Nach sechs Monaten Pause trainiert VfB-Kapitän Matthieu Delpierre mit den Kollegen – und stellt keine Ansprüche auf einen Stammplatz.  

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Als im Sommer die Hochzeit mit seiner langjährigen Freundin Ilona anstand, da hat Matthieu Delpierre auch seine Verletzung nicht stoppen können. Gestützt von zwei Krücken wurde der 30-Jährige trotz seines Sehnenabrisses unterhalb der Hüfte beim Standesamt vorstellig, um seiner Braut den goldenen Ehering an den Finger zu stecken.

 

Inzwischen hat der VfB-Kapitän außer Dienst seine Gehhilfen längst wieder beiseitegestellt. "Beim Sprinten spüre ich noch ein leichtes Ziehen an der Hüfte", sagt Matthieu Delpierre, der sich Anfang Mai im Training schwer am Oberschenkelmuskel verletzt hatte. "Aber ich habe körperlich bereits ein gutes Niveau erreicht. Und es wird von Tag zu Tag besser."

Matthieu Delpierre trainiert schon seit einigen Tagen wieder mit der Mannschaft. Ein Einsatz in der Bundesliga-Vorrunde, in der noch vier Partien ausstehen, käme für ihn aber zu früh. Derzeit denkt der Franzose, der seit 2004 beim VfB spielt, darüber nach, vielleicht ein, zwei Partien im Drittligateam zu absolvieren. "Mein Spiel lebt sehr von meinem Körper. Ich muss deshalb topfit sein - und benötige Spielpraxis."

Ansprüche auf einen Stammplatz stellt Delpierre nicht

Spätestens im Trainingslager Anfang Januar im türkischen Badeort Belek will der Innenverteidiger dann wieder voll belastbar sein. Ansprüche auf einen Stammplatz stellt Matthieu Delpierre nach seiner langen Leidenszeit aber nicht. Und das, obwohl er seit dem 1. Dezember 2009 der Kapitän ist. "Meine Kollegen in der Innenverteidigung haben einen sehr guten Job gemacht. Sie haben wenig Gegentore zugelassen. Wenn ich spielen will, muss ich mich jede Woche neu beweisen - und besser sein als die anderen", sagt er zum Konkurrenzdruck mit Serdar Tasci und Maza, der seine Gelb-Rot-Sperre gegen Augsburg abgesessen hat und am Sonntag in Bremen (15.30 Uhr) wieder auflaufen dürfte.

Derweil hat Delpierre, der bisher 161 Bundesligaspiele für den VfB absolviert hat, seit Ende Februar nicht mehr in der Startelf der Stuttgarter gestanden. Am 24. Spieltag der Vorsaison hatte er in Frankfurt (2:0) bereits nach 15 Minuten wegen eines Remplers an Maik Franz Rot gesehen. Zuvor war ihm der robuste damalige Eintracht-Profi auf den entzündeten Zeh getreten. Nach Ablauf der Sperre kam der mit 1,93 Meter längste VfB-Profi unter Bruno Labbadia dann lediglich auf drei Einwechslungen - der Coach setzte fortan auf Serdar Tasci und Georg Niedermeier.

Probleme mit dem Trainer Labbadia hat der Kapitän der Stuttgarter, der in der Ära von Markus Babbel das Amt von Thomas Hitzlsperger übernommen hatte, aber keine. "Wir sprechen ständig miteinander", sagt Delpierre, der sich im Anschluss an die Operation in der VfB-Rehawelt und danach an der Seite des Physiotherapeuten Gerhard Wörn wieder an die Mannschaft herangekämpft hat. Einmal in der Woche hat Matthieu Delpierre den Kollegen in der Kabine stets einen Besuch abgestattet. Doch die meiste Zeit "war ich ganz konzentriert und auf mich selbst fokussiert".

"Ich fühle mich sehr wohl in Stuttgart"

Schließlich wollte der Defensivmann, der einst von Giovanni Trapattoni in der Stuttgarter Stammelf installiert wurde, möglichst schnell wieder konkurrenzfähig sein. Immerhin läuft im Juni sein nach der Meisterschaft 2007 unterzeichneter Fünfjahresvertrag beim VfB aus. Einen Kontakt mit dem OSC Lille, seinem Jugend- und ersten Profiverein, den es bereits im Sommer gerüchteweise gegeben haben soll, verneint der in Nancy geborene Verteidiger zwar. Klar ist aber dennoch, dass Delpierre, dessen Karriere zuletzt ins Stocken geraten war, ein Kandidat für einen Wechsel ist.

"Ich fühle mich sehr wohl in Stuttgart", sagt der 30 Jahre alte Franzose, der den letzten großen Vertrag seiner Laufbahn unterschreiben möchte: "Es muss aber für beide Seiten passen." Dass der VfB Delpierre allerdings - trotz seiner Verdienste - den roten Teppich auslegen wird, gilt als unwahrscheinlich. Immerhin ist der Club bei den Innenverteidigern mit Maza, Tasci und Niedermeier sehr gut besetzt, auch Khalid Boulahrouz kann diese Position spielen. Es ist also gut möglich, dass Monsieur Delpierre im Juni "au revoir" sagt.