Bei Maybrit Illner überrascht Friedrich Merz (CDU) mit einem Wirtschaftslob an die Grünen. Und Dorothee Bär (CSU) giftet gegen Cem Özdemir (Grüne): Der wolle stets den „sympathischen Schwaben“ geben.

Stuttgart - Wie sich die CSU-Vizevorsitzende Dorothee Bär da bei Maybrit Illner im ZDF mindestens zweimal mit Cem Özdemir (Grüne) einen giftigen Disput lieferte, das lässt für ein mögliches schwarz-grünes Regierungsbündnis in Berlin nichts Gutes ahnen. Und das stellte sogar den Auftritt von Friedrich Merz (CDU) in den Schatten, der allerdings auch seine Höhepunkte hatte, teilte doch Merz wieder kräftig aus gegen Kanzlerin Angela Merkel, lobte Armin Laschet als Erfolgsmodell sowie Nordrhein-Westfalen als „Blaupause“ für die Republik und erteilte am Ende den Grünen gar ein kleines Lob.

 

Noch ging die CDU so „zerzaust“ in eine Wahlkampf

„Verliert die Union das Kanzleramt“ fragte Maybrit Illner, und der „Spiegel“-Redakteur Markus Feldenkirchen sieht diese Entwicklung durchaus als real an, die Grünen und die CDU-CSU lägen jetzt bei 25 und 26 Prozent in den Umfragen, und man wisse es wirklich noch nicht, ob die CDU das Kanzleramt halten könne, noch nie sei sie so „zerzaust und angeschlagen“ in einen Bundestagswahlkampf gegangen. Vielleicht gelinge es der CDU noch, „das Ruder rumzureißen“, so Feldenkirchen, aber dann müsse CSU-Chef Markus Söder sich auch zurücknehmen und „für andere in den Dienst stellen“ – sprich für Armin Laschet.

Söders Sticheln geht ja weiter

Dass Söder dies wohl nicht zu gedenken tue, darauf wies Claudia Kade („Welt“) hin, denn das Sticheln gegen Laschet gehe ja weiter, etwa mit der CSU-Online-Mitgliedschaft als Angebot auch außerhalb von Bayern, mit dem angeblich schon 1000 neue Mitglieder „aus allen Teilen Deutschlands“ – so Dorothee Bär – gewonnen worden sind. Vermutlich auf Kosten der CDU.

Die CSU-Vizechefin Bär will nicht mit Laschet plakatieren

Der Umgang mit den Verlierern und Gewinnern der Kanzlerkandidatenküren war es, der Bär und Özdemir aneinander geraten ließ. Es war zunächst Dorothee Bär, die ausgiebig den „wahnsinnig beliebten Söder“ würdigte, der sei ein Modernisierer, habe die CSU zur modernen Partei gemacht und spreche besonders die Wählerinnen an. Im übrigen sei der Druck zu seiner Kandidatur ja „aus der CDU und der Bevölkerung“ gekommen. Wäre Söder Kanzlerkandidat geworden, so Bär, wäre es ein leichtes, das Kanzleramt wieder zu gewinnen: „Jetzt wird es schwieriger und härter.“ Sie werde im übrigen mit Armin Laschet nicht in ihrem Wahlkreis plakatieren, andere in Bayern könnten das gerne machen.

Özdemir reagiert fassungslos

Cem Özdemir reagierte ziemlich fassungslos auf diese Bemerkungen: „Ich glaube, ich bin im falschen Film.“ Er werde sich auf Talkrunden künftig nicht mehr vorbereiten, um CDU-Konkurrent Laschet zu schaden, brauche er ja nur Dorothee Bär und Markus Söder zitieren. Die CSU-Politikerin Bär konterte: auch der Grüne Co-Vorsitzende und Annalena Baerbock unterlegene Robert Habeck verliere doch keinen einzigen Satz darüber, was denn jetzt inhaltlich besser an Baerbock sei, außer der Tatsache, dass sie eine Frau sei. „Stattdessen sitzt Habeck da, leckt seine Wunden und trocknet seine Tränen!“ Ja, gab Özdemir zurück, aber Habeck spreche nie schlecht über Baerbock.

