Für Kanzlerin Angela Merkel geht es im Wahlkampf in Niedersachsen auch um die eigenen Chancen, im Amt zu bleiben. Dabei strotzt sie vor Selbstbewusstsein und macht klare Ansagen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Wilhelmshaven - Die Stadthalle von Wilhelmshaven ist alles andere als ein Prachtbau. Das Souterrain ist an einen Fitnessclub vermietet, der zu den billigeren der Branche zählt. An den Fensterscheiben, durch die Sportler beim Trainieren zu beobachten sind, klebt ein Werbespruch: „Einfach gut aussehen“. Das haben sich auch die Akteure vorgenommen, die sich eine Etage höher abmühen: Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister und Angela Merkel. Die CDU-Chefin hat in der Hafenstadt die heiße Phase des Landtagswahlkampfs eröffnet. Letztlich geht es auch um ihre Wahlchancen. Sie formuliert das so: „Die Wahl in Niedersachsen ist für die CDU ein Gemeinschaftsanliegen.“ Eine Niederlage McAllisters wäre auch ein herber Dämpfer für Merkels Absicht, ihren Platz im Kanzleramt zu verteidigen.

 

Dabei sieht es im Moment ganz gut aus. Pünktlich zum Beginn des Klausurtreffens des CDU-Bundesvorstands übermittelten die Demoskopen Umfragezahlen, die für Merkels Partei so gut sind wie zu Kohls Zeiten. Die Führungsspitze sah sich intern schon veranlasst, vor Übermut zu warnen. Die Kanzlerin strotzt vor Selbstbewusstsein. Die Art, wie sie in Wilhelmshaven auftritt, lässt erahnen, in welchem Stil sie ihren Wahlkampf anzugehen gedenkt.

Merkel verspricht nichts – schon gar keine Wahlgeschenke, die Geld kosten würden. Sie zählt nur auf, was unter ihrer Ägide gut gelungen sei oder sich dort zum Besseren gewendet habe, wo die CDU regiert. Um Beispiele ist sie nicht verlegen. Hinter Merkels Rednerpult hängt eine Fahne mit dem Landeswappen von Niedersachsen. Es zeigt ein weißes Pferd auf rotem Grund. Das Pferd scheint die Wand hochzugaloppieren. So muss man sich wohl einen CDU-Regierungschef vorstellen, wenn man der Kanzlerin Glauben schenkt. Die Konkurrenz, sagt sie wenig staatsmännisch, zeichne sich durch „ewiges Gelabere“ aus und dadurch, dass sie nur Bedenken und ideologische Einwände vor sich hertrage, Schulden aufhäufe, aber nichts zustande bringe.

Weiterhin gegen die Pkw-Maut

So einfach ist die Welt in Merkels Wahlkampfreden. Erfolge reklamiert sie allesamt für die CDU, das Misslingen hat einen abstrakten Namen: „Rot-Grün“. Mehr Aufmerksamkeit widmet sie der Konkurrenz nicht, schon gar nicht die Ehre einer namentlichen Erwähnung, nicht einmal mit hämischem Unterton – wofür es ja Anlässe genug gäbe. Merkel wird in Wilhelmshaven befragt, was sie von den Bemerkungen des SPD-Kandidaten Peer Steinbrück zum Kanzlergehalt hält. Sie antwortet barsch: „Ich kümmere mich um mein Agieren. Damit bin ich ganz zufrieden.“

Sie kümmert sich auch um den CDU-Bundestagswahlkampf. Noch vor Weihnachten hat das Adenauerhaus die Berliner Agentur Blumberry mit der Kampagne betreut. Deren Chef Lutz Meyer hat früher schon für die Gegenseite gearbeitet. 1998 gehörte er der legendären „Kampa“ des damaligen Wahlsiegers Schröder an. Die CDU hat sich vorgenommen, ihr Wahlprogramm breit im Internet zu diskutieren – nicht nur Parteimitglieder sollen an Merkels künftiger Agenda mitschreiben, sondern jedermann. Die Unionsparteien wollen ein gemeinsames Programm vorlegen. Erste Gespräche der Generalsekretäre Hermann Gröhe (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU) haben stattgefunden. Der Dialog verläuft keineswegs konfliktfrei. Das hat hat Merkel gleich zum Jahresauftakt erkennen lassen. Während die Schwesterpartei sich für eine Pkw-Maut starkmacht, sagt sie: „Meine Haltung zu diesem Thema hat sich nicht verändert.“ Sie ist dagegen.