Auch wer im Mikro-Apartment oder einem Tiny House lebt, möchte sich wohlfühlen. Aber wie? Tricks und kluge Einrichtungsstrategien fürs behagliche Wohnen auf kleiner Fläche.

Bauen/Wohnen/Architektur : Nicole Golombek (golo)

Wohnraum ist nicht nur knapp, sondern auch teuer. Und mancher überlegt, ob es nicht möglich ist, auch in einem kleineren Apartment oder gar in einem Tiny House glücklich zu werden. Minimalismusfreunde haben keine Probleme damit, solche Mikrobehausungen so einzurichten, dass nicht alles zugestellt wird, sie beschränken ihre Habe auf das absolut Notwendigste.

 

Ob man sich nun von einer Villa in eine Dreizimmerwohnung verkleinert oder in eine 30-Quadratmeter-Mikrobehausung oder ein Wohngemeinschaftszimmer umzieht – mit wenig auszukommen heißt nicht, ungemütlich hausen zu müssen. Doch wie ist das zu schaffen?

Weniger ist mehr

Wer das Wohnen auf wenig Platz plant, sollte zunächst überlegen, welche Möbel wirklich gebraucht werden. Denn selbst eine große Wohnung wirkt, wenn sie mit zu vielen Tischen und Stühlen vollgestellt ist, eng und kleiner als sie ist. Kann man zum Beispiel am Esstisch auch mal arbeiten oder ist der zusätzliche Schreibtisch doch nötig? Falls ja, könnte ein Wandregal mit ausklappbarem Element eine Lösung sein.

Muss es die klassische Zweier-, Dreiercouch plus Sessel sein? Vielleicht kann man ganz auf eine Sofalandschaft verzichten, weil die Gäste ohnehin immer am gemütlichen Esstisch sitzen. „Eine Sofaecke ist verzichtbar, aber ein schöner Sessel und ein ordentlicher Esstisch müssen sein. Da findet viel mehr statt als auf einem Sofa. Der Essplatz ist der zentrale Punkt des Lebens“, sagt auch Architekt Fabian Freytag, der in Berlin bereits mehrere preisgekrönte Interiors auf wenig Platz gestaltet hat.

Multifunktionale Möbel

Oder man verzichtet auf ein Bett und schafft sich stattdessen ein aufklappbares Schrankbett oder ein gutes Ausziehsofa an – das Bettzeug findet dann womöglich einer Truhe Platz, die zugleich als Sitzgelegenheit funktioniert. In einer Einzimmerwohnung ist das sinnvoll, aber auch wenn man noch einen Raum mehr zur Verfügung hat, ihn aber nicht nur nachts als Schlafplatz nutzen will, sondern auch tags als Lese- oder Arbeitszimmer zum Beispiel.

Beistelltische wiederum lassen sich oft doppelt auch noch als Hocker verwenden. Und tragbare kleine Leuchten dienen sowohl als stimmungsvolles Licht im Wohnbereich als auch am Bett als Leselampe. Bei Esstischen lohnt es, ausziehbare Exemplare zu wählen, falls doch einmal mehr Gäste als gewöhnlich zu Besuch sind.

Und ist die Küche sehr klein, kann man eine mobile Arbeitsplatte über die Spüle legen. Rollbare Elemente wie Barwagen lassen sich ebenfalls multifunktional verwenden.

Wer es sich leisten kann, schafft Stauraum durch Einbaumöbel. So lassen sich Schrägen nutzen oder bei Altbauten in die Höhe gebaut werden, oben lagern dann Dinge oder Kleidung, die man nicht so oft braucht oder im jahreszeitlichen Wechsel nutzt (Winter- und Sommerkleidung etwa).

Interiorspezialistin Ute Laatz rät: „die Einbeziehung von Durchgangsbereichen wie dem Flur oder die Integration einer zweiten Ebene für ein Hochbett sind gute Ideen für den optimalen Platzgewinn.“ Sie stellt in dem Bildband „Das große Wohnbuch“ im Callwey-Verlag auch ein Wohnbeispiel vor, bei dem die Treppenstufen auch noch als Bücherregal genutzt werden.

Achtung, Farbe!

Nichts gegen eine Villa Kunterbunt, aber dann sollte sie auch so geräumig sein wie die von Pippi Langstrumpf, sonst wird’s unangenehm unordentlich. Experten raten zu einem reduzierten Grundton mit einem, bis zwei Farben, also beispielsweise Weiß an den Wänden und bei den Möbeln, rosa und gelbe Kissen, Teppiche oder Vorhänge. Oder strenges Schwarz-Weiß und dazu ein kräftiger Ton – Pink, Gelb oder Kobaltblau bei Möbeln und Teppichen.

