Zwei Jahre ist die neue grün-rote Landesregierung unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) im Amt. Eine Meinungsumfrage von StZ und SWR bestätigt die hohen Werte für die Koalitionsparteien, die Regierungsparteien und den Regierungschef.

Stuttgart - Auch zwei Jahre nach dem Regierungswechsel sind die Baden-Württemberger mit ihrer grün-roten Landesregierung mehrheitlich zufrieden. Auch die Beliebtheit von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist weiterhin sehr hoch; er ist einer der beliebtesten Regierungschefs in Deutschland. Das sind einige Ergebnisse einer Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Infratest-Dimap im Auftrag der Stuttgarter Zeitung und des Südwestrundfunks (SWR) zwischen dem 13. und dem 15. Mai im Südwesten gemacht hat.

 

Gegenüber der Umfrage vom Mai 2012, als Grün-Rot ein Jahr im Amt war, verändern sich die Ergebnisse der Parteien kaum. Die CDU legt gegenüber dem Vorjahreswert um zwei Punkte auf 39 Prozent zu und erreicht damit den bei der Landtagswahl im März 2011 erzielten Wert. Die Grünen bleiben unverändert bei 28 Prozent, was gegenüber dem Resultat der Landtagswahl ein Plus um 3,8 Punkte bedeutet. Die SPD allerdings verliert zwei Punkte und landet lediglich bei 19 Prozent, bei der Wahl erzielte sie 23,1 Prozent. Die FDP erreicht in der Umfrage unverändert vier Prozent, bei der Wahl schaffte sie 5,3 Prozent. Die Piraten kommen auf drei, die Linke auf zwei Prozent.

Am 22. September ist Bundestagswahl, deshalb haben wir auch nach den Präferenzen für die Berliner Politik gefragt. Die Werte unterscheiden sich teilweise erheblich von den Zahlen für die Landespolitik. So würden nämlich 45 Prozent der Befragten CDU wählen – wäre jetzt Bundestagswahl. Das sind gegenüber dem Wahlergebnis von 2009 auf Landesebene 10,6 Prozentpunkte mehr. Hier wäre die SPD noch die zweitstärkste Kraft und könnte gegenüber dem Wahlergebnis von 2009 um 2,7 Punkte auf 22 Prozent sogar zulegen. Auch die Grünen würden sich verstärken, um 5,1 Punkte auf 19 Prozent. Die FDP würde dramatisch verlieren, um 14,8 Punkte auf vier Prozent. Die Linke erhielte zwei Prozent, die eben erst gegründete Alternative für Deutschland (AfD) immerhin drei Prozent.

Die Zahl der Unentschlossenen ist groß. 24 Prozent der Befragten gaben an, sie wüssten nicht, wem sie ihre Stimme geben würden oder ob sie überhaupt zur Wahl gehen würden, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. Wäre Landtagswahl läge die Quote gar bei 27 Prozent.

Plädoyer für höhere Steuern

Interessant wird für die Parteistrategen sein, wie ihre Wahlkampfthemen eingeschätzt werden. Die Debatte um höhere Steuern für Hochverdiener wirkt tendenziell eher günstig für Grüne und SPD, denn 69 Prozent der Befragten fänden es in Ordnung, für Menschen mit höheren Einkommen die Steuern zu erhöhen. 27 Prozent halten das für keine gute Idee. Interessant an der Stelle ist, dass es vor allem die Älteren sind, die hinter Steuererhöhungen stehen. So sagen 75 Prozent der Befragten zwischen 45 und 59 Jahren Ja zu mehr Abgaben für Reiche. 71 Prozent sind es bei mindestens 60-Jährigen.

Das ist aber das klassische Wählerreservoir der CDU. 53 Prozent der mindestens 60 Jahre alten Befragten würden der CDU die Stimme geben, wenn es um den Bundestag ginge (bei 45 Prozent insgesamt). Auf Landesebene ist der Abstand noch größer: 48 Prozent der Älteren stehen dem Gesamtwert von 39 Prozent gegenüber.

