Mit „Maximum Deutschrock“ laden Andreas Bernhardt und seine Mitstreiter zu einer musikalischen Zeitreise ein.

Vaihingen - „Ich erinnere mich noch genau, wie ich mein letztes Taschengeld zusammenkratzte, um in die Innenstadt zu fahren und mir bei der Lerche die erste Nina-Hagen-Platte zu kaufen“, schweift Andreas Bernhardt, Musiker und Lehrer an der Bodelschwinghschule, gedanklich in seine Jugendjahre ab. „Der Heimweg kam mir endlos vor, weil ich so aufgeregt war und die LP unbedingt anhören wollte.“ „Nina Hagen Band“ erschien 1978, im selben Jahr, in dem Papst Johannes Paul II sein Amt antrat, Ayatollah Khomeini aus dem Pariser Exil grüßte und Argentinien Fußballweltmeister wurde.

 

Zwischen Wirtschaftswunder und Wende

Wie stark populäre Songs und Zeitgeschichte verknüpft sein können, zeigt die Musiklesung „Maximum Deutschrock“, eine Fortsetzung der Inszenierung „Maximum Rock“, die Bernhardt gemeinsam mit dem Bassisten und Autor Christoph Geisselhart sowie weiteren Mitstreitern auf die Bühne des Stuttgarter Theaterhauses gebracht hat. „Wir zeichnen nach, was sich in der Bundesrepublik zwischen Wirtschaftswunder und Wende getan hat“, umreißt er den Inhalt. „Texte beleuchten auch die gesellschaftlichen Umbrüche und die Stimmung, aus der heraus einige Songs entstanden. Sie verbinden sich mit der Musik.“

Ist es Zufall, dass Kraftwerks „Autobahn“ ausgerechnet erschien, als die Ölkrise zu autofreien Wochenenden in Deutschland führte? Deuten die 1982 und 1984 erfolgreichen Titel „Neue Männer braucht das Land“ (Ina Deter) und „Männer“ (Herbert Grönemeyer) darauf hin, dass damals die Geschlechterrollen ins Wanken gerieten?

„Ich denke schon, dass Musik gesellschaftliche Prozesse befruchtet und voranbringt“, überlegt Andreas Bernhardt, Jahrgang 1962. „Sie hat eine große emotionale Kraft, die sich mit politischem Engagement verbinden kann. Martin Luther King und ,We Shall Overcome‘ – das gehörte einfach zusammen.“ Was Deutschland angeht, verweist er auf die Friedensbewegung und die „Grüne Raupe“, eine Veranstaltungsreihe, bei der sich Anfang der 80er Jahre Udo Lindenberg, Spliff und viele mehr für die noch junge Partei der Grünen engagierte. Neben Bands wie Ton Steine Scherben hat aber auch Freddy Quinn seinen Platz in „Maximum Deutschrock“, das am Samstag in der Alten Kelter Premiere feiert.

Eine musikalische Zeitreise mit historischen Einblicken

„Das Fernweh, das in einigen Schlagern der 50er Jahre mitschwingt, war so typisch für die Nachkriegszeit, dass wir es unbedingt anklingen lassen wollten“, gibt der Gitarrist zu verstehen. „Wir nehmen auch diese Musik ernst und spielen sie mit Respekt.“ Die Haltung, mit der ein Stück vorgetragen wird, ist Bernhardt besonders wichtig: „Die Leute zahlen nicht nur Eintritt. Sie schenken uns auch Lebenszeit. Dafür haben sie einen Abend verdient, an dem ihnen auch etwas geboten wird“, sagt er. Der unterhaltsame Aspekt steht dabei im Vordergrund: „Wir haben eine musikalische Zeitreise zusammengestellt, die in erster Linie Erinnerungen wecken und einen schönen Abend garantieren soll“, sagt Bernhardt. „Die historischen Einblicke sind ein Extra, das man zusätzlich mitnehmen kann.“

Neben der Zusammenstellung der Hits zwischen Peter Kraus, Puhdys und Neuer Deutscher Welle sieht Bernhardt die größte Herausforderung in der Umsetzung auf der Bühne: „Ich spiele seit Jahrzehnten in Bands, ich betreue Bands, Gitarre spielen, das kann ich“, erklärt er. „Zwischendurch Texte zu lesen und szenische Elemente einzubauen, ist hingegen immer noch neu für mich. Da ist man gerade dabei, sich emotional in die Musik fallen zu lassen, und im nächsten Moment muss man konzentriert einen Text vortragen. Das ist schon eine Herausforderung. Ich bin selbst sehr gespannt, wie die Premiere laufen wird.“

Die Veranstaltung „Maximum Deutschrock“ beginnt am Samstag, 29. September, um 19.30 Uhr in der Alten Kelter, Kelterberg 5. Präsentiert wird die Musiklesung von der Sängervereinigung Vaihingen. Karten im Vorverkauf gibt es für zehn, ermäßigt sechs Euro, im Pflanzenhof, Im Johannesgraben 5, Telefon 07 11/68 68 92 30, im Vaihinger Buchladen, Robert-Leicht-Straße 30 B, Telefon 07 11/7 35 18 88, oder per Mail an Karten-SV-Vaihingen@web.de. An der Abendkasse kostet der Eintritt zwölf, ermäßigt acht Euro.