McLaren und Honda geben sportlich ein desaströses Bild ab und hoffen auf ein Formel-1-Wunder. Dass sich dieses am Wochenende in Silverstone einstellt, glaubt man aber auch im englisch-japanischen Rennstall nicht.

Silverstone - Es war ein schwerer Gang für den McLaren-Chef Ron Dennis und den neuen Honda-Präsidenten Takahiro Hachigo. Beim Grand Prix von Österreich mussten die beiden in Begleitung des Formel-1-Chefs Bernie Ecclestone am Tor zur Startaufstellung nach links und nicht nach rechts abbiegen. Rechts davon lag die erste Startreihe. Links die letzte. Und dort standen die Ex-Weltmeister Fernando Alonso und Jenson Button. Diverse Startplatzstrafen wegen Überschreiten des Motorenkontingents hatten sie dorthin verbannt. Bitterer für McLaren war nur noch die doppelte Nichtqualifikation beim Rennen in Monaco 1983. Niki Lauda und John Watson schauten damals zu.

 

McLaren ist ein stolzer Rennstall. Der zweitälteste und zweiterfolgreichste nach Ferrari. Zwölf WM-Pokale für die Fahrer und acht für die Konstrukteure stehen in den Vitrinen der Fabrik in Woking. 182 Siege hat das Team, das 1966 in Monte Carlo sein Debüt gab, angehäuft. Der letzte liegt schon eine Weile zurück. 2012 in Brasilien war es. Im Augenblick rangiert McLaren-Honda mit vier WM-Punkten auf dem vorletzten Platz.

Noch sind die in zweiter Ehe verheirateten Partner McLaren und Honda weit von dem entfernt, das sie sich an die Fahnen geheftet haben. Zwischen 1988 und 1992 war McLaren-Honda eine Macht. An die alten Erfolge wollten die Engländer und die Japaner auch wieder anknüpfen. Der Teamchef Dennis erzählt unbelehrbar jedem, der es hören will: „Am Ende des Jahres wollen wir siegfähig sein.“ Sein Statthalter Eric Boullier hat es inzwischen aufgegeben, Ziele auszuposaunen. Noch nicht einmal mehr ein Podium wird ins Auge gefasst. Zu groß sind die Defizite. Vor allem beim Motor.

Der Honda-Motor schwächelt

Honda erlebt gerade, das die Hybridtechnologie selbst für einen Automobilhersteller eine große Aufgabe ist. Dem japanischen V6-Turbo fehlt es in allen Bereichen. Leistung, Zuverlässigkeit, Benzinverbrauch. Nur die Fahrbarkeit verdient ein Lob. Die einzigen Punkte holte Jenson Button in Monte Carlo. Auf einer Strecke, auf der Power wenig zählt. Deshalb rechnet sich McLaren auch für das Heimspiel in Silverstone am Sonntag (14 Uhr/RTL) und den darauffolgenden Grand Prix in Ungarn ein kleines Wunder aus.

Das Team kann es brauchen. In den letzten beiden Rennen drückten die Nackenschläge auf die Moral. Alonsos Auto war nach einer Kollision mit Kimi Räikkönen nach 25 Fahrsekunden Schrott. Button schlich nach acht Runden lautlos an die Box. Ein Sensor im Einlass des Motors gab falsche Signale und stellte das Triebwerk auf ein Notlaufprogramm. Immer öfter stellt sich die Frage, wie lange der Geduldsfaden der erfolgsverwöhnten McLaren-Manager, der Ex-Weltmeister Alonso und Button und dem Honda-Vorstand in Tokio noch hält. Der Motorsportchef Yasuhisa Arai macht sich deshalb keine Sorgen: „Der Präsident steht hinter dem Projekt. Für uns gibt es keine Frist, wann wir erfolgreich sein müssen.“

So locker nimmt es McLaren nicht. Das Auto präsentierte sich in Österreich in einer B-Version. Mit einer kurzen Nase und einem darauf abgestimmten Rest. In Silverstone kam ein Nachschlag. Laut Teamchef Boullier ist das neue Paket um eine halbe Sekunde schneller als das alte. Alonso bestätigt: „Das Upgrade ist ein echter Fortschritt. Ich spüre mehr Grip.“ Doch was hilft das schon, wenn dem Motor 70 PS auf Mercedes und Ferrari fehlen?

Alonso ist noch zuversichtlich

Alonso lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, obwohl der Aufwärtstrend seit Kanada gestoppt scheint. Er teilt die Meinung von Teamchef Eric Boullier, dass die Streckencharakteristik von Montreal und dem Red-Bull-Ring für die Stagnation verantwortlich war. „Wir wussten, dass es vier schlechte Strecken für uns im Kalender gibt. Zwei haben wir abgehakt. Spa und Monza müssen wir noch überstehen.“

Der Spanier Alonso redet sich weiter ein, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat: „Wenn ich mir die Ferrari-Fahrer anschaue, dann machen sie auch keine glücklichen Gesichter. Weil sie bestenfalls nur Dritter werden können. Ich war fünf Jahre lang in dieser Position. Ständig nur um Platz zwei oder drei zu kämpfen gibt mir keine Motivation mehr.“ Die neue Aufgabe bei McLaren motiviert ihn dagegen schon. „Das neue Projekt macht mir Spaß. Und wenn wir einmal gewinnen, werden die Siege umso besser schmecken.“

In die gleiche Kerbe schlägt Boullier auf die Frage, ob die Vielzahl der Defekte nicht besorgniserregend sei: „Wir wollen irgendwann Mercedes schlagen. Dazu müssen wir auf der Chassis- und Motorseite hohe Risiken gehen. Und das bedingt Fehler.“ Von seinen vier Ausfällen in Folge will sich Alonso derweil nicht entmutigen lassen. „Für uns ist 2015 ein Testjahr“, sagt er.