Der Krieg in der Ukraine und die Energiewende bescheren den Herstellern von Speichertechnik zweistellige Umsatzzuwächse. Entsprechend optimistisch präsentiert sich die Branche auf der Messe Volta-X. Zugleich wünschen sich die Unternehmen mehr Unterstützung durch die Politik.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Energiespeicher haben Konjunktur. Seit 2020 verzeichnet die Branche in Deutschland jährliche Umsatzzuwächse von mehr als 30 Prozent. 2023 könnte es sogar ein Plus von knapp 40 Prozent auf dann rund 16 Milliarden Euro geben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage im Auftrag des Branchenverbandes BVES, die am Dienstag zu Beginn der Fachmesse Volta-X in Stuttgart vorgestellt wurde.

 

Der Ukraine-Krieg habe gezeigt, dass man schnell Probleme bekommen kann, „wenn die Energieversorgung an langen Pipelines hängt“, sagte BVES-Geschäftsführer Urban Windelen. „Wir brauchen ein resilientes Energiesystem, das dezentral funktioniert.“ Eine zentrale Rolle spiele dabei Strom aus erneuerbaren Quellen, der künftig auch verstärkt in der Industrie und im Mobilitätssektor genutzt werden soll. Anders werden sich die deutschen Klimaziele nicht erreichen lassen. Doch die Stromproduktion aus Wind und Sonne schwankt bekanntlich. Je weiter der Ökostromanteil von derzeit rund 50 Prozent steigt, desto wichtiger werden daher Speicher, mit denen sich Flauten und sonnenarme Zeiten überbrücken lassen.

Zauberwort Sektorkopplung

Zur Energiespeicherung gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Am bekanntesten sind Batterien, die Strom speichern und an etlichen Messeständen der Volta-X angepriesen werden. Energie lässt sich aber auch in Form von Wärme speichern oder als chemische Energie – etwa als grüner Wasserstoff, der mittels Ökostrom erzeugt wurde. Speicher sind auch wichtig für die sogenannte Sektorenkopplung, die in den nächsten Jahren ausgebaut werden soll. Gemeint ist damit die enge Verknüpfung zwischen den Bereichen Strom, Wärme, Verkehr und Industrie – mit dem Ziel der „Rundumversorgung mit erneuerbarer Energie“, so Windelen.

Fast zwei Drittel des Branchenumsatzes von gut zwölf Milliarden Euro entfielen 2022 auf private Haushalte, wo immer mehr Wärmespeicher und Stromspeicher stehen. Bei letzteren erzielten die Anbieter zuletzt einen Zuwachs von knapp 70 Prozent. Häufig würden die Speicherbatterien zusammen mit Photovoltaikanlagen installiert. Treiber seien dabei die hohen Energiekosten, aber auch das steigende Bedürfnis nach Versorgungssicherheit und Autarkie – etwa durch die Nutzung des eigenen Solarstroms für das E-Auto oder die Wärmepumpe im Keller.

Bald eine Million heimische Stromspeicher

Im Durchschnitt stellen sich Privatkunden eine Batterie mit 8,8 Kilowattstunden in den Keller. Die Akkus großer E-Autos sind oft fast zehn Mal so groß. Das Wachstum bei den Heimspeichern wird der Umfrage zufolge auch in diesem Jahr anhalten. Der Verband rechnet damit, dass die Marke von einer Million Heimspeichern erreicht wird. Was BVES-Chef Windelen besonders freut: Der Marktanteil deutscher Anbieter liegt bei mehr als 50 Prozent. Mittlerweile würden viele ihre Kapazitäten ausbauen, doch der Fachkräftemangel sei auch hier spürbar.

Im Industriesektor wächst die Nachfrage nach Speichertechnik nicht so schnell wie in den Haushalten. Allerdings seien die Planungs- und Genehmigungszeiten hier auch länger. Zudem hemme die Gaspreisbremse die Bereitschaft, in saubere Technologien zu investieren – etwa in die Speicherung von Prozesswärme. Auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen bremsten den Ausbau, so Windelen. Ein Beispiel sei das Ausschließlichkeitsprinzip, wonach Batterien, die von der EEG-Umlage befreit sind, ausschließlich mit Ökostrom gespeist werden dürfen. Das sei realitätsfremd und müsse dringend geändert werden, so sein Appell an die Politik.

Schnelladen ohne Überlastung der Netze

Speicher sollen künftig auch dafür sorgen, dass die Netze mit dem erwarteten schnellen Wachstum der Elektromobilität zurechtkommen. Die beim Schnellladen üblichen Ladeleistungen von teilweise 200 Kilowatt und mehr bringen eine hohe Spitzenbelastung der Verteilnetze mit sich. „Unser Ziel ist es, diese Lastspitzen zu glätten“, sagt Thomas Speidel, Chef der Nürtinger Firma ads-tec-Energy und Präsident des BVES.

Speidels Unternehmen, das an der US-Technologiebörse Nasdaq gelistet ist und an dem Bosch eine Beteiligung hält, zeigt auf der Messe ein System namens Charge Post. An dem Kasten, der etwa so hoch ist wie eine Litfaßsäule, können zwei E-Autos mit jeweils 150 Kilowatt Ladeleistung gleichzeitig Strom zapfen. Im Inneren steckt ein Lithium-Ionen-Akku mit bis zu 200 Kilowattstunden, der ständig nachgeladen wird und die Leistungsspitzen so gut abfedert, dass zur Versorgung laut Speidel ein normaler Hausstromanschluss genügt. Auf seitlichen Flachbildschirmen kann zudem Werbung gezeigt werden, was den Betreibern zusätzliche Einnahmen ermöglichen soll.

Energiespeicher im Fokus

Verband
 Der BVES vertritt nach eigenen Angaben mehr als 250 Mitgliedsunternehmen und Organisationen der Energiespeicherbranche. Einer aktuellen Analyse zufolge beschäftigte die Branche 2022 rund 20 000 Menschen. Ende 2023 könnten es etwa 24 000 sein. Gut die Hälfte der Unternehmen hat zwischen elf und 100 Beschäftigte.

Messe
 Auf der Volta-X, die zum ersten Mal stattfindet und noch bis Donnerstag dauert, präsentieren rund 70 Aussteller Produkte und Dienstleistungen rund um das Thema Energiespeicherung.