Puristen achten auch auf Farben bei ihren Bücherregalen. Die einen ordnen nach Farben, dann gibt’s eventuell eine Regenbogenoptik, die anderen versehen die Bücher mit Schutzumschlägen in einer einzigen Farbe.

Accessoires ordnen

Wer seine Kerzen, Blumenvasen, Bilder, Pflanzen behalten will, stellt sie in Gruppen zusammen – zum Beispiel auf einem Sideboard oder auf dem Fensterbrett. Nicht alles lässt sich in Schränken deponieren – Boxen für Schlüssel und Krimskrams in der Diele, auf dem Schuhschrank arrangiert, sorgen für Ordnung – eine Alternative ist ein Wandregal oder -schränkchen.

Im Badezimmer packt man Tuben, Tiegel und Fläschchen am besten zusammen in eine Utensilien-Box, zum Beispiel aus Filz oder aus Rattan. Gerade in kleinen Bädern wichtig – sich auf wenige Farben etwa bei Handtüchern und Accessoires beschränken.

Kissen auf dem Bett, Sofa oder Sessel? Ja, aber nicht zu viele, gern genommen ist ein Mix aus geometrischen und floralen Mustern zum Beispiel. Material lässt sich gut mixen, Leinen, Seide, Samt.

Wertige Details

Designfans obacht – pro Raum sollte es nicht mehr als ein bis zwei prägende Möbel, Leuchten oder Accessoires geben, damit sie sich nicht gegenseitig die Show stehlen. Gerade wenn wenige Möbel nötig sind, kann man günstige Basics mit einem oder zwei hochwertigen Einzelstücken kombinieren – und wenn es das eigene Daheim ist, lohnt es, etwa ein kleines Badezimmer durch hochwertige Fliesen aufzuwerten und im Wohnraum ist „der edle Parkettboden bei der auszulegenden Fläche eher bezahlbar. Und eine edle Textil- oder Motivtapete wertet den Eingangsbereich auf, ohne gleich Unsummen zu verschlingen“, wie Ute Laatz rät.

Inspirierende Vorbilder

Inspirieren kann auch ein Blick in gute Bildbände. In „Pretty Small“ von Gestalten werden Einrichtungsideen weltweit vorgestellt. Darunter punktet zum Beispiel ein Interieur mit Einbauten. Das Shoji Apartment in London von Proctor und Shaw ist 29 Quadratmeter klein, überzeugt mit einer hellen, kunstvoll improvisierten Optik.

Hier wurde der Bettbereich ins Vertikale hinaufgebaut, mit Birkensperrholz und halb durchsichtigen Elementen, Polycarbonat-Trennwänden gearbeitet – geborgt von der Tradition der japanischen verschiebbaren Raumteiler, Shoji genannt.

Eine innovative Lösung, um bei einer so herausfordernden Raumgröße funktional alles unterzubringen, was ein normales Apartment braucht – samt Walk-in-Dusche. Helle Einbauten, sanfte Farben sorgen hier für Ruhe im Raum.

Beim Bildband „Pretty Small“ hält der Titel Wort, die vorgestellten Wohnbeispiele sind ziemlich klein und zeigen jede Menge feiner Lösungen. In einem Einzimmer-Apartment kann man mit Zonierungen durch Teppiche die Wohn- und Schlafbereiche voneinander abtrennen – oder durch verschiedene Wandfarben markieren.

Mit trennenden Vorhängen oder Möbeln, die von beiden Seiten bespielbar sind (offene Regale zum Beispiel oder Paravents) lässt sich ein Raum ebenfalls inszenieren und strukturieren.

Luft lassen

Insgesamt lässt sich beobachten, je weniger vollgepackt mit Möbeln und Dingen solche Mikrowohneinheiten sind, desto größer wirken sie. Wohnexpertin Ute Laatz: „Freie Flächen erwecken auch auf kleinem Raum den Eindruck von Weitläufigkeit.“

Wählt man dann auch noch Möbel wie Sideboards mit filigranen Füßen oder eher zierliche Sessel unterstützt dies noch das Gefühl von Luftigkeit und Größe. Bringt man zudem einen Spiegel gegenüber eines Fensters an, vergrößert das den Raum optisch auch noch. Und so unterschiedlich kleine Prunkkammern sein können, vor dem Einzug heißt es: ausmisten, sich trennen von Ballast. Das kann eine Befreiung sein – und für Gemütlichkeit sorgen.

Buchtipp

Pretty Small
Der mit interessanten Texten und Bildern versehene Bildband „Pretty Small“ mit dem Untertitel „Grand Living with Limited Space“ ist erschienen im Verlag Gestalten (255 Seiten, 39,90 Euro)