Auch ein halbes Jahr, nachdem Hans-Peter Kastner aus Stuttgart-Vaihingen Einweg-Plastik aus seinem Getränkeladen verbannt hat, lässt das mediale Interesse an ihm nicht nach. Doch nicht alle finden gut, was der Getränkehändler macht.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Vaihingen - Zeitung, Radio, Fernsehen: Bei Hans-Peter Kastner laufen permanent Anfragen ein. Das mediale Interesse an dem Getränkehändler aus Stuttgart-Vaihingen ist nach wie vor groß. Hier ein Interview, dort eine Dokumentation, zwischendurch Kampagnen wie zuletzt die Aktion „Trink aus Glas“ mit dem Hersteller Fritz Kola.

 

Kastner ist also ständig auf Achse, erklärt, warum er sich im Sommer 2019 entschieden hat, Einweg-Plastik aus seinem Markt zu verbannen, und versucht, andere Händler und Hersteller zu motivieren, ebenfalls verstärkt auf Glasflaschen zu setzen. Der Umwelt zuliebe, denn Einwegverpackungen aus Plastik belasten die Umwelt stärker als Glasflaschen. „Mein Ziel ist es, diesen Weg konsequent weiterzugehen“, sagt Kastner.

Kunden greifen immer öfter zur Glasflasche

Natürlich geht der Umstieg auf Glas für einen Händler nur, wenn die Kunden mitziehen. „Es liegt in unserer Hand, welche Verpackung wir wählen“, sagt Kastner. Für sein Geschäft sei die Rechnung aufgegangen: Die Zahl der Kunden, die zur Glasflasche greifen, steige. „Die Befürchtung, dass unser Geschäft durch diesen radikalen Schritt einbricht, hat sich nicht bestätigt“, sagt er.

Hans-Peter Kastner drängt auf die Umsetzung einer Mehrwegquote von 70 Prozent. Diese Marke ist seit dem 1. Januar 2019 im Verpackungsgesetz verankert. „Wenn wir diesen Weg freiwillig gehen, können wir eine Lenkungspolitik und höhere Abgaben auf Einwegflaschen vermeiden“, sagt er.

Glasmehrwegflaschen können bis zu 50-mal wiederbefüllt werden, bevor sie recycelt und dann wieder befüllt werden können, klärt das Umweltbundesamt Verbraucher auf. Plastikmehrwegflaschen würden hingegen seltener wiederbefüllt. Das Umweltbundesamt spricht von 20 Befüllungen bei PET-Flaschen. Einwegverpackungen werden, wie der Name schon sagt, nur einmal verwendet und dann entsorgt oder recycelt.

Der Getränkehändler setzt auf Regionalität

Nur den Plastikverbrauch zu senken, ist allerdings nicht das einzige Ziel des selbst ernannten Umweltaktivisten. Um den CO2-Ausstoß zu verringern, setzt er auch auf Regionalität und legt dies seinen Kunden ans Herz. „Warum soll ich Mineralwasser 450 Kilometer hertransportieren lassen, wenn es auch bei uns in der Region gutes Mineralwasser gibt?“, fragt Kastner. 69 Prozent seines Gesamtsortiments komme aus Baden-Württemberg, 18 Prozent aus Bayern. Für die Produkte seien der Abfüllort und die Distanz nach Stuttgart angegeben, so können die Kunden genau sehen, wo ihre Getränke herkommen. „Den Regionalitätsgedanken wollen wir dieses Jahr noch weiter vorantreiben“, sagt Kastner. „Ich hoffe, dass möglichst viele Menschen umdenken und diesen Weg – auf Plastik zu verzichten und auf Regionalität zu setzen – mit uns gemeinsam gehen.“

Auch das Umweltbundesamt spricht sich für regionale Produkte aus. „Der Ressourcen- und Energieverbrauch für Transport und Reinigung der Mehrwegflaschen ist in regionalen Kreisläufen geringer als der zusätzliche Herstellungsaufwand für Einwegflaschen. Je häufiger die Mehrwegflaschen wiederverwendet werden, je kürzer die Transportwege und je effizienter die Reinigungsprozesse sind, desto umweltfreundlicher sind die Flaschen“, schreibt das Umweltbundesamt auf seiner Internetseite.

Er erhält aber auch Drohungen

Bei all dem Zuspruch, der Hans-Peter Kastner aus dem ganzen Bundesgebiet erreicht, gibt es aber auch Kritiker. Teils werde er beleidigt und sogar bedroht. Einen aktuellen Fall schildert er auf seiner Facebook-Seite: Eine Person habe ihm gedroht, ihm die Behörden auf den Hals zu hetzen und Bußgeldverfahren einzuleiten, weil der Händler sich weigere, Einweg-Leergut (DPG) anzunehmen, wo er doch dazu verpflichtet sei. Kastner entgegnet: „Wir nehmen kein Einweg-Leergut zurück, da wir auch keines verkaufen und nicht Teil des DPG-Pfandsystems sind.“

Die Verbraucherzentrale informiert, dass Einweg-Verpackungen in jeder Verkaufsstelle zurückgegeben werden können, die Einweg-Gebinde aus dem gleichen Material verkauft. „Wer ausschließlich Getränke in Einweg-Plastikflaschen vertreibt, muss nur Einweg-Plastikflaschen zurücknehmen. Wer nur Dosen verkauft, muss nur Dosen zurücknehmen“, so die Verbraucherzentrale. Ergo muss ein Händler, der Mehrwegflaschen verkauft, auch nur Mehrwegflaschen zurücknehmen. Ab sofort, schreibt Hans-Peter Kastner auf seiner Facebook-Seite, werde er jede Drohung gegen ihn bei der Polizei anzeigen. „Bisher hatte ich davon abgesehen“, erklärt er, „aber irgendwie muss man diese Menschen aus dem Verkehr ziehen“.