Eine Bürgerinitiative fordert eine Messstation für Stickstoffdioxid und Feinstaub an der B 10/27. Es gab zwar mal eine Messstation, aber die wurde nach einer Gesetzesänderung wieder abgebaut.

Stuttgart - Weniger Schadstoffe, weniger Lärm, weniger Staus und weniger Stress: „Das muss das gemeinsame Ziel für Stuttgart sein“, sagt Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Am Dienstag stellte er seinen Aktionsplan „Nachhaltig mobil in Stuttgart“ vor und betonte dabei, dass in der Landeshauptstadt weiterhin Feinstaub- und Stickoxid-Grenzwerte überschritten werden. „Wir reden hier über hochgiftige und krebserregende Stoffe.“ Da stehe jeder Einzelne mit in der Verantwortung, auch ganz persönlich seinen Beitrag für eine saubere Luft zu leisten.

 

Der Zuffenhäuser Joseph Michl setzt sich seit Jahren an verschiedenen Stellen in Stuttgart genau für die Ziele ein, die der Oberbürgermeister nun formuliert hat. Unter anderem kämpfte er erfolgreich gegen den Nord-Ost-Ring.

Zehn Messstellen weniger als zuvor

Als Mitglied der Schutzgemeinschaft Krailenshalde befasste sich Michl in der jüngsten Vergangenheit vor allem mit der hohen Luftbelastung in Zuffenhausen. Der Verkehr mit täglich rund 63.000 Fahrzeugen auf den Bundesstraßen 10 und 27, die mitten durch den Bezirk führen, sorge regelmäßig für Grenzwertüberschreitungen beim Feinstaub und Stickstoffdioxid. Durch den Bau des Rosensteintunnels werde sich die Situation sogar noch verschlimmern. In welchem Maße das der Fall sein wird, darüber sind Stadtverwaltung und Michl unterschiedlicher Meinung. Dass es auf diesem Abschnitt der Bundesstraßen aber zu einer Verkehrszunahme kommt, ist unumstritten. Deshalb wundere er sich auch, sagt Michl, dass die Luftmessstation an der Frankenstraße im Jahr 2011 abgebaut wurde, obwohl sie damals von mehr als 40 Luftmessstationen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) die höchste Belastung aufgewiesen habe.

Nachgefragt bei der LUBW heißt es, dass man aufgrund neuer EU-Richtlinien, die seit 2010 auch in Deutschland gelten, das Messnetz verändert habe. In Baden-Württemberg benötige man mittlerweile zehn Messstellen weniger als zuvor. Aus Kostengründen habe man dann auch diese Anzahl an Stationen stillgelegt. „Bei allen ausgewählten Messstellen, die abgebaut wurden, waren aber in den Jahren zuvor keine Überschreitungen von geltenden Grenzwerten aufgetreten.“ Das gelte auch für den Standort Frankenstraße. „Diese Aussage ist falsch“, sagt Michl. Ein Blick ins Zahlenmaterial der LUBW gibt ihm recht. Die Messungen in Zuffenhausen zeigen, dass zwischen 1999 und 2010 regelmäßige Grenzwertüberschreitungen beim Stickstoffdioxid aufgetreten sind. Konfrontiert mit den eigenen Ergebnissen korrigiert sich die LUBW. „In der Tat“, sagt Wilfried Weiß, Leiter des Referats Luftqualität. „Im Bereich Stickstoffdioxid hat es in Zuffenhausen Überschreitungen gegeben. Das muss ich zugeben.“ Allerdings gebe es Stationen in Stuttgart, an denen weitaus höhere Werte gemessen wurden und auch noch werden – und zwar an den sogenannten Spotmessstellen, die für eine gewisse Zeit an viel befahrenen Straßen eingerichtet werden. Am Arnulf-Klett-Platz, an der Hohenheimer Straße und Am Neckartor sei das der Fall. Deshalb habe man diese Stationen auch beibehalten. Dann auch noch den Standort Zuffenhausen in Betrieb zu lassen, sei unmöglich gewesen. „Aufgrund der Gleichbehandlung der Ballungsräume in Baden-Württemberg mussten wir auch eine Messstation in Stuttgart stilllegen“, sagt Weiß.

„Vom Messen allein, wird die Luft eh nicht besser“

Ulrich Reuter, der Leiter der Abteilung Stadtklimatologie beim Amt für Umweltschutz der Stadt Stuttgart, kann die Entscheidung der LUBW nachvollziehen: „Vom Messen allein, wird die Luft eh nicht besser.“ Zudem gebe es in Stuttgart an allen Hauptstraßen Schadstoffberechnungen, die ein viel dichteres Messnetz ergeben würden, als das der LUBW.

Allerdings werden diese städtischen Messungen nicht wirklich durchgeführt, sondern basieren auf Berechnungen. „Es ist ein physikalisches Modell, in dem unter anderem die Menge der Pkw und Lkw eine Rolle spielen. Auch die Geschwindigkeitsbegrenzungen, der Verkehrsfluss und die Art der Bebauung entlang der Straße werden miteinbezogen“, sagt Reuter. Für den Abschnitt der Bundesstraßen 10 und 27 in Zuffenhausen ergebe die Berechnung, dass im Jahresdurchschnitt die Stickstoffdioxid-Werte an der Grenze liegen. Zudem: „Beim Feinstaub sind 35 Überschreitungstage erlaubt. An dieser Stelle haben wir 15 bis 20“, sagt Reuter, dem auch Zahlen über die Luftbelastung an der Siemensstraße in Feuerbach vorliegen. An dieser Stelle sind die Werte laut Umweltamt sogar noch etwas schlechter als in Zuffenhausen. Bei einem Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Stickstoffdioxid lägen die Berechnungen der Stadt im Jahresdurchschnitt genau an der Grenze oder sogar bis zu fünf Mikrogramm pro Kubikmeter darüber. Zudem würden an 25 Tagen die Feinstaubwerte überschritten.

„Die übrigen Messstationen reichen aus“

Zwischen 2004 und 2008 gab es auch an der Siemensstraße, auf der rund 22.000 Fahrzeuge pro Tag unterwegs sind, eine Spotmessstelle. „Um Messkapazitäten für andere Ballungsräume und hochbelastete Straßenabschnitte in anderen Landesteilen frei zu bekommen, war es aber notwendig im Stadtgebiet Stuttgart die Zahl der Messstellen zu reduzieren“, sagt Weiß. Auch die Station in Feuerbach fiel weg.

Die LUBW-Pressestelle teilt aber mit, dass die übrigen Messstationen im Großraum Stuttgart ausreichen würden, um die Luftqualität in der Landeshauptstadt zu beurteilen. Damit will sich Joseph Michl nicht begnügen: „Wir können nicht akzeptieren, dass an den höchstbelasteten Stellen nicht mehr gemessen wird. Deshalb werden wir auch von den Bundestagskandidaten fordern, die Luftmessstation in Zuffenhausen wieder einzurichten.“ Allerdings solle sie dann näher an den Bundesstraßen liegen – beispielsweise an der Burgunder- oder der Unterländer Straße.