Friedrich Merz soll im Osten Wahlkampf machen

Im Blick auf die Zukunft – einer Regierungsbildung nach der Wahl – fochten Bär und Özdemir erneut die Klingen. Da ging es um die Frage der Verteilung von Ministerposten – Illner wollte wissen, ob die Grünen denn einen Finanzminister Merz akzeptieren könnten – und Cem Özdemir erwiderte, es sei Tradition bei seiner Partei, erst über Inhalte und dann über Posten zu sprechen. Dorothee Bär warf dann ein, Özdemir versuche sich „immer als der sympathische Schwabe zu verkaufen“, aber in Wahrheit sei es doch so, dass bei den Grünen auch Robert Habeck längst Ansprüche auf ein Ministeramt im Falle einer Regierungsbeteiligung angemeldet habe. Özdemirs Hinweis, dass ein solcher Anspruch bei Bundesvorsitzenden normal sei, konnte den Eindruck von Maybrit Illner, dass „Schwarz-Grün kein so harmonisches Ding ist“, allerdings nicht entkräften.

Zurückgelehnt war Friedrich Merz an diesem Abend, jedenfalls war er nicht der Polarisierer stand – anders als sonst – nicht im Zentrum der Kritik. Einhellig war die Meinung in der Runde, dass er, der Laschet-Befürworter, wenn er der CDU dienen wolle, als „Ostbeauftragter“ für die CDU den Wahlkampf im Osten bestreiten müsse, wo die enttäuschten Söder-Anhänger zahlreich sind. Merz bestätigte sogar, dass er mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff schon gesprochen und ihm Hilfe zugesagt habe, „die Wahl zu gewinnen“. Der Hauptgegner der CDU dort sei ja die AfD, die deutlich reduziert werden müsse.

Auf Laschet lässt Friedrich Merz nichts kommen

Auf Ansprüche auf ein Ministeramt – danach fragte ihn Maybrit Illner – wollte sich Merz nicht festlegen. Er wolle ein möglichst gutes Ergebnis für die CDU, und in einem Nebensatz ließ er durchblicken, dass er einen Durchmarsch der Grünen durchaus für möglich hält. Es sei ja denkbar, „dass die Grünen eine andere Option ziehen als in Baden-Württemberg“, deshalb müsse die CDU so stark werden, dass ohne sie eine Regierungsbildung nicht stattfinden könne. Auf seinen Landesvater Armin Laschet ließ Merz übrigens nichts kommen, mal abgesehen davon, dass „Söder stärker im Auftritt“ sei als Laschet: „Nordrhein-Westfalen wird gut regiert. Laschet ist ein erfolgreicher Ministerpräsident, ich sehe doch, was er verändert hat.“ Die Zusammenarbeit von CDU und FDP in Düsseldorf klappe „reibungslos“ – und das Modell sei vielleicht eine „Blaupause“ für Berlin. Nachdem Merz sich im „Spiegel“ gerade noch kritisch mit Annalena Baerbock auseinandergesetzt und ihr fehlende Regierungs- und Berufserfahrung vorgeworfen hatte, schlug er bei Maybrit Illner versöhnliche Töne an: „Die Grünen haben dazugelernt. Auch wenn wir bei den Inhalten oft gegenteiliger Meinung sind – es ist ihnen gelungen, mit der deutschen Wirtschaft einen guten Gesprächsdialog zu eröffnen.“ Auch sei die Kandidatenkür bei den Grünen „professionell“ verlaufen – „Chapeau“.

16 Jahre von einer Frau regiert? Das allein macht es nicht besser

An seiner eigenen Partei hatte Merz dann aber heftige Kritik zu üben: Die Nachfolgeregelung in der CDU sei einfach nicht gut organisiert, dass sei bei Konrad Adenauer und Helmut Kohl so gewesen, und es sei auch bei Angela Merkel so. Es wäre besser, man würde beispielsweise das Bundeskabinett breiter aufstellen, so dass Nachfolger auch aus diesem Kreis rekrutiert werden könnten, worauf der Einwurf von Feldenkirchen kam, man möge vielleicht mehr Frauen ins Kabinett holen – was Friedrich Merz dann zum verbalen Tiefschlag gegen Angela Merkel veranlasste: „Es wird nicht allein alles dadurch besser, dass eine Frau 16 Jahre regiert.“ Merkel habe sich aus der Sache der Nachfolgeregelung weitgehend rausgehalten, er hätte sich von ihr eine konstruktivere Rolle gewünscht.