Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Serienmörder aus Deutschland und aller Welt

Jürgen Bartsch (1946-1976) ist als „Kirmesmörder“ in die deutsche Kriminalgeschichte eingegangen. Joachim Kroll (1933-1991) hatte wie Hannibal Lecter, der kannibalistische Serienmörder aus dem Roman „Das Schweigen der Lämmer“, eine Vorliebe für Menschenfleisch.

 

Der „Heidemörder“ Thomas Holst missbrauchte zwischen 1987 und 1990 drei Frauen südlich von Hamburg, tötete und verstümmelte sie. Der Bottroper Dachdecker Frank Gust (geboren 1969) war als „Rhein-Ruhr-Ripper“ berüchtigt. Zwischen 1994 und 1998 ermordete er mindestens vier Frauen, die er sexuell missbrauchte, bevor er sie zerstückelte.

Als Mörder geboren?

Die Liste mit Serienmördern aus Deutschland und aller Welt ließe sich beliebig fortsetzen. Was treibt Gewaltverbrecher zu solchen Bluttaten, die bei Betrachter Abscheu, Entsetzen und Fassungslosigkeit hervorrufen, aber auch ohnmächtige Wut und den Ruf nach Gerechtigkeit und Vergeltung?

Adrian Raine, Professor für Kriminologie, Psychiatrie und Psychologie an der US-Universität von Pennsylvania, erforscht seit mehr als 30 Jahren die Grundlagen des Verbrechens. Raine arbeitete jahrelang als Gefängnispsychologe. In seinem 2015 erschienen Buch „Als Mörder geboren. Die biologischen Wurzeln von Gewalt und Verbrechen („The Anatomy of Violence“) gibt er tiefe und zugleich entsetzliche Einblicke in die Seelen von Serienmördern.

Wie die von Jeffrey Landrigan: Er wurde als Baby in eine amerikanische Bilderbuchfamilie adoptiert und landete nach mehreren Morden schließlich im Gefängnis. Dort lernte Landrigan seinen biologischen Vater kennen, einen zweifachen Mörder und Schwerkriminellen.

Einigen seiner Opfer riss er das Herz heraus, andere köpfte er. Als Mordwerkzeuge verwendete er Äxte, Schraubenzieher und Messer. Anfangs tötete er nur in Argansk, später in der gesamten Region von Irkutsk in Zentralsibirien.

Analen der russischen Serienmörder

Popkow reiht sich ein in die Annalen sowjetischer Serienmörder wie Andrei Chikatilo – dem „Metzger von Rostov“ –, der wegen 53 Morden verurteilt wurde, den Moskauer Killer Alexander Pichuschkin – bekannt als der „Schachbrett-Mörder“ mit 49 Opfern – und den Ukrainer Anatoly Onoprienko, der wegen 52 Morden verurteilt wurde.

Einblicke in die Seele von Serienmördern

Serienmörder aus Deutschland und aller Welt

Jürgen Bartsch (1946-1976) ist als „Kirmesmörder“ in die deutsche Kriminalgeschichte eingegangen. Joachim Kroll (1933-1991) hatte wie Hannibal Lecter, der kannibalistische Serienmörder aus dem Roman „Das Schweigen der Lämmer“, eine Vorliebe für Menschenfleisch.

Der „Heidemörder“ Thomas Holst missbrauchte zwischen 1987 und 1990 drei Frauen südlich von Hamburg, tötete und verstümmelte sie. Der Bottroper Dachdecker Frank Gust (geboren 1969) war als „Rhein-Ruhr-Ripper“ berüchtigt. Zwischen 1994 und 1998 ermordete er mindestens vier Frauen, die er sexuell missbrauchte, bevor er sie zerstückelte.

Als Mörder geboren?

Die Liste mit Serienmördern aus Deutschland und aller Welt ließe sich beliebig fortsetzen. Was treibt Gewaltverbrecher zu solchen Bluttaten, die bei Betrachter Abscheu, Entsetzen und Fassungslosigkeit hervorrufen, aber auch ohnmächtige Wut und den Ruf nach Gerechtigkeit und Vergeltung?

Adrian Raine, Professor für Kriminologie, Psychiatrie und Psychologie an der US-Universität von Pennsylvania, erforscht seit mehr als 30 Jahren die Grundlagen des Verbrechens. Raine arbeitete jahrelang als Gefängnispsychologe. In seinem 2015 erschienen Buch „Als Mörder geboren. Die biologischen Wurzeln von Gewalt und Verbrechen („The Anatomy of Violence“) gibt er tiefe und zugleich entsetzliche Einblicke in die Seelen von Serienmördern.

