Meistertrainer des VfB Stuttgart Was Christoph Daum von den Schwaben hielt

Am Montag erscheint die Autobiografie von Christoph Daum. Es geht um Champagner, Kokain – und drei denkwürdige Jahre auf der Trainerbank des VfB Stuttgart.
Stuttgart - Der Hausherr erscheint mit zweistündiger Verspätung, lässt sich bei der Bewirtung seines wartenden Gastes aus Köln aber nicht lumpen. Champagner serviert Gerhard Mayer-Vorfelder, als er an einem Novemberabend des Jahres 1990 in seinen Bungalow in Bad Cannstatt zurückkehrt und zusammen mit Dieter Hoeneß versucht, Christoph Daum zur Vertragsunterschrift beim VfB Stuttgart zu bewegen. Tief in der Nacht werden sich die beiden Parteien – auf der einen Seite der allmächtige Präsident und sein Manager, auf der anderen der vorlaute Jungtrainer aus dem Rheinland – im Kaminzimmer einig. Das monatliche Grundgehalt von 22 000 Mark ist am Ende zwar deutlich geringer, als von Daum gefordert – doch gibt es zum Trost noch einmal Champagner.
Es ist jene Nacht im Hause Mayer-Vorfelder, in der die Karriere des damals 37 Jahre alten Fußballlehrers an rasender Fahrt gewinnt. Keine zwei Jahre später führt Christoph Daumden VfB zur deutschen Meisterschaft, wird anschließend gefeierter Trainer von Besiktas Istanbul und Bayer Leverkusen – und stürzt kurz vor dem Höhepunkt, seiner Berufung zum Bundestrainer, über eine selbst in Auftrag gegebene Haarprobe, die im Jahr 2000 seinen Kokainkonsum beweist. Aufstieg und Fall eines der schillerndsten und umstrittensten deutschen Trainerpersönlichkeiten – das ist das Thema der am Montag erscheinenden Autobiografie „Immer am Limit“ (Ullstein-Verlag, 320 Seiten, 22 Euro), die Daum zusammen mit dem Sportjournalisten Nils Bastek verfasst hat.
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„Ich brannte“, schreibt Daum über seine Anfänge beim VfB – ein Motto, das auf seine gesamte Karriere zutrifft. Als Nachfolger von Willi Entenmann erweckt er in Stuttgart „eine tote Mannschaft“ wieder zum Leben, geht mit seinen Spielern abends Bier trinken, organisiert im Trainingslager in Brasilien „einen schönen Abschlussabend“ mit „ein paar Stripperinnen“, installiert ein Kölsch-Fass im Vip-Raum des Stuttgarter Stadions – und schafft es irgendwann, auch den ewig zweifelnden Matthias Sammer, „unseren promovierten Meckerer“, auf seine Seite zu ziehen. Nur eines gelingt Daum nach eigener Wahrnehmung nicht: mit den zurückhaltenden Schwaben warm zu werden. „Sie wirkten auf mich so locker wie ein Kleiderbügel im Jackett.“
„Jetzt zähle ich wie Ali zu den Größten“
Mit dem legendären Sieg in Leverkusen wird der VfB im Mai 1992 Meister. Daum schließt sich nach Spielende auf der Toilette ein und heult „wie ein kleines Kind“. Als er wieder rauskommt, ist er ein anderer Mensch, ein gefeierter Meistertrainer – „jetzt zählte ich wie Ali zu den Größten, zumindest fühlte ich mich für einen kurzen Moment so“. Wie vergänglich der Ruhm ist, bekommt er nur ein paar Monate später zu spüren, als der Coach im Rückspiel der Champions-League-Qualifikation bei Leeds United Jovo Simanic und damit regelwidrig einen vierten Ausländer einwechselt. Daum ist plötzlich „nicht mehr der Meistermacher, sondern der größte Volltrottel“.
Seine Autorität schwindet, das freundschaftliche Verhältnis zu Manager Dieter Hoeneß löst sich auf „wie eine Brausetablette im Wasserglas“. Wiederholt fährt er zu Mayer-Vorfelder, trinkt Schampus und bietet seinen Rücktritt an – im November 1993 lässt er sich vom Präsidenten nicht mehr umstimmen. Zur Winterpause wird sein Abschied verkündet. Mit Sprechchören feiern ihn die Fans bei seinem letzten Spiel als VfB-Trainer (4:0 gegen den MSV Duisburg). „Das war einer der emotionalsten Momente in meiner Trainerkarriere, und das werde ich den VfB-Fans nie vergessen.“
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