Grüne werden jung und weiblich

Der Blick auf soziografische Daten zeigt, dass die Grünen sich – zumindest auf Landesebene – zur Partei der Jüngeren und der Frauen entwickeln. 34 Prozent der 18- bis 29-Jährigen würden grün wählen, 32 Prozent der Frauen. Zur Erinnerung: Insgesamt liegen die Grünen im Land bei 28 Prozent. Bei der SPD ist es genau anders herum, sie ist bei den Jüngeren am schwächsten und auch bei den Frauen. Nur 16 Prozent der 18- bis 29-Jährigen würden rot wählen, nur 18 Prozent der Frauen.

Bildungspolitik wird skeptisch gesehen

Wir haben auch wieder nach bestimmten Themen gefragt, zum Beispiel nach dem landespolitischen Dauerbrenner Bildung. Dort zeigt sich, dass die Mehrheit der Befragten nicht zufrieden ist mit dem Kurs von Grün-Rot. Das war schon zum Einjährigen so, doch ist der Anteil der Unzufriedenen sogar noch gewachsen: 59 Prozent der Befragten sind weniger oder gar nicht zufrieden mit dem, was die Landesregierung schul- und bildungspolitisch macht. Das sind fünf Punkte mehr als vor einem Jahr. Nur 26 Prozent der Befragten stehen hier hinter dem grün-roten Kurs.

Ein anderes Großthema derzeit ist der Nationalpark Nordschwarzwald. Soll man ihn machen oder nicht? Eine Mehrheit ist für das Projekt, sie ist mit 51 Prozent aber denkbar knapp, 37 Prozent der Befragten stehen dem Vorhaben ablehnend gegenüber. Auf der Seite der Skeptiker sind die CDU-Anhänger (die zu 45 Prozent „nein“ sagen) die stärkste Gruppe. Bei den SPD-Sympathisanten sind es aber auch noch 38 Prozent, sogar bei Grünen-Wählern sind es 22 Prozent, die keinen Nationalpark wollen.

44 Prozent der CDU Anhänger zufrieden mit Grün-Rot

Das Gesamturteil für die grün-rote Politik ist davon kaum berührt. Unverändert 62 Prozent sind mit ihrer nach zwei Jahren nicht mehr ganz so neuen Regierung zufrieden, 35 Prozent sind es nicht. Je älter die Befragten werden, um geringer ist die Zufriedenheit, aber selbst bei den mindestens 60-Jährigen erreicht sie noch 56 Prozent. Deutlich ist auch die Differenz zwischen Frauen und Männern, 65 Prozent der weiblichen Befragten sind zufrieden, dagegen nur 60 Prozent der männlichen. Wenig überraschend ist, dass 90 Prozent der Grünen-Anhänger das Tun der Landesregierung gut heißen. Bei SPD-Sympathisanten sind es nur 76 Prozent, bei CDU-Anhängern immerhin noch 44 Prozent.

SPD verliert weiter an Profil

56 Prozent der Befragten - und damit satte neun Punkte mehr als vor einem Jahr - glauben, dass die Grünen in der Landesregierung ihre Ziele stärker durchgesetzt haben, nur 19 Prozent (minus sieben Punkte) glauben das für die SPD, neun Prozent sehen Ausgeglichenheit. Dass die Grünen politisch dominieren sehen übrigens die Anhänger der SPD mit 66 Prozent am stärksten so.

Darüber thront der Regierungschef. 67 Prozent der Interviewten sind mit seiner Arbeit einverstanden, das ist ein Punkt weniger als bei unserer Umfrage vor einem Jahr. Allerdings sind es 27 Prozent nicht, das sind dann doch sechs Punkte mehr als im Mai 2012. Wer sich seither eine Meinung über Kretschmann gebildet hat, schwenkte also eher auf die Skeptikerseite. Anders als bei der Parteienpräferenz kommt der Regierungschef besonders gut bei den Älteren an: 71 Prozent der 60-Jährigen oder älteren sind mit Kretschmann zufrieden, bei den 18- bis 29-Jährigen beträgt der Wert 64 Prozent. 92 Prozent der Grünen-Fans finden Kretschmann in Ordnung, bei SPD-Anhängern sind es 72 Prozent, bei CDU-Sympathisanten sind es immerhin 54 Prozent. Bei der Beliebtheit ist Kretschmann hinter der saarländischen Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und dem Hamburger Olaf Scholz (SPD), die es auf 74 Prozent Zustimmung bringen, sowie der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Krafft (73 Prozent) auf Rang vier unter den Regierungschefs.