Die Schwarzwaldhochstraße soll mit modernen Restaurants und weiteren Attraktionen aufgewertet werden, um die Touristen zu locken. Viele der alten Luxushotels werden aber auf der Strecke bleiben.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Die 1930 eingeweihte Schwarzwaldhochstraße erweckt noch immer Sehnsuchtsbilder in den Köpfen der Menschen – es sind romantische Bilder von weiten Hochflächen, dichten Wäldern und tiefen Karseen. Doch in Wahrheit hat die Panoramaroute zwischen Baden-Baden und Freudenstadt gewaltige Probleme. Es fehlt an Hotels, Restaurants und Anziehungspunkten. Am augenfälligsten wird der Niedergang an den Kreuzungen der Schwarzwaldhochstraße. Am Sand, am Hundseck oder an der Alexanderschanze: Die Luxushotels von einst, in denen Kaiser und Haute volée abstiegen, sind entweder schon abgerissen oder verfallen zusehends. Selbst das renovierte Schlosshotel Bühlerhöhe ist geschlossen.

 

Von der Project M GmbH haben die Anrainerkreise nun einen Masterplan erarbeiten lassen, der der B 500 neues Leben einhauchen soll. Eines der überraschenden Ergebnisse: Es gibt gar nicht zu wenig Besucher. Vielmehr ist die Zahl der Gäste in den vergangenen zehn Jahren um deutliche 23 Prozent gewachsen. Doch die allermeisten kommen nur für einen Tag, machen eine schöne Wanderung zum Wildsee oder auf dem Karlsruher Grat oder fahren im Winter einen Tag Ski in einem der sechs Skigebiete – und reisen wieder ab. Die Bettenauslastung sei „bis auf wenige Ausnahmen schwach“, heißt es in der Bilanz; die Zahl der Betriebe sinkt.

Das Problem ist also vor allem die mangelnde Wertschöpfung: Die Besucher essen oft nicht einmal irgendwo zu Mittag, weil nur noch sieben Gaststätten direkt entlang der 60 Kilometer langen Straße einigermaßen durchgehend geöffnet haben. Und diese wenigen müssten größtenteils modernisiert werden und sollten sich zumindest auf unterschiedliche Schließzeiten einigen – derzeit sind viele montags und dienstags zu. „Es gibt einige Flecken, wie den Mummelsee, die sind an schönen Tagen völlig überlaufen“, sagt Sandra Bequier, die Tourismusbeauftragte des Ortenaukreises: „Im Masterplan geht es auch darum, die Besucherströme besser zu verteilen.“

Viele Gaststätten und Hotels müssten modernisiert werden

Auch Patrick Schreib, der Tourismusdirektor von Baiersbronn, appelliert an die Hotel- und Gaststättenbesitzer. Wichtig seien „Qualitätsbetten“, soll heißen: Die Zimmer und Gaststuben müssen so modern sein, dass man sich gerne darin aufhält. „Wenn das Angebot stimmt, dann kommen die Leute auch“, ist sich Schreib sicher. An einigen Plätzen kann man das bereits sehen. Noch unten im Tal, bei Baden-Baden, brummt die Geroldsauer Mühle, ein neues riesiges Ensemble mit viel Holz und Schwarzwaldromantik. Der Mummelsee läuft sowieso. Und das Hotel Schliffkopf punktet mit Wellness und herrlicher Einzellage in der Natur.Aber der Masterplan betont, dass die Gastronomie nicht alles ist. Auch wenn die meisten Menschen kommen, um den ursprünglichen Schwarzwald zu erleben, so fehlten doch einige zusätzliche Attraktionen. Als Beispiel nennt die Studie den Mehliskopf. Dort könnten ein Sessellift und auf dem 1008 Meter hohen Gipfel eine Aussichtsplattform installiert werden – so könnten im Sommer auch ältere Menschen barrierefrei hinaufgelangen. Und: Das dortige Sportzentrum mit Klettergarten, Sommerrodelbahn und Downhill-Dreirädern solle erweitert werden, etwa um Skyglider, einen Mountainbikepark oder „Sommer-Snow-Tubing“. Das hört sich fast nach Rummelplatz an. Bad Wildbad ist dabei ein Vorbild: Der Sommerberg hat sich zum Zentrum für Funsportarten entwickelt und bietet mit dem Baumwipfelpfad eine besondere Attraktion gerade auch für Familien.

