Deutschland will ukrainischen Flüchtlinge helfen. So viel war schnell klar. Weniger klar und heftig umstritten: Wer dabei was bezahlen soll. Jetzt gibt es eine Verständigung zwischen Bund und Ländern.

Nach zähen Verhandlungen über viele Stunden haben sich Bund und Länder bei der Verteilung der Kosten für die Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge auf einen Kompromiss geeinigt. Dies teilten die Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, Manuela Schwesig und Dietmar Woidke (beide SPD), am späten Donnerstagabend nach dem Ende der Beratungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und den Länderchefs in Berlin mit.

 

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Nach Angaben Woidkes sollen Geflüchtete aus der Ukraine wie anerkannte Asylbewerber finanziell unterstützt werden. Das bedeutet, dass sie die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger erhalten sollen. Der Bund will laut Scholz die Kommunen bei den Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge im laufenden Jahr mit 500 Millionen Euro unterstützen. Woidke sagte, an den im laufenden Jahr bereits in den Ländern entstandenen Kosten werde sich der Bund mit einem Betrag von 500 Millionen Euro beteiligen. An den Kosten für die Integration in Kita oder Schule will sich der Bund mit einem Betrag von 1 Milliarde Euro beteiligen. Schwesig äußerte sich in verkürzter Form ähnlich.

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Deutlich mehr Gesprächsbedarf als geplant

Das Treffen mit Scholz hatte am Nachmittag bereits mit einstündiger Verspätung begonnen, da die Länderchefs untereinander deutlich mehr Gesprächsbedarf hatten als zunächst eingeplant. Bereits bei ihrer Konferenz am 17. März hatten sich Bund und Länder grundsätzlich verständigt, die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge als Gemeinschaftsaufgabe anzugehen. Für die Kostenfrage sollte eine Arbeitsgruppe bis zum 7. April einen Beschluss vorbereiten. Zu entscheiden ist, ob Ukraine-Flüchtlinge Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder Grundsicherung erhalten sollten.

Die Europäische Union hat entschieden, für die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine erstmals die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie zu aktivieren. Diese sieht vor, dass die Schutzsuchenden keinen Asylantrag stellen müssen, sondern erst einmal einen Aufenthaltstitel für ein Jahr erhalten und arbeiten dürfen. Eine Verlängerung auf bis zu drei Jahre ist möglich.

Die Zahl der Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland liegt deutlich über 300 000. Allein die Bundespolizei hat nach Angaben des Bundesinnenministeriums bisher 316 453 erfasst. Allerdings können Ukrainer visumsfrei einreisen, so dass die tatsächliche Zahl der Schutzsuchenden höher liegen dürfte. Derzeit stellt die Bundespolizei täglich die Einreise von rund 3000 Menschen aus der Ukraine fest. Im März hatte die Zahl der Neuankömmlinge bei über 15 000 pro Tag gelegen.