Kurzer Besuch beim Heimatplaneten auf dem Weg zu wenig erforschten Teilen des Sonnensystems: Die Sonde „BepiColombo“ fliegt am Freitag an der Erde vorbei zu seiner Mission am kleinsten Planeten Merkur. Der Grund für das Manöver: Die Sonde muss bremsen.

Darmstadt - In den Weiten des Universums ist es nur ein Steinwurf. Mit einer Geschwindigkeit von rund 30 Kilometern pro Sekunde rast die Merkursonde „BepiColombo“ auf die Erde zu und wird am Freitag dem blauen Planeten so nah sein, wie später nie mehr. Um 6.25 Uhr am Freitagmorgen wird sich die europäisch-japanische Merkur-Mission bis auf 12 700 Kilometer der Erde nähern. Zum Vergleich: Der Mond ist rund 400 000 Kilometer entfernt. Steuern werden die Manöver Experten der europäischen Raumfahrtbehörde Esa im Kontrollzentrum Esoc in Darmstadt - allerdings, aufgrund der Corona-Krise, mit einer Rumpfmannschaft.

 

Dort werden nach Angaben des stellvertretenden Esoc-Leiters Paolo Ferri von Donnerstagmorgen bis Freitagnachmittag zwischen zwei und vier Mitarbeiter die Sonde überwachen. Normalerweise hätte ein gutes Dutzend den Vorbeiflug im Zentrum kontrolliert. „Wenn wir Glück haben, müssen die Leute gar nichts machen“, sagt Ferri. „Die Bahn ist perfekt. Das wird sich nicht ändern.“

Die im Oktober 2018 gestartete Mission ist die erste europäische zu Merkur. Alleine die Kosten für die Esa liegen einer Sprecherin zufolge bei rund 1,5 Milliarden Euro. Auf der Sonde sitzen zwei Orbiter aus Deutschland und Japan. Sie sollen nach dem Einschwenken der Sonde in eine Umlaufbahn um den Merkur 2025 das Magnetfeld, die Oberfläche oder auch Sonnenwinde untersuchen. Nach Angaben des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt haben nur zwei Nasa-Sonden in den 70er Jahren und zwischen 2011 und 2015 den sonnennächsten Planeten erforscht.

Mit an Bord sind mehrere wissenschaftliche Komponenten

Die kritischste Phase kommt Ferri zufolge am Freitag erst nach der nächsten Annäherung. Dann fliegt das Raumfahrzeug in den Schatten der Erde und ist 34 Minuten ohne Sonne. „Es ist nie sehr schön im Schatten zu fliegen“, sagt Ferri. Der Grund: Ohne Sonne hat „BepiColombo“ keine Energie und ist ausschließlich auf seine Batterien angewiesen. Und im Schatten wird es sehr schnell kalt. „Deswegen müssen wir die Sonde vorheizen, was schon einige Tage vorher beginnt. Vielleicht brauchen wir mehr Strom für die Heizungen.“ Um 7.35 Uhr fliegt die Sonde zurück ins Sonnenlicht.

Mit an Bord des Raumfahrzeugs der europäischen Esa und der japanischen Jaxa sind mehrere wissenschaftliche Komponenten. So sollen unter anderem drei Kameras Bilder vom Anflug auf die Erde und beim Abflug vom Erde-Mond-System machen. Sternengucker können das Flugobjekt mit einem kleinen Teleskop beobachten, allerdings vor allem in der südlichen Breitengraden.

Und warum der Umweg um die Erde? „BepiColombo“ muss am Merkur mit einer ganz bestimmten Geschwindigkeit ankommen“, sagt Ferri. Nach dem Start habe sie zuviel Energie gehabt. „Sie muss bremsen.“ Deswegen fliegt die Sonde nicht nur einmal um die Erde, sondern auch noch zwei Mal an der Venus und sechs Mal am Merkur vorbei, um den Schub zu drosseln. Nach rund sieben Jahren Flugzeit und rund neun Milliarden zurückgelegten Kilometern wird „BepiColombo“ dann 2025 am Ziel der Reise sein. „Ohne die Manöver würde sie einfach am Merkur vorbeifliegen.“