Kommt es zum Comeback des tief gefallenen Martin Schulz? Das erste SPD-Vorstandsmitglied spricht sich für ihn als Spitzenkandidaten für die Europawahl aus. Denn anders als Berlin ist Brüssel sein Terrain.

Berlin - Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat sich für den früheren SPD-Vorsitzenden Martin Schulz als Spitzenkandidaten für die Europawahl im Mai 2019 ausgesprochen. Dieser sei der deutsche Europapolitiker schlechthin, sagt Müller dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“. „Er steht und brennt für dieses Thema. Das nicht zu nutzen, wäre fahrlässig“, sagte das SPD-Vorstandsmitglied.

 

Martin Schulz war von 2012 bis 2017 Präsident des Europaparlaments und bereits 2014 bei der Europawahl Spitzenkandidat der SPD. Damals holte die SPD 27,3 Prozent (plus 6,5). Als Kanzlerkandidat hatte Schulz dagegen weitaus weniger Fortune, nach einem von Pech und Pannen begleiteten Wahlkampf holte die SPD 2017 mit 20,5 Prozent das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik.

Europa ist Schulz´ Herzensthema

Nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche von Union, Grünen und FDP ging die SPD unter großen Bauchschmerzen doch wieder eine große Koalition ein. Der intern da umstrittene Schulz verhandelte noch den Koalitionsvertrag, trat danach aber als SPD-Chef zurück und wurde auch nicht wie geplant Außenminister. Anders als der ebenfalls nicht mit einem Ministeramt bedachte Sigmar Gabriel trat er aber nicht gegen seine eigene Partei nach und arbeitet als einfacher Bundestagsabgeordneter - Europa ist und bleibt sein Herzensthema.

Auf sein Verlangen wurde erstmals das Thema Europa an die erste Stelle im Koalitionsvertrag gesetzt. Er kritisiert ein Bremsen im Bestreben nach einer vertieften Integration, auch als Antwort auf den drohenden Bruch des westlichen Bündnisses mit der USA. „Das gilt vor allem für die CDU- und CSU-Kollegen und Angela Merkel“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Zu Monatsbeginn hatte der SPD-Europapolitiker Axel Schäfer bereits sowohl Schulz als auch Gabriel als Spitzenkandidaten für die Europawahl ins Spiel gebracht.

Eine andere Option für Schulz könnte theoretisch sein, deutscher EU-Kommissar zu werden - bis 2019 ist das noch Günther Oettinger (CDU), zuständig für den EU-Haushalt. Union und SPD haben bisher offengelassen, welche Partei den nächsten deutschen EU-Kommissar stellen darf - hierfür dürfte auch entscheidend sein, wer stärker bei der Europawahl abschneidet. Bei der Nominierung des Spitzenkandidaten der SPD könnte auch Udo Bullmann eine Rolle spielen, im Vorstand der EU-Beauftragte seiner Partei und Fraktionschef in Europaparlament. Eine junge, sehr im Europabereich engagierte SPD-Politikerin ist zudem Luisa Boos (34), Generalsekretärin in Baden-Württemberg.