Melinda Gates, Vize-Vorsitzende der Gates-Stiftung und Ehefrau des Microsoft-Gründers Bill Gates, hat auf dem Kirchentag in Stuttgart Deutschland dazu aufgerufen, bei der weltweiten Bekämpfung der Armut eine Führungsrolle zu übernehmen.

Die Entwicklung armer Länder braucht Geld, Mut und Innovationen: Das ist das Credo von Melinda Gates (50), der Ehefrau von Microsoft-Gründer Bill Gates und Vize-Vorsitzenden der milliardenschweren Gates-Stiftung. Am Freitag ist die Mutter von drei Kindern – laut Forbes eine der mächtigsten Frauen der Welt – in der Liederhalle mit viel Beifall empfangen worden. Dort erklärte die frühere Programmiererin ihr soziales Engagement. Sie sei als Kind an einer katholischen Schule zur Philanthrophin geworden, Nonnen hätten sie zu freiwilliger Hilfe angespornt, etwa in einer Schule, wo Migrantenkinder nicht so gut Englisch konnten. „Bill und ich glauben: Alle Menschenleben haben den gleichen Wert.“

 

Für Melinda Gates ist 2015 von entscheidender Bedeutung für die Armutsbekämpfung. Seit 2000 seien mit den Milleniums-Zielen der UN Fortschritte gemacht worden, die Armutsrate sei halbiert worden, die Kindersterblichkeit ebenfalls. „Es gibt noch viel zu tun. Jedes Jahr sterben sieben Millionen Mütter und Kinder an vermeidbaren Ursachen, eine Milliarde Menschen leidet an Unterernährung.“ In der Verabschiedung der nachhaltigen Entwicklungsziele der UN im September sieht Gates einen Meilenstein in der Armutsbekämpfung, Europa und „besonders Deutschland“ würden da eine Führungsrolle inne haben. Hoffnung knüpft Gates an den G-7-Gipfel: „Kanzlerin Merkel hat eine ambitionierte Tagesordnung angesetzt. Dieser Gipfel ist die perfekte Gelegenheit für Deutschland, andere Länder zu mehr Entwicklungszusammenarbeit zu ermutigen.“ Sie sei optimistisch, dass Deutschland irgendwann das 0,7-Prozent-Ziel für den Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttoinlandsprodukt erreiche. Zur Zeit liegt er bei 0,41 Prozent.

Leichter Dissens in der Podiumsdiskussion

Die Gates-Stiftung finanziert Gesundheits- und Agrarprojekte. Sie und ihr Ehemann glaubten an die „Kraft von Innovationen“, sagte Gates. Das reicht von Biotechnologie bis zu sozialer Forschung. Ein Anliegen sei ihr die Förderung von Frauen: Studien hätten bewiesen, dass Frauen – anders als Männer – 90 Prozent ihrer Einkünfte in die Familien steckten, in Bildung und Gesundheit. Die togolesische Friedensarbeiterin Claudine Ahianyo-Kpondozo pflichtete bei: „Bei uns sagt man, belehrst du die Frauen, bildest du die Nation.“

In einer anschließenden Podiumsdiskussion gab es einen leichten Dissens: Der Bonner Entwicklungsexperte Dirk Messner lobte die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele der UN, da sie erstmals global Umweltschutz vorschrieben. Barbara Unmüßig von der Böll-Stiftung hingegen zeigte sich enttäuscht: Ungleichheit sei eine Ursache von Armut. Wie eine gerechtere Umverteilung stattfinden könne, darüber aber finde sich „kein Wort“ im UN-Entwurf. 72 Prozent der Kleinbauern hätten nur einen Hektar Land, gleichzeitig eigneten sich wirtschaftlich und politisch durchsetzungsstarke Akteure immer mehr Land illegal an. Deutschland sei kein Weltmeister in Entwicklungshilfe: „Wenn wir 60 Kilo Fleisch im Jahr essen, hat das Wirkungen woanders auf der Welt.“