Baden im Stuttgarter Mineralwasser ist ein Hochgenuss – normalerweise. Ein Leuze-Besucher erlebte statt Badelust nun allerdings Badefrust. Und das vor Betreten des Bades.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Die Geschichte ist schnell erzählt: An einem warmen Julitag – solche Tage gab’s in diesem Jahr tatsächlich auch – machte sich Karl K. erwartungsvoll auf den Weg ins Mineralbad Leuze. Seinen Badebesuch hatte er übers Internet gebucht und bezahlt und sich für das zweite von drei Zeitfenstern entschieden: zwischen 11.30 und 15.30 Uhr wollte er baden gehen. Als Karl K. am Leuze eintraf, blickte er auf eine lange Warteschlange, die nach seiner Schätzung aus etwa 500 Personen bestand. Eine Stunde, so vermutete Karl K., würde es dauern, bis er im Bad war. „Unzumutbar“, fand er und machte auf dem Absatz kehrt. Erbost forderte er vom Bäderamt das Eintrittsgeld zurück – 9,50 Euro. Eine Mitarbeiterin äußerte zwar Verständnis für seinen Ärger, nicht jedoch für seine Rückforderung. Das veranlasste Karl K., den ersten Leserbrief seines Lebens zu schreiben. Denn: „Ich glaube, dass andere Badegäste sich diese Wartezeit auch nicht gegeben haben.“

 

„Wir haben keine befriedigende Lösung“

Was sagt das Bäderamt dazu? Jens Böhm, dem Sprecher, sind solche Beschwerden bekannt: „Bei unserem momentanen Einlassmodus im Leuze lässt sich eine Schlangenbildung leider nicht ganz vermeiden. Wir haben keine befriedigende Lösung dafür.“ Gemeint ist die Regelung, dass für das Baden jeweils ein bestimmtes Zeitfenster zur Verfügung steht. Dazwischen wird das Bad entsprechend den Corona-Vorgaben gereinigt. Da das Bad erst im Anschluss geöffnet werden könne, müssten Badegäste mit und ohne E-Ticket gemeinsam vor dem Bad warten, erklärt Böhm. Beim Einlass teilten sich dann die Besucherströme. Badbesucher mit einem E-Ticket kämen rasch ins Bad. Wer ein Tickt an der Kasse kaufe, müsse wegen der vorgeschriebenen Registrierung etwas länger warten. Den eigentlichen Grund für die teilweise lange Wartezeit sieht Böhm jedoch darin, „dass viele Gäste schon bis zu einer Stunde vor Beginn ihres Zeitfensters vor dem Eingang anstehen“. Nach der Öffnung löse sich die Schlange erfahrungsgemäß schnell auf: „Im Inselbad haben wir einmal die Zeit gestoppt und haben 400 Gäste in 20 Minuten ins Bad bekommen“, sagt Böhm.

Pro Zeitfenster dürfen 700 Gäste im Leuze baden

Karl K. hat einen Vorschlag. Er regt einen gestaffelten Einlass an, „sodass zum Beispiel alle 30 Minuten 50 Personen zum Zug kommen“. „Das funktioniert wegen der Reinigungspause leider nicht“, sagt Bädersprecher Böhm. Ein anderer Badegast, Peter J., regt an, die Zeitfenster ganz abzuschaffen: „Dann würden sich die Besucher über den Tag hinweg besser verteilen.“ „Das wäre grundsätzlich eine gute Lösung“, meint Böhm. „Wir haben dies bereits diskutiert. Einzig die Tatsache, dass die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie unvorhersehbar ist, hindert uns an der Umsetzung.“ Würde die Sieben-Tage-Inzidenz auf über 35 steigen, müssten die Besucherkontingente nämlich wieder halbiert werden: „Wir wollen das System für unsere Gäste aber nicht öfter als nötig ändern.“

Aktuell dürfen pro Zeitfenster 700 Personen ins Bad. Das führt auch schon mal dazu, dass Abstände nicht eingehalten werden. Badegast Peter J. berichtet davon, dass sich an manchen Tagen Dutzende Badegäste im warmen Sitz- und Liegebecken drängen. Die Erklärung von Bädersprecher Böhm: „Wenn das Wetter schlechter ist, verteilen sich die Gäste meist nicht gleichmäßig auf den Innen- und Außenbereich.“ Das Personal werde künftig verstärkt darauf achten, dass die notwendigen Abstände eingehalten werden und sich nicht zu viele Besucher im Becken aufhalten.

Das Bäderamt lehnt eine Kostenerstattung ab

Bleibt das Thema Kostenerstattung. Da sei leider nichts zu machen, sagt Böhm. Wer wann wie lange auf den Einlass gewartet habe, lasse sich im Einzelfall nicht nachprüfen. Der Bädersprecher verweist auf die aktuell günstigen Tarife: „Wir gewähren den Badegästen derzeit ein vierstündiges Zeitfenster zum Preis des Zwei-Stundentarifs.“ Karl K. ist damit nicht zufrieden. Sein Standpunkt: „Sie verkaufen mir einen Badeaufenthalt von 11.30 bis 15.30 Uhr, können den Vertrag aber nicht erfüllen und sind damit zum Schadensausgleich verpflichtet.“ – Eine Möglichkeit, die Warteschlangen zu umgehen, ist übrigens das Frühaufstehen. Wer sich für die Zeit von 6 und 10 Uhr einbucht, muss nach den bisherigen Erfahrungen nicht warten.

Zeitfenster

Öffnungszeiten
Das Mineralbad Leuze bietet täglich drei Zeitfenster an: montags bis sonntags jeweils von 6 bis 10 Uhr, von 11.30 bis 15 Uhr und von 17 bis 21 Uhr. Der Eintritt beträgt 9,50 Euro, ermäßigt 7,60 Euro. Auf der Internetseite der Bäderbetriebe finden sich Erklärvideos zum E-Ticket-System, wie man sich registriert und wie man ein Ticket bucht. Weitere Infos zum Leuze finden sich hier.