Experten haben in einer Diskussionsrunde von Volkshochschule und des Rotary Club Stuttgart-Rosenstein Möglichkeiten einer gelingenden Integration ausgelotet. Dabei ging es auch um sehr persönliche Erfahrungen.

Jeder zweite Einwohner in Stuttgart hat einen Migrationshintergrund, bei den Grundschulkindern überwiegt die migrantische Herkunft bereits. Die Stadt verzeichnet jährlich bis zu 20 000 Neuankömmlinge aus der ganzen Welt, aus der Ukraine sind im vergangenen Jahr 8000 Flüchtlinge eingetroffen. Das wirft Fragen nach der Integration auf. „Wie können wir gut zusammenleben“, stellte Dagmar Mikasch-Köthner, Direktorin der Stuttgarter Volkshochschule, die entscheidende Frage, als die VHS zusammen mit der Abteilung Integrationspolitik der Stadt und dem Rotary Club Stuttgart-Rosenstein am Donnerstag zur Podiumsdiskussion zum Thema „An(ge)kommen!? Was macht gute Integration in Stuttgart aus?“ ins Rotebühlzentrum lud.

 

„Wir brauchen diese Leute. Überall fehlen Arbeitskräfte.“

„Allein das Publikum hier beweist, wie vielfältig Stuttgart ist“, stellte Jan Sellner, Redakteur von Stuttgarter Nachrichten und Stuttgarter Zeitung, im voll besetzten Robert-Bosch-Saal als Moderator des Gesprächs mit äußerst kompetenten und praxiserfahrenen Gesprächspartnern fest. Wie Gari Pavkovic, der als Psychotherapeut schon die traumatisierten Flüchtlinge aus Bosnien betreute und Leiter der Abteilung Integrationspolitik der Stadt ist. „Die Stadt hat viel gelernt im Umgang mit Flüchtlingen“, bescheinigte er der Kommune. Sie handle pragmatisch, finanziere die Deutsch-Kurse, die Menschen dürften arbeiten, „denn wir brauchen diese Leute, es fehlen überall Arbeitskräfte“. Und Migranten bräuchten die Möglichkeit, ihr Leben selbst zu gestalten. „Für den Erfolg müssen Qualifikation und Bedarf zusammenpassen“, relativierte Sandra Kostner, die als Geschäftsführerin des Masterstudiengangs Interkulturalität und Integration an der PH Schwäbisch Gmünd entsprechende Projekte der Stadt Stuttgart wissenschaftlich begleitet hat.

„Den Zuwanderern zur Sprachkompetenz verhelfen“

Ein großartiges Beispiel für Qualifikation und erfolgreiche Gestaltung des Lebens ist Renata Delic, die Leiterin des Programmbereichs Deutsch und Integration bei der VHS. Sie kommt aus Bosnien und war wiederum die Starschülerin im Deutschkurs bei Mari Bonis, die den Migrationsdienst für Erwachsene bei der Evangelischen Gesellschaft (Eva) leitet. „Wir müssen die Menschen so schnell wie möglich hier auffangen und ihnen zur Sprachkompetenz verhelfen, die für einen deutschen Pass nötig ist“, sagte Renata Delic. Aber der Druck auf diese Menschen sei oft groß: „Es fehlen Wohnungen, es fehlen Kita-Plätze und genügend Lehrkräfte.“

Ein großes Potential an ehrenamtlichem Engagement bescheinigte Marina Silverii den Stuttgarter Bürgern. Wie der Freundeskreis Flüchtlinge Stuttgart West, in dem sie selbst aktiv ist, hätten sich 2014 in allen Stadtteilen solche Initiativen zusammengefunden. Die Pandemie habe zwar Lücken gerissen, doch der Einsatz für die Flüchtlinge aus der Ukraine zeige wieder die außerordentliche Einsatzbereitschaft.

Wie also gelingt gute Integration? „Wir müssen den Menschen das Gefühl der Zugehörigkeit und die Möglichkeit der Teilhabe geben“, betonte Maria Bonis.