Es sind zwei Seiten einer Medaille: Die Nachfrage von Medieninhalten steigt in der Corona-Krise - das Anzeigengeschäft ist stark rückläufig. Zeitschriftenverleger dringen umso mehr auf eine schon ältere Forderung.

Brüssel/Berlin - Angesichts der Coronavirus-Krise haben EU-Abgeordnete einen europäischen Notfallfonds für Medien vorgeschlagen. Zeitschriftenverleger in Deutschland fordern ihrerseits hierzulande einen Logistikgipfel, um über das Problem gestiegener Zustellkosten mit Politik und Post zu reden. Medienhäuser verzeichnen in Corona-Zeiten eine erhöhte Nachfrage nach Inhalten und gewinnen Digital-Abonnenten hinzu, haben aber zum Teil erhebliche Rückgänge im Anzeigengeschäft, weil es Stornierungen gibt.

 

Eine Reihe von EU-Abgeordneten forderte Vertreter der Kommissionsspitze auf, einen europäischen Notfallfonds zur Unterstützung von Medien und Journalismus zu prüfen. In einem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch vorlag, heißt es, besondere Aufmerksamkeit sollte auf lokale und regionale Medien sowie Nachrichtenmedien, die in kleinen Märkten agieren, gerichtet werden.

Idee: Gutscheine für Nachrichtenabos

Eine Idee in dem zu Wochenanfang versandten Schreiben ist auch, als Unterstützung Gutscheine an junge Leute für Abos von Nachrichtenmedien auszustellen; ebenso das Umleiten von Kommunikationsbudget der Kommission und des Europäischen Parlaments weg von großen Online-Plattformen hin zu nationalen Medien. In einem zweiten Brief, der von Mitgliedern des Kulturausschusses auf EU-Ebene angestoßen wurde, wurde ebenfalls dazu aufgefordert, das Potenzial für einen Notfallfonds zur Unterstützung der Medien- und Pressebranche zu prüfen.

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) betonte am Mittwoch bei seiner Jahrespressekonferenz, dass die Verleger trotz massiver Umsatzrückgänge die Krise unternehmerisch und ohne staatliche Zuschüsse bewältigen wollten. Vom Gesetzgeber forderte der Verband zugleich, ordnungspolitische Weichen zu stellen.

Gestiegenen Kosten – schon vor der Krise

Schon vor der Krise beklagten Verlage gestiegene Kosten, die meisten Zeitschriften werden per Post verschickt. „Wir müssen schnell an einem runden Tisch klären, was jeder zu einer einvernehmlichen und dauerhaft tragbaren Lösung in der Zustellung beitragen kann“, sagte der VDZ-Vizepräsident und Sprecher der Publikumszeitschriften, Philipp Welte. An dem Gipfel sollten sich aus VDZ-Sicht Entscheidungsträger aus Politik, Post und Verlagen beteiligen.

Welte betonte, grundsätzlich sei man Anhänger einer freien Presse, die sich marktwirtschaftlich finanziere. Er sagte zugleich, dass niemand grundsätzlich ausschließen könne, dass man in eine Situation komme, in der man staatliche Unterstützung brauche. Eine wichtige Frage sei: Wie schafft man es, zu vertretbaren Preisen den Weg zu den Menschen zu finden? Die Politik müsse sich auch damit beschäftigen, „welche Art von regulatorischen Belastungen diese Industrie wirklich verkraftet“. Welte: „Wir stehen vor extrem schwierigen Zeiten.“

40 Millionen Euro für Zustellung

Der Bundestag hatte Ende vergangenen Jahres bereits unabhängig von der Corona-Krise beschlossen, speziell die Zustellung von gedruckten Zeitungen und Anzeigenblättern in diesem Jahr mit 40 Millionen Euro zu fördern. Hintergrund ist die seit vielen Jahren sinkende Auflage. Verlage wollen sicherstellen, dass die Auslieferung der Zeitungen an Abonnenten bis in die kleinsten Dörfer weiterhin funktioniert.

Ein genaues Konzept ist noch nicht bekannt. In dem Beschluss waren Zeitschriften nicht berücksichtigt. VDZ-Präsident Rudolf Thiemann: „Wir halten nichts davon, wollte man Zeitungen und Zeitschriften gegeneinander ausspielen. Beide Kategorien sind unverzichtbarer Teil der freien Presse und ergänzen sich in idealer Weise.“

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) reagierte auf den Vorstoß von EU-Abgeordneten auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur so: Man begrüße, dass die Politiker die hohe Bedeutung und systemrelevante Leistung der Medien und Presse anerkennen. Die private Presse sei gerade aufgrund ihrer Unabhängigkeit stark. „Daher sind allgemeine direkte Subventionen nicht der richtige Weg. Sinnvoll wäre eine Förderung des vor- oder nachgelagerten Bereichs, wie beispielsweise der Zustellung.“ Eine weitergehende Reduzierung beziehungsweise Befreiung von der Mehrwertsteuer brachte der Verband als Idee ebenfalls ins Spiel.