Korntal-Münchingen soll in den Schulmensen auch Bio-Lebensmittel auf die Teller bringen. Das fordern die Jugendgemeinderäte, die Stadt prüft dies jetzt. Auch andere Kommunen stellen Ansprüche an das Mittagessen.

Kreis Ludwigsburg - Erstmals hat in Korntal-Münchingen der Jugendgemeinderat sein Recht wahrgenommen und Anträge zum laufenden Haushalt gestellt – und gleich einen Volltreffer gelandet: Die Forderung nach mehr Bio-Essen in den Schulmensen kam bei der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat so gut an, dass sie nun näher untersucht wird. Mehr Bio könnten die Schüler der Realschule Korntal und die im Schulzentrum Münchingen auf die Teller bekommen: In beiden Mensen wird überwiegend selbst gekocht. Die Mensa des Gymnasiums wird beliefert.

 

Konkret schwebt den Nachwuchspolitikern vor, dass künftig ein Viertel der Produkte – besonders Nudeln, Reis, Tiefkühlgemüse und Fleisch – aus biologischer Landwirtschaft bezogen wird. „Wenn möglich, soll auch Regionalität berücksichtigt werden“, sagt die Sprecherin Alina Wenger. Dies lasse sich vor allem bei Obst und Gemüse umsetzen.

Mit ihrem Vorstoß wollen die jungen Leute Lehrer, Schüler wie Eltern mit dem Thema bewusste Ernährung konfrontieren: Die Stadt leiste einen Beitrag zum Klimaschutz, wenn sie Bio-Ware verwendet, sagt Alina Wenger. „Durch den Verzicht auf synthetische Pestizide wirken sich Bio-Lebensmittel auf die Artenvielfalt aus und führen eine geringere ökologische Belastung und einen geringeren Energieverbrauch auf.“ Die Tierhaltung sei artgerechter als in der konventionellen Landwirtschaft: Die Tiere hätten mehr Platz und Auslauf, erhielten weder genetisch verändertes Futter noch präventiv Antibiotika, sagt Alina Wenger.

Bio ist teurer als konventionelle Ware

Zu ähnlichen Ergebnissen kam vor einigen Jahren die Stiftung Warentest: Bio-Obst und -Gemüse sei in puncto Pflanzenschutzmitteln besonders sauber. Zudem engagierten sich Bioanbieter „oft stark“ für den Tierschutz. Dagegen sei Bio-Ware vor Schadstoffen wie Schwermetallen oder Mineralölen nicht gefeit.

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Die Verwaltung prüft jetzt nicht nur, wie sich das Unterfangen logistisch stemmen lässt. Die Großlieferanten hätten keine Bioprodukte im Sortiment. Jedoch: Salate, Rohkost, Äpfel, Birnen sowie weiteres saisonales Obst kämen aus der Region, Gemüse werde bislang tiefgefroren gekauft. „Wir müssen auf jeden Fall auch in Richtung regional und saisonal denken“, sagt Michael Siegel, der Leiter des Fachbereichs für Familie, Bildung und Soziales, mit Blick auf die Umweltbilanz: „Bio hat teilweise zum Beispiel lange Anfahrtswege.“ Weil hierzulande das Angebot der wachsenden Nachfrage hinterherhinkt, sind viele Bio-Produkte auch aus dem Ausland. Sie sind außerdem oft teurer als konventionelle Lebensmittel, manchmal kosten sie mehr als doppelt oder dreifach so viel. Hier stellt sich laut Siegel die Frage, wie viel tiefer die Eltern in den Geldbeutel greifen müssen.

Caterer müssen Auflagen erfüllen

Der Blick in die Nachbarkommunen zeigt: Deren Mensen werden in der Regel beliefert, die Caterer haben dabei Auflagen zu erfüllen. Der Bio-Anteil sei ein Wertungskriterium bei allen Ausschreibungen für die Ditzinger Grundschulen, sagt die Abteilungsleiterin für Kommunikation und Beteiligung, Martina Bährle: Gefordert seien mindestens zehn Prozent. „Die eingesetzten Anbieter stellen 30 Prozent sicher.“ Im Schulzentrum Glemsaue würden bei der nächsten Ausschreibung 2021 dieselben Kriterien angelegt. Weitere Pflichtbestandteile der Leistungsbeschreibung seien Saisonalität, nachhaltige Fischerei oder der Verzicht auf Gentechnik, Geschmacksverstärker, künstliche Aromastoffe und Süßstoffe.

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Der Hauptcaterer in Gerlingen – er liefert täglich rund 270 Essen in die Mensa im Schulzentrum und der Breitwiesenschule – verwendet laut der Sprecherin der Stadt teilweise Bioprodukte. Dies seien vorwiegend das Handobst und Rohkostgemüse. „Der Anteil am gesamten Essen beträgt rund fünf Prozent“, sagt Sofie Neumann. Der Caterer lege großen Wert auf regionale und saisonale Produkte. „Die Fleischprodukte sind zum Beispiel von einem Metzger aus der näheren Umgebung, Obst und Gemüse sind ebenfalls hauptsächlich aus regionaler Produktion“, sagt Sofie Neumann. Der Dienstleister sei stetig auf der Suche nach weiteren regionalen Erzeugern und im engen Austausch mit den aktuellen örtlichen Erzeugern.

Kontrollen in Ludwigsburg

Ludwigsburg fordert von Caterern mindestens zehn Prozent Bio. Mindestens 25 Prozent des Wareneinsatzes von Obst und Gemüse muss Ware aus der Region sein. Regionalität könne sich aber nur auf den Produktionsstandort des Caterers beziehen, sagt eine Sprecherin der Stadt. Auch dürfen die Schüler täglich mit frischem, saisonalem Gemüse oder frischem Obst rechnen. „Diese Vorgabe wird über einen der Saison angepassten, sechswöchig roulierenden Speiseplan überprüft, der der Stadt vorzulegen ist.“

Bietigheim-Bissingen setzt auf Caterer aus der Stadt und der näheren Umgebung. Die Gymnasien haben eigene Küchen. „In allen Schulen stehen saisonale Angebote wie Rotkohl und Kohlrabi auf den Speiseplänen“, sagt die Sprecherin Anette Hochmuth, in einigen auch regelmäßig als solche gekennzeichnete Bioangebote. Das sei für gewöhnlich zweimal pro Woche der Fall. Das Bestreben will die Stadt intensivieren. Hochmuth: „Bei neuen Ausschreibungen für die Schulessen wird verstärkt auf den Einsatz von Bio- und regionalen Angeboten geachtet werden.“

Bio boomt

Ziele
Geht es nach der Bundesregierung, wird in Deutschland bis zum Jahr 2030 ein Fünftel der landwirtschaftlichen Fläche – 3,4 Millionen Hektar – ökologisch bewirtschaftet. Laut dem Branchenreport des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) sind es zurzeit rund zehn Prozent. Demnach wirtschaften inzwischen mehr als zwölf Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe ökologisch.

Umsatz Voriges Jahr gaben die Deutschen insgesamt fast zwölf Milliarden Euro für Bio-Lebensmittel aus. Das ist ein neuer Rekordwert. Damit hat sich der Umsatz in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Laut dem BÖLW-Report brachte Öko-Milch den Bio-Bauern die meisten Erlöse ein, gefolgt von Eiern und Gemüse. Die Nachfrage nach Bio-Ware ist mit den hiesigen Angeboten allerdings nicht zu decken. Deshalb kommen viele Bio-Lebensmittel aus dem Ausland.