Für US-Präsident Biden entscheidet sich bei den Zwischenwahlen, wie viel er noch erreichen kann. Umfragen hatten eine sogenannte rote Welle für die Republikaner vorhergesagt. Es könnte aber sein, dass sich die Demokraten deutlich besser behaupten als erwartet.

Bei den Zwischenwahlen in den USA ist nach der Schließung der Wahllokale in zahlreichen Bundesstaaten weiter offen, welche Partei künftig im US-Kongress das Sagen haben wird. Ein zuletzt vorhergesagter überwältigender Sieg der Republikaner zeichnete sich aber bis zum späten Dienstagabend (Ortszeit) nicht ab.

 

Im US-Bundesstaat Florida konnte der Republikaner Ron DeSantis aber bereits einen großen Erfolg für sich und seine Partei einfahren: Der 44-jährige wurde in dem Bundesstaat im Südosten des Landes überzeugend als Gouverneur wiedergewählt. DeSantis gilt innerparteilich als größter Rivale von Ex-Präsident Donald Trump.

Bei den „Midterms“ in der Mitte der vierjährigen Amtszeit von Präsident Joe Biden werden alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus neu vergeben und 35 der 100 Sitze im Senat, der zweiten Kammer des US-Parlaments. Die Republikaner müssten netto einen Sitz im Senat und fünf Sitze im Abgeordnetenhaus hinzugewinnen, um in beiden Kammern eine Mehrheit zu haben. Im Repräsentantenhaus haben die Republikaner deutlich bessere Chancen, ihren derzeitigen Rückstand von 212 zu 220 Stimmen umzukehren. Auch über zahlreiche Gouverneursposten und andere wichtige Ämter in den Bundesstaaten wird bei den Wahlen abgestimmt.

Republikaner bisher ohne Erfolgswelle

Viele wichtige Abstimmungen - etwa im Senat - waren am späten Abend noch offen. Dass sich die Auszählung länger hinziehen dürfte, war erwartet worden. Umfragen hatten eine sogenannte rote Welle und damit einen deutlichen Sieg für die Republikaner vorausgesagt. „Es ist sicher keine Welle. Aber ich denke, es wird eine sehr gute Nacht“, sagte der republikanische US-Senator Lindsey Graham im US-Fernsehen.

Die Demokraten von US-Präsident Biden verteidigten zum Beispiel im Abgeordnetenhaus zwei hart umkämpfte Sitze im Bundesstaat Virginia. Die beiden Amtsinhaberinnen Abigail Spanberger und Jennifer Wexton wurden wiedergewählt. Beobachter sahen dies als einen wichtigen Indikator für das Abschneiden der Republikaner. Es ist ihnen laut US-Sendern zum Beispiel auch nicht gelungen, wichtige Senatsrennen wie etwa in New Hampshire für sich zu entscheiden.

Fest stand aber bereits, dass die Republikaner vor allem in Florida gut abschnitten. Dort wurde Gouverneur DeSantis klar wiedergewählt. Ex-Präsident Trump hatte DeSantis am Dienstag noch gedroht, falls dieser 2024 ins Rennen ums Weiße Haus einsteigen sollte. Er könne über DeSantis „Dinge erzählen, die nicht besonders schmeichelhaft sind“, sagte er im US-Fernsehen. Trump hatte am Montag für den 15. November eine „sehr große Mitteilung“ angekündigt. Es ist davon auszugehen, dass er seine schon seit langem angedeutete Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024 ankündigen will.

DeSantis hat Rückenwind durch klaren Sieg

DeSantis wird nachgesagt, ebenfalls für die Republikaner als Kandidat antreten zu wollen. Der klare Sieg in Florida dürfte ihm Rückenwind geben. Noch im Jahr 2018 hatte er das Gouverneursrennen dort nur mit einem knappen Vorsprung gewonnen. Florida gilt als ein sogenannter „Swing State“, in dem die Wählerinnen und Wähler mal die Republikaner und mal die Demokraten bevorzugen.

Trumps Einfluss auf die Republikaner ist ungebrochen groß. In etlichen US-Bundesstaaten gewannen von Trump unterstützte Kandidaten. So wurde der republikanische Bestseller-Autor J.D. Vance für den US-Bundesstaat Ohio in den US-Senat gewählt. Vance hatte sich vor einigen Jahren noch kritisch über Ex-Präsident Donald Trump geäußert - dann vollzog er jedoch eine Kehrtwende.

Im US-Bundesstaat Arkansas wird eine frühere Sprecherin des Weißen Hauses unter Trump, Sarah Huckabee Sanders, neue Gouverneurin. Die Republikanerin ist treue Anhängerin des Ex-Präsidenten. In Texas gewann die Gouverneurswahl wie erwartet erneut der Republikaner Greg Abbott. Aber auch die Demokraten konnten Gewinne verbuchen. In Massachusetts und Maryland haben sie Gouverneursämter von den Republikanern zurückerobert. In Pennsylvania setzte sich der Demokrat Josh Shapiro gegen den glühenden Trump-Anhänger Doug Mastriano durch. Die Position des Gouverneurs eines Bundesstaats ist in etwa vergleichbar mit einem Ministerpräsidenten in Deutschland.

Präsidenten-Partei bekommt Denkzettel

Bei den Zwischenwahlen bekommt die Partei des Präsidenten üblicherweise einen Denkzettel verpasst. Biden hatte innenpolitisch zuletzt die hohe Inflation im Land sehr zugesetzt - auch steigende Spritpreise sorgten für Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Bei einer Nachwahlumfrage nannte rund ein Drittel der Befragten Inflation als wichtigstes Thema für die Wahlentscheidung. An zweiter Stelle mit 27 Prozent gaben die Menschen demnach das Thema Abtreibung an.

Sollten die Republikaner die Kontrolle im Kongress übernehmen, dürfte die zweite Hälfte von Bidens Amtszeit von Blockaden und parteipolitischen Kämpfen geprägt sein. Sollten die Republikaner eine oder beide Kongresskammern erobern, könnte Biden ab Januar wohl keine größeren Gesetzesinitiativen mehr durchsetzen. Außerdem könnten ihm und seiner Regierung in dem Fall parlamentarische Untersuchungen bis hin zu Amtsenthebungsverfahren drohen.