Merkels China-Reise bereitet den Boden für die Zukunft. Die wird komplizierter als die Vergangenheit, ist aber zu meistern, kommentiert Christian Gottschalk.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Die gute alte Zeit ist noch keine zehn Jahre her. Damals waren die China-Reisen der Kanzlerin ein Hochgenuss für die Wirtschaftsbosse, die in großer Anzahl mit im Flieger saßen. In Peking gab es erst gutes Essen, und danach wurden die Auftragsbücher immer dicker. China war vor allem ein großer Markt. Gutes Essen und gute Aufträge gibt es auch heute noch, aber es schwingt die Angst mit, dass sich die Lage bald ändern könnte. Wer Augen hat zu sehen, der kann gerade in Shenzhen erkennen, dass China in vielen Bereichen auf der Überholspur ist – nicht nur wenn es um den Verkehr, etwa das autonomen Fahren, geht. In Shenzhen hat Merkel samt Tross Station gemacht.

 

China spielt mit offenen Karten

Die Besuche der Kanzlerin sind um so wichtiger, geht es doch darum, den Boden zu bereiten für das, was in zehn Jahren sein wird. China spielt dabei mit offenen Karten, sagt klar, wo es die weltweite Vormachtstellung anstrebt. Es wäre völlig falsch, daraus zu schließen, dass das Land nun zum Feind geworden ist. Umdenken müssen Politik und Wirtschaftsbosse gleichwohl, denn China ist nicht mehr der reine Absatzmarkt. Das Land ist in vielen Bereichen ein Mitbewerber. Daraus müssen Politik und Wirtschaft ihre Schlüsse ziehen. Einer davon lautet, auf faire Zusammenarbeit zu dringen, und diese dann auch einzuhalten. Das gilt für beide Seiten.