An der Schillerschule in Bissingen arbeiten schon Grundschüler mit interaktiven Touchboards, PCs und Tablets. Die Schule ist Medienreferenzschule im Kreis: Als Multiplikatorin zeigt sie anderen Grundschulen, wie man die neuen Medien für den Unterricht von jüngeren Schülern nutzen kann.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Bietigheim-Bissingen - Im Sachunterricht beim Thema Eichhörnchen mal eben ein Lernvideo über den flinken Baumkletterer einspielen, die Blitzrechnen-App fürs Mathe-Üben einsetzen oder mit Hilfe der Uhrzeit-App vertiefen, wie Stunden- und Sekundenzeiger ticken: Möglichkeiten, interaktive Medien schon in der Grundschule zielgerichtet einzusetzen, gibt es viele. „Und sobald sie zum Einsatz kommen, herrscht im Klassenzimmer totale Aufmerksamkeit“, sagt Alexandra von Ostrowski.

 

Die Rektorin der Schillerschule in Bissingen spricht aus Erfahrung. Ihre Schule ist sogenannte Medienreferenzschule für den Kreis Ludwigsburg. Sie zeigt anderen Grundschulen, was mit entsprechendem Equipment pädagogisch alles möglich ist. Am Montag startet die Schillerschule mit einem neuen Anbau und formidabler Medienausstattung ins neue Schuljahr.

Ohne engagierte Lehrer geht nichts

Dazu gehören internetfähige Touchboards in allen Klassenzimmern des Neubaus. Über iPads, PCs, entsprechende Vernetzung und passende Software verfügt die Schule schon länger und baut sie nach ihrem hauseigenen Medienbildungskonzept konsequent in den Unterrichtsalltag der Erst- bis Viertklässler ein. Als das Land fragte, welche Grundschule als Vorreiterin ihre Erfahrungen teilen wolle, hoben die Bissinger die Hand. „Das wäre aber nicht ohne einen großzügigen Schulträger gegangen“, stellt die Rektorin klar.

Die Stadt Bietigheim-Bissingen steckte in den Anbau, der die Schule gleichzeitig auch für den Ganztagsbetrieb fit macht, sechs Millionen Euro. Die prosperierende Kommune tätigte die Investition gerne: Die Schillerschule sei als Referenzschule für Medienbildung prädestiniert gewesen, findet der Oberbürgermeister Jürgen Kessing. „Sie ist in unserer Bildungslandschaft besonders aktiv und seit 2011 schon Standort der Hector-Akademie für Kinder.“

Unabdingbar, betont Alexandra von Ostrowski, sei auch ein aufgeschlossenes Kollegium. Die Lehrer müssten sich technisch permanent auf den aktuellen Stand bringen, das Wissen aus dem Privatgebrauch reiche nicht. „Und wir können ja nicht wegen jeder Kleinigkeit einen IT-ler holen.“ Unterstützung leistet der Schule das Landesmedienzentrum – bei der Medienentwicklungsplanung, mit einer speziellen Netzwerklösung und mit Beratung.

Der Aufwand ist beträchtlich

Zusatzstunden vom Land gibt es für den Einsatz der Grundschullehrer nicht. Die eine zusätzliche Anrechnungsstunde, die zunächst für die Referenzschulen vorgesehen war, wurde wegen des landesweiten Lehrermangels wieder gestrichen. „Wenn es für die Kollegen, die sich in das Thema Digitalisierung hineinknien, zumindest einen finanziellen Ausgleich geben würde, wäre das schon schön“, findet die Schulleiterin. Denn der Aufwand sei beträchtlich, selbst, wenn alles störungsfrei laufe – „alleine, um beispielsweise Updates zu laden oder die Apps zu betreuen“.

Das Ziel: Jeder Kreis soll mit einer Referenzgrundschule aufwarten

Dennoch ist sie vom Einsatz der digitalen Medien im Grundschulunterricht überzeugt. Nicht nur, weil Kinder auf diese Weise verantwortungsvoll an Fertigkeiten herangeführt werden könnten, an denen sie später nicht mehr vorbeikämen. Auch die Lehrer profitierten, berichtet die Rektorin. Man könne sich zentral abgespeicherte Arbeitsmaterialien teilen oder als Screenshot abgespeicherte Aufschriebe in der nächsten Unterrichtsstunde weiterverwenden. „Es ist im Moment eher das Problem, dass wir von den Verlagen mehr Software brauchen könnten, die speziell auf die Schulbücher abgestimmt sind.“ Die Verlage hätten aber „ein sehr offenes Ohr“ für das Anliegen, „weil es einfach die Zukunft ist“.

Auf allzu viele Referenz-Grundschulen kann das Regierungspräsidium Stuttgart noch nicht zählen: Derzeit sind es sieben, darunter die Silcherschule in Stuttgart, die Hörschbachschule in Murrhardt (Rems-Murr-Kreis) und die Gottlob-Ernst-Grundschule in Deckenpfronn (Kreis Böblingen), jedoch keine in den Kreisen Esslingen und Göppingen. Ziel ist es aber, dass es künftig in jedem Stadt- und Landkreis eine Referenzgrundschule gibt.

Die herkömmlichen Tafeln verdrängt haben die Touchboards in der Schillerschule indes nicht: Einträchtig hängen sie auch im Anbau Seite an Seite. „Wir gehen schon noch beide Wege“, sagt Alexandra von Ostrowski. „Das eine ergänzt das andere.“