Der Landrat Richard Sigel hat angekündigt, eines der zwei Kreismedienzentren schließen zu wollen, um mit dem Geld ein Bildungsprojekt an den Berufsschulen zu ermöglichen. Das stößt bei Lehrern aus dem Backnanger Raum auf Kritik. Der Backnanger OB Frank Nopper indes spricht von einer politischen „Testrakete“.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Weissach im Tal - Schon in seiner ersten Ausschusssitzung des Kreistages hat er keinen Hehl daraus gemacht: Das Projekt „Lernfabrik 4.0“ ist dem neuen Landrat Richard Sigel wichtig. Der Kreis soll nach Möglichkeit einer von jenen acht Standorten in Baden-Württemberg werden, an denen das Landesprogramm etabliert wird. Doch wenn die drei Berufsschulen zu Kompetenzzentren werden sollen, in denen die digital gesteuerte Produktion praxisnah gelehrt wird, muss der Kreis Geld einbringen und die Hälfte der mit einer Million Euro bezifferten Gesamtkosten übernehmen. Ein Umstand, der angesichts der angespannten Finanzlage einigen Kreisräten nicht gerade gefällt. „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir uns fragen müssen, wo wir die 500 000 Euro hernehmen wollen“, sagte etwa der Waiblinger Oberbürgermeister und Freie-Wähler-Kreisrat Andreas Hesky und forderte den Landrat auf, Vorschläge zu machen.

 

Sparpotenzial: 100 000 Euro pro Jahr

In seiner Haushaltsrede hat Richard Sigel dann seinen Deckungsvorschlag gemacht: „Wir verzichten auf eines unserer Kreismedienzentren.“ Statt bisher an zwei Standorten wäre man dann nur noch mit einer Einrichtung vertreten. Damit könnten auf Dauer etwa 100 000 Euro pro Jahr eingespart werden. Das schmerze zwar, demgegenüber, so Sigel, stünde aber eine Investition von einer Million Euro an den beruflichen Schulen. Außerdem könnte man den Verlust möglicherweise durch eine Ausgabestelle für Medien abmildern.

Doch kaum ist der Vorschlag publik, regt sich heftiger Widerstand dagegen. „Mit Bestürzung haben wir im Bildungszentrum Weissacher Tal“ von der geplanten Schließung gehört, schreibt der Gesamtleiter der Einrichtung und Gymnasiumsdirektor Christoph Mohr in einem Brief an den Landrat und die Kreisräte. Das Kreismedienzentrum Backnang, das wohl zur Disposition stehe, sei für viele seiner Kollegen eine „nahezu unerlässliche Anlaufstelle zur Abholung von Materialien, die den Unterricht in jeder Hinsicht bereichern“, schreibt Mohr. Eine Schließung sei seines Erachtens nur zu rechtfertigen, wenn ein nahezu vollwertiger Ersatz von online abrufbaren Materialien zur Verfügung gestellt werde. Ein solcher werde aber bisher nicht angeboten – der Start einer geplanten Mediathek im Portal des Landesmedienzentrums sei nämlich verschoben worden.

Backnager OB spricht von politischer Testrakete

Zudem gehe die vom Landrat aufgemachte Rechnung nicht auf. Die von ihm vorgetragene Investition von einer Million Euro in die beruflichen Schulen komme den Bildungseinrichtungen, die nicht in der Trägerschaft des Kreises stehen, „und damit der Mehrheit der Schüler des nördlichen Rems-Murr-Kreises, nicht zugute“. Die Schließung eines der Kreismedienzentren, so Mohr, wäre „eine Sparmaßnahme im Bereich der schulischen Bildung“. Er bitte daher eindringlich im Namen seines Kollegiums, die Maßnahme noch einmal zu überdenken, so der Gymnasiumsdirektor.

Der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper indes sagt, dass noch gar nicht klar sei, ob von einer Schließung oder zumindest einer Änderung der Medienausgabe das Backnanger oder das Waiblinger Kreismedienzentrum betroffen sei. Dem Landrat sei es in seiner Haushaltsrede wohl eher darum gegangen, ein politisches Signal zu setzen, dass auch strukturelle Themen angegangen werden müssten. Nopper: „Offensichtlich hat er in Sachen Kreismedienzentren eine Testrakete gezündet, ohne zu sagen und zu wissen, wohin die Rakete fliegen soll.“ Er werde mit Siegel „in allernächster Zeit ein Gespräch zur Klärung und Aufklärung der Sache führen“.