Reportage: Akiko Lachenmann (alm)

Der Kopf ist aber auch der Hauptsitz der menschlichen Eitelkeit. Um keine Narben zu hinterlassen, entscheidet sich der Chirurg bei einer Kieferfraktur mit Lidriss für einen Bügelschnitt, bei dem die Schädelhaut hinter dem Haaransatz von einem Ohr bis zum anderen Ohr aufgeschnitten wird. Wie eine Folie zieht er sie bis zur Augenhöhle ab. Für den Eingriff befestigt er die gespannte Haut mit kleinen, scharfen Clips, die aus einer Pistole geschossen kommen. „Manchmal kommt kein Clip raus, manchmal fliegen sie durch die Gegend“, moniert der Kieferchirurg Michael Krimmel. Er würde sich ein zuverlässigeres System wünschen, mit dem er nicht laufend Sorge habe, dass die Clips ihn oder einen Mitarbeiter verletzen. „Das wäre mal etwas Simples, mit dem uns enorm geholfen wäre.“

 

Sein Kollege an Präparat drei, der sich gerade durch die Innenseite eines Auges zum Tränenweg vorarbeitet, um ein imaginäres Karzinom zu entfernen, moniert den Kabel- und Schlauchsalat um sich herum. „Ich kann kaum aufstehen“, klagt er, „ich würde stolpern“. Durch die Schläuche fließen Flüssigkeiten, da das Auge permanent gewässert werden muss. „Da würde ich mir wünschen, dass zumindest alle anderen Geräte kabellos sind. So wie diese tolle Säge.“ Er zeigt das akkubetriebene „vornehmere Baumarktmodell“, mit dem er gerade ein Stück des Siebbeins aufgesägt hat.

Innovationen dürften in Zukunft seltener werden

Die Wunschliste der Chirurgen ist lang: besseres Licht, weniger Zeitverzögerung bei der Bildübertragung, intelligente Haltearme, bessere Techniken zur Blutstillung, mehr Rücksicht auf die Ergonomie am OP-Arbeitsplatz. Einer der teuersten Wünsche kommt aus der Gehirnchirurgie. „Wir hätten gern einen Roboter, der das zeitintensive Auffräsen des Schädels in den unbedenklichen Bereichen übernimmt, dort, wo der Abstand zu den Nerven groß genug ist“, sagt der Gehirnchirurg Marcos Tatagiba. Der Operateur müsste so nur noch die Filigranarbeit übernehmen. „Wir haben bereits Navigationssysteme, wir verfügen über Frässysteme, man müsste jetzt nur noch beides zusammenführen.“

Den Medizintechnikern dürfte der Kopf schwirren. Nicht alle Wünsche werden sofort in die Tat umgesetzt. „Der am Gehirn autonom arbeitende Roboter dürfte wohl noch ein paar Jahrzehnte auf sich warten lassen“, sagt der Forschungschef Klaus Irion von der Firma Karl Storz. Zu viele Fragen, etwa zur Sicherheit und Haftung, seien noch offen. Dagegen hält Irion ein verbessertes Endoskop, mit dessen Hilfe um die Ecke operiert werden kann, für eine Idee, die zu verfolgen sich lohnt. Allerdings genüge es gerade bei Produkten für die Neurochirurgie nicht mehr, ein gewisses Marktinteresse zu sehen. „Für uns ist von größter Relevanz, in welchem Verhältnis der regulatorische Aufwand zum erwartenden Erfolg des Produktes steht.“ Große Innovationen dürften in Zukunft seltener werden – und so mancher Wunsch eines Chirurgen unerfüllt bleiben.