Was muss passieren, damit ein Kind von zu Hause weg will? Der Fall des elfjährigen Luca zeigt, wie Alltagskonflikte eskalieren. In den letzten Jahren verzeichnet das Stuttgarter Jugendamt eine kontinuierliche Zunahme von häuslicher Gewalt und Kindern in Not.

Vor einem Jahr hielt es Luca (Name geändert) nicht mehr aus. Der Elfjährige, der eine Stuttgarter Grundschule besuchte, vertraute sich seiner Schulsozialarbeiterin an. „Er hatte Angst, wollte nicht mehr heim“, berichtet Thomas Schmid. Der Bereichsleiter des Stuttgarter Jugendamts heißt eigentlich anders, will aber nicht, dass man über ihn seinen Schützling identifizieren kann. Der Papa schlage ihn, früher auch schon mal mit Gürtel und Kabel, erzählte Luca seiner Schulsozialarbeiterin. Die machte einen Eiltermin mit der Beratungsstelle des Jugendamts klar. „Wir haben beschlossen, wir gehen in die Schule“, berichtet Schmid. So könne man mit dem Bub im vertrauten Büro der Schulsozialarbeiterin und deren Beisein sprechen. Für Schmid und seine Sozialarbeiterkollegen ein klarer Fall für die Anwendung von Paragraf 42 Sozialgesetzbuch 8: „Wenn Kinder von sich aus um Inobhutnahme bitten, muss das Jugendamt dem Folge leisten.“ Es müsse allerdings eine akute Gefährdung vorliegen, die durch nichts anderes abgewendet werden kann.