Die Basketballer der MHP Riesen Ludwigsburg verabschieden sich in eine Länderspiele: Zeit genug, um noch zwei dringend nötige Nachverpflichtungen zu suchen. Eine Handvoll Spieler musste schon gehen.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Ludwigsburg - Also den Busfahrer mussten Ludwigsburgs Basketballer noch nicht einsetzen – so werden in der Szene Spieler genannt, die den Kader auffüllen, um eine vorgeschriebene Quotenregelung zu erfüllen. Doch beim Auswärtsspiel der Champions Legaue am Mittwoch in Novgorod (76:74) kamen die MHP Riesen in die Bredouille, nachdem der US-Amerikaner Lamont Jones aus „bürokratischen Gründen“ (wohl Passprobleme) nicht dabei sein konnte. Damit nicht genug: Zuvor war ein weiterer Platz im Flieger leer geblieben, der von Trevor Mbakwe. Der Vertrag mit dem Center war vergangenen Freitag aufgelöst worden, in beiderseitigem Einvernehmen wie es so schön heißt.

 

Als sein Agent auf den Verein zukam und sagte der Spieler wolle künftig wieder in den USA leben, „haben wir nicht lange gezögert“, sagt Ludwigsburgs Vorsitzender Alexander Reil. Zumal damit ein Spitzenverdiener wegfiel. Allerdings fehlt auf der so wichtigen Center-Position nun schon die zweite feste Größe, nachdem der als Königstransfer angedachte Bogdan Radosavljevic schon vor einiger Zeit den Club in Richtung Ulm verlassen hat, wo er zunächst einen Vertrag bis Jahresende besitzt. Der Wandervogel (Bayern, Berlin, Tübingen) wollte sich eigentlich unter Trainer John Patrick durchbeißen, doch das ging schief, die Chemie stimmte nicht. Diese zwei Personalien verdeutlichen die Probleme, die einige Profis offensichtlich mit Patrick haben, der sinngemäß mal so zitiert worden ist: „You go my way or go to the highway.“ Soll heißen, der Spieler geht seinen Weg mit oder er landet auf dem Abstellgleis. Der 50-Jährige gilt als Disziplinfanatiker und duldet nur wenig Widerspruch.

Lamont Jones rehabilitiert sich

Der Erfolg gibt Patrick recht, er führte in den vergangenen fünf Jahren den Abstiegskandidaten regelmäßig in die Play-offs, betont aber stets: „Zunächst einmal geht es für uns immer um den Klassenverbleib.“ Doch die Ansprüche steigen, erst recht nach dem fast schon sensationellen dritten Platz in der Vorsaison. Der wiederum weckte bei etlichen Spielern Begehrlichkeiten, so dass sie lukrativere Angebote annahmen. Im Gegenzug kamen elf Neue. Da funktioniert die Integration nicht von heute auf morgen. Doch dieses Mal kamen interne Probleme dazu. Von den ursprünglich verpflichteten Spielern sind eine Handvoll wieder weg: Neben den beiden Centern noch Hayden Dalton, Jeff Ledbetter sowie Thomas Wilder. Hire and fire – heuern und feuern.

Hinzu kam der Spezialfall Lamont Jones: Von Patrick aussortiert und dann nach Saisonbeginn begnadigt. Dass der 28-Jährige zuletzt regelmäßig Topscorer war, deutet zumindest darauf hin, dass Patrick mit seiner ursprünglichen Einschätzung nicht ganz richtig lag, auch wenn dies korrigiert wurde. Doch alles hat seine Grenzen. Die BBL lässt während der Saison insgesamt nur vier Nachverpflichtungen zu. Die Hälfte davon ist schon ausgeschöpft mit eben Jones sowie Donatas Sabeckis.

Erstmals ein Litauer

Der Litauer ist noch ein Beispiel für Patricks Zick-zack-Kurs, denn er ist gefühlt der erste Osteuropäer, den er verpflichtet hat, weil der Coach sonst bei den Ausländern strikt auf Landsleute setzte, wobei es schwieriger wurde aus der G-Legaue (NBA-Farmteams) Talente zu bekommen, weil das Gehaltsniveau dort angezogen hat.

Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass das Scouting Patricks im Sommer, vorsichtig ausgedrückt, suboptimal war. Chef Reil drückt sich diplomatisch aus. „Die ursprüngliche Auswahl der Spieler ist schon mal besser vonstatten gegangen als dieses Jahr.“ Das muss der Verein jetzt ausbaden, „aber wir werden keine Schnellschüsse machen.“ Die zwei Zugänge müssen sitzen. Reil: „Priorität hat die Suche auf der Position vier oder fünf.“ Also bei einem großen Spieler, nachdem der verbliebene Center Owen Klassen zuletzt mit Knieproblemen auf die Zähne beißen musste.

Zudem braucht es eine weitere Alternative: Malcolm Hill fällt mit Kreuzbandriss für den Rest der Saison aus, Konstantin Klein (Innenbandriss) für einige Wochen. Somit gehen vor allem die deutschen Spieler aus. Sechs dürfen in der Liga auf dem Spielbericht stehen, vier müssen. Aktuell sind nur drei fit, der Rest muss mit Nachwuchsakteuren aufgefüllt werden. Wie Quirin Emanga. Der 18-jährige spielte in Russland 15 Minuten – und darf auf weitere Einsatzzeiten hoffen. Vielleicht machen die Riesen aus der Not ja noch eine Tugend, bevor der Busfahrer ran muss.