolle ein

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnte vor einem Imageverlust des Wirtschaftsstandorts Deutschland und forderte eine rasche Aufklärung. „Wirecard ist verpflichtet, aufzuklären und etwaige Missstände abzustellen“, sagte Altmaier in einem Interview mit dem Internetdienst „t-online.de“. Es müsse ermittelt werden, wie sich Milliardenbeträge offenbar in Luft auflösen konnten. „Und es muss herausgefunden werden, ob die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eingehalten wurden – oder ob jemand dafür auch juristisch zur Rechenschaft gezogen werden muss.“ Ein solcher Fall dürfe sich mit Blick auf das Vertrauen des Finanzplatzes Deutschland nicht wiederholen. Der Präsident der Finanzaufsicht BaFin, Felix Hufeld, räumte Fehler bei der Kontrolle des Zahlungsdienstleisters ein. Was bei Wirecard passiert sei, sei ein „Desaster“.

Singapur will Abfluss von Geldern verhindern

Die Vereinigung der Aufsichtsräte in Deutschland (VARD) forderte schärferen Regeln für gute Unternehmensführung. „Der Fall Wirecard macht deutlich, dass die Deutsche Börse dringend eine Reformdebatte anstoßen muss“, sagte der VARD-Chef Peter Dehnen in einem Interview mit Reuters. Die jetzigen Regeln für seien unzureichend. „Das Einhalten des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) verhindert weder Skandale noch hat er positive Auswirkungen auf die Unternehmensführung.“

Wirecard bemühte sich unterdessen in Singapur für eine Lizenz zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs. Der Zahlungsdienstleister habe einen entsprechenden Antrag bei der Aufsichtsbehörde MAS gestellt, erklärte die Zentralbank des Landes. Es müsse sichergestellt werden, dass Kundengelder in Singapur blieben. Wirecard ist dort für die Abwicklung von Zahlungen für Händler zuständig und unterstützt Unternehmen bei der Ausgabe von Prepaid-Karten. Bis ein neues Gesetz, das Grundlage für die nun beantragte Lizenz sei, in Kraft trete, arbeite Wirecard mit einer Ausnahmeregelung, erklärte die Zentralbank..