Der Nationalpark soll zum größten Anziehungspunkt werden

Welche Ideen des Masterplans tatsächlich umgesetzt werden, wolle man in den kommenden Wochen besprechen, sagt Sandra Bequier. Aber einiges ist ja bereits ins Rollen gekommen – deshalb sind die Akteure äußerst optimistisch, dass die Schwarzwaldhochstraße bald wieder mehr Anziehungskraft entwickeln wird. An erster Stelle ist der Nationalpark zu nennen, der für die Touristiker als ein Sechser im Lotto gilt. Mit der Eröffnung des Nationalparkzentrums am Ruhestein 2019 und des Nationalparkhauses in Herrenwies 2018 werden diese Orte deutlich attraktiver.

Die Familie Fahrner, die bereits das Hotel Schliffkopf und die Skilifte in Unterstmatt betreibt, will in Unterstmatt ein modernes Hotel der Mittelklasse für Wanderer, Motorradfahrer und Mountainbiker bauen. Und ein großes Projekt bereitet Maria Wruck, die Tochter des Milliardärs Max Grundig, oberhalb von Sasbachwalden vor. Gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin Davina Schmitz will sie die Anima-Tierwelt im Breitenbrunnen gründen; in den alten Kurhäusern soll ein Tiergarten für heimische Wildtiere und ein Tagungs- und Therapiezentrum entstehen. Der Bebauungsplan ist jetzt abgesegnet, doch nach etlichen Verzögerungen will man keinen Eröffnungstermin mehr nennen.Ein großes Problem aber bleiben die alten Luxushotels entlang der Straße. Auf der Bühlerhöhe und beim Hotel Plättig weiß niemand so genau, was die Eigentümer aus Kasachstan vorhaben. Am Hundseck setzten die Behörden gegen den Eigentümer wegen Einsturzgefahr einen Teilabriss durch. Auch anderswo sind die Besitzverhältnisse kompliziert. Zumindest einen Lichtblick gibt es: Das Land hat 2015 das Hotel Alexanderschanze gekauft. Im zweiten Halbjahr 2017 soll Klarheit über die Zukunft des Gebäudes herrschen, sagt Michaela Reiter, Sprecherin des Finanzministeriums. Wie es sich anhört, ist aber an eine Sanierung und nicht an einen Abriss gedacht. Vor drei Jahren hat sich zudem ein Verein gegründet, der sich um den Erhalt der alten Hotels bemüht – diese machten einen Teil der Kultur und der Geschichte der B 500 aus, sagt Hansjörg Willig, Vorsitzender von Kulturerbe Schwarzwaldhochstraße. Besonders hat es den 100 Mitgliedern das Kurhaus am Sand angetan – dort sei das Jagdzimmer mit Kachelofen und Musikautomat so authentisch wie vor hundert Jahren. „Wir träumen nicht von alten Zeiten“, sagt Willig, „aber den Sand als zentrale Kreuzung der Schwarzwaldhochstraße wiederzubeleben ist unser Wunsch.“

Auch Roland Seiter, im Hauptberuf Pressesprecher der Stadt Baden-Baden, ist ein Kenner der Straße. Er bereitet gerade einen Bildband mit historischen Fotos vor und meint: „Auch wenn es schwerfällt, manche Häuser wird man nicht retten können.“ Trotz des Potenzials der Schwarzwaldhochstraße bleibt Seiter Realist – auf den Schwarzwaldhöhen wachsen die touristischen Trauben, respektive Tannen, nicht mehr in den Himmel, glaubt er: „Die Menschen haben heute eine riesige Auswahl. Für 400 Euro kannst du eine Woche lang nach Mallorca fliegen. Das ist unschlagbar.“

Viele alte Luxushotels können wohl nicht gerettet werden