Die bundesweit erste Musterfeststellungsklage ist unzulässig. Das hat das Oberlandesgericht in Stuttgart entschieden. Die nötigen Voraussetzungen seien von der Schutzgemeinschaft für Bankkunden nicht erfüllt worden.

Stuttgart - Wie das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart am Mittwoch mitteilte, konnte die Schutzgemeinschaft für Bankkunden, die in dem Verfahren gegen Darlehensverträge der Mercedes-Benz-Bank vorgehen wollte, nicht belegen, dass sie die Voraussetzungen als Musterklägerin erfüllt.

 

Eine Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) wurde zugelassen. Über die Musterfeststellungsklage der Schutzgemeinschaft war am 25. Januar 2019 mündlich verhandelt worden. Wie das OLG nun mitteilte, ließ sich nicht feststellen, dass der klagende Verein die entsprechenden gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt – denn die Klagebefugnis ist für die Musterverfahren an hohe Hürden geknüpft.

Bekannteste Musterfeststellungsklage betrifft den Abgasskandal bei VW

Grundsätzlich sollen mit der Klagemöglichkeit die Rechte einzelner Verbraucher gegenüber großen Konzernen gestärkt werden. Betroffene können dabei gemeinsam gegen Unternehmen vorgehen, allerdings nur vertreten durch Verbände. Diese müssen dabei unter anderem mindestens 350 Mitglieder oder zehn Mitgliedsverbände haben und seit vier Jahren bestehen.

Bevor das Gesetz zur Einführung der Musterfeststellungsklage Anfang November in Kraft getreten war, hatte es intensive politische Debatten darüber gegeben, wer in den Verfahren klagen darf. So warnte etwa die Wirtschaft vor einem „Einfallstor für Rechtsmissbrauch“ unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes, Umweltorganisationen beklagten hingegen, dass eine Vielzahl hochqualifizierter Verbände nicht klageberechtigt sei. Die bislang bekannteste Musterfeststellungsklage betrifft den Abgasskandal bei VW.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und der ADAC wollen hierbei feststellen lassen, dass der Konzern mit der Abgasmanipulation Kunden vorsätzlich geschädigt und betrogen hat. Angeschlossen haben sich hunderttausende Halter betroffener Autos, wann dort die mündliche Verhandlung beginnt, ist aber noch unklar. Als deutschlandweit erstes Musterfeststellungsverfahren wurde das der Schutzgemeinschaft der Bankkunden geführt.

„Kommerzielle Klageindustrie“ soll verhindert werden

Diese habe bei ihrer Musterfeststellungsklage gegen die Mercedes-Benz-Bank nun nicht belegen können, dass sie „mindestens 350 natürliche Personen hat“, dass sie Verbraucherinteressen „weitgehend durch nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeiten“ wahrnehme und überdies Musterfeststellungsklagen „nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung erhebt“, erklärte das Stuttgarter OLG. Gleichwohl sei es nicht Aufgabe des Gerichts, die politischen Diskussionen der vergangenen Jahre über den Kreis der berechtigten Einrichtungen fortzusetzen, betonte der Vorsitzende Richter Oliver Mosthaf. Für das Gericht bindend sei allein die beschlossene Gesetzesfassung, die den Kreis der Klagebefugten ausdrücklich beschränke, um sicherzustellen, dass eine „kommerzielle Klageindustrie“ verhindert werde.

Die Schutzgemeinschaft hatte geklagt, weil sie Widerrufsinformationen bei Darlehensverträgen für Autofinanzierungen der Mercedes-Benz-Bank für undurchsichtig hält. Konkret geht es darum, ob die Angaben der Bank in ihrer Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß sind, weil nur dann die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt. Zudem sollten Fragen im Zusammenhang mit den Rechtsfolgen eines Widerrufs geklärt werden. Mit diesen Fragen wird sich der zuständige Senat des OLG Stuttgart nun allerdings im Zuge von individuellen Klagen von Kunden der Bank befassen, von denen einige bereits als Berufungsverfahren anhängig sind.