Wie die von Jeffrey Landrigan: Er wurde als Baby in eine amerikanische Bilderbuchfamilie adoptiert und landete nach mehreren Morden schließlich im Gefängnis. Dort lernte Landrigan seinen biologischen Vater kennen, einen zweifachen Mörder und Schwerkriminellen.

Oder Richard Speck: Er überfiel 1966 ein Schwesternwohnheim in Chicago und metzelte acht Frauen mit einem Messer nieder. Speck war der Erste, bei dem Mediziner einen Gen-Defekt fanden. Dieser Fall löste in den USA überhaupt erst die Debatte über die mögliche Existenz eines „Killer-Gens“ aus.

„Natural born killers“

Raine glaubt allerdings nicht an den „Natural born killer“ – den als Verbrecher geborenen Menschen. Doch für den US-Wissenschaftler wie für andere Kriminologen und Hirnforscher steht fest: Es gibt eine „starke genetische Disposition für Kriminalität“.

Ausschlaggebend hierfür ist ein spezielles Gen, das sogenannte Monoaminoxiadse-A, auch MAOA-Gen genannt. Es spielt eine zentrale Rolle bei der Produktion von Botenstoffen im Gehirn wie Serotonin, das wie eine Art Stimmungsstabilisator wirkt. Forscher haben nachgewiesen, dass bestimmte angeborene Veränderungen dieses Gens (sogenannte Mutationen) die Neigungen zu Gewalt und aggressivem Verhalten erhöhen können.

Auch veränderte Hirnfunktionen, welche die Impulskontrolle und die Stimmungsschwankungen steuern, sind als eine mögliche Ursache für kriminelles Verhalten ausgemacht worden.

„Im Extremfall als Mörder geboren“

„In ‚gewisser Weise‘ werden wir asozial, unfähig zum friedlichen Zusammenleben und im Extremfall als Mörder geboren“, sagt Adolf Gallwitz, ein renommierter Polizei-Psychologe, Psychotherapeut und Profiler an der Polizeihochschule in Villingen-Schwenningen. „Ob wir jedoch zu Mördern werden, hängt von vielen Faktoren ab.“

Wie sich soziale und genetische Faktoren gegenseitig bedingen, illustriert der Kriminologe an folgendem Beispiel: Ein Mensch hat eine Disposition für schwere Straftaten im Bereich Körperverletzungsdelikte. Ein Teil dieser „Disposition“ sei eine angeborene Art und Weise, Umwelt, Gewalt, Bedrohungen oder Kränkungen wahrzunehmen.

Wobei Wahrnehmung nie passiv sei. Gallwitz spricht hier von sogenannten Wahrnehmungsschemata: „Wir sehen zum Teil das, was wir sehen wollen schon auf der Ebene der Verarbeitung der Reize.“ Ein Teil davon sei die Reaktionsempfindlichkeit auf Kränkungen.

Für beide Faktoren hätten die von Raine erwähnten Gehirnregionen eine große Bedeutung, erklärt Gallwitz. „Überlagernd sind jedoch eigene Traumatisierungen. Hirnphysiologisch verändern Traumata die Art der Informationsverarbeitung und letztlich morphologisch auch das Gehirn. Das heißt, wir können mit bildgebenden Verfahren auch nachweisen, dass jemand viel neurotoxischen Stress erlebt hat.“ In ähnlicher Weise überlagernd wirke auch unsere gesamte Sozialisierung, welche die „Bahnungen der Nervenaktivität“ beeinflusse.

Als Mörder geboren – nur ein Horrorszenario?

„Den Mörder gibt es nicht“, unterstreicht auch Britta Bannenberg, Kriminologin an der Universität Gießen. „Motive sind sehr unterschiedlich, Persönlichkeiten auch.“ Auch die Umwelt hinterlasse ihre Spuren, betont die Strafrechtlerin. Ob jemand in extrem gewalttätiger Form agiere, habe auch damit zu tun, in welchem Umfeld er aufwächst. Erwachsene seien lange Jahre prägend für die frühen Erfahrungen.

„Wird von Erziehungspersonen Gewalt ausgeübt und befürwortet, fehlt es an warmherzigen Beziehungen und an Verhaltenskontrolle, sind das gewalt- und kriminalitätsfördernde Voraussetzungen“, sagt Britta Bannenberg. „Merkt ein Kind, dass es sich mit Rücksichtslosigkeit und Gewalt erfolgreich durchsetzen kann, lernt es, Gewalt positiv zu bewerten. Deshalb würde ich Horrorszenarien wie ‚Als Mörder geboren‘ auch nicht an die Wand malen.“