Für den Uckermark-Krimi ist Katharina Thalbach erneut in die Rolle von Angela Merkel geschlüpft: Die Ex-Kanzlerin vertreibt sich die Beschaulichkeit des Ruhestands als Hobbydetektivin.

Nach 30 turbulenten Jahren in der Hauptstadt kehrt ein Ehepaar in die Uckermark zurück, um dort die Ruhe des Rentendaseins zu genießen. Der Frau ist das neue Dasein allerdings viel zu beschaulich. Als sich in der Nachbarschaft ein mysteriöser Todesfall ereignet, findet sie endlich eine neue Herausforderung: Das klingt wie das Handlungsmuster einer klassischen ARD-Vorabendserie im Stil von „Adelheid und ihre Mörder“ und wäre vermutlich auch nicht weiter der Rede wert, wenn es sich bei der Dame nicht um die frühere Bundeskanzlerin handeln würde. Das Drehbuch zu „Miss Merkel“ basiert auf dem gleichnamigen Bestseller von David Safier. Stefan Cantz, sonst zumeist Doppelpartner von Jan Hinter – die beiden haben etwa den „Tatort“ aus Münster erfunden – hat aus der Vorlage eine Krimikomödie gemacht, die ganz auf Katharina Thalbach zugeschnitten ist. Die Schauspielerin hat Angela Merkel schon einmal verkörpert: In der amüsanten Guttenberg-Satire „Der Minister“ (2013, Sat.1) hieß die Rolle zwar „Murkel“, davon abgesehen hat Thalbach als heimlicher Star des Films fast dem Hauptdarsteller Kai Schumann die Show gestohlen. Von der sympathischen Lässigkeit in „Der Minister“ ist „Miss Merkel“ weit entfernt. Was dort wie aus dem Ärmel geschüttelt anmutete, ist hier vor allem klamaukig. Das gilt auch für Thalbach: Wenn die Ex-Kanzlerin schreiend durch den Wald rennt, ist das fast ein bisschen peinlich, selbst wenn die Panik verständlich ist, weil ihr diverse Pfeile um die Ohren fliegen. Einige der weiteren weiblichen Darbietungen – Ausnahmen sind Bianca Nawrath und Taneshia Abt – bewegen sich ebenfalls in einem Graubereich aus verunglückter Parodie und wenig überzeugendem Spiel, weshalb der Film streckenweise an eine zweitklassige Boulevardkomödie erinnert. Dazu passt auch die Geschichte: Philipp von Baugenwitz (Thomas Heinze) begegnet der Kanzlerin a.D. und ihrem Gatten (Thorsten Merten) beim Ausritt und lädt sie auf den Familiensitz zu einer Freilichtaufführung ein. Anschließend soll hauseigener Wein verkostet werden. Aber dazu kommt es nicht: Der Freiherr liegt tot in seinem Weinkeller. Da die Tür von innen verschlossen war, sieht der zuständige Kommissar (Sascha Nathan) keinen Anlass für weitere Ermittlungen. Merkel glaubt jedoch nicht an die Freitodthese und freut sich über ihre neue Beschäftigung.

 

Fernsehen für Begriffsstutzige

Da die Handlung von ergreifender Harmlosigkeit ist, hat Regisseur Christoph Schnee bei der Umsetzung umso dicker aufgetragen, was viele Gags allerdings nicht witziger, sondern plumper macht. Das gilt auch für die Ausgestaltung der Rollen und die Führung der Mitwirkenden. Eine wohltuende Ausnahme ist Joachim Sauer, dessen trockene Kommentare Thorsten Merten mit stoischer Gelassenheit vorträgt. Eine gute Balance findet auch Tim Kalkhof als Personenschützer, der ständig daran scheitert, seine Chefin von ihrem zum Teil durchaus riskanten Treiben abzuhalten.

Safiers Idee, aus der Ex-Kanzlerin ein Miss-Marple-Pendant zu machen, ist brillant, und Cantz würzt Thalbachs Dialoge mit einigen beiläufig eingestreuten Anekdoten aus ihren Begegnungen mit den Staatschefs dieser Welt, aber zwischendurch lässt er es unnötig menscheln: Beim Waldspaziergang muss Merkel hinterm Baum verschwinden („Die Natur ruft“); und dass Schnee die berühmte Raute auch noch in Nahaufnahme zeigt, wirkt wie Fernsehen für Begriffsstutzige. Ob RTL auch den zweiten „Miss Merkel“-Roman verfilmen wird, ist noch offen.

„Miss Merkel: Mord im Schloss“, RTL+, ab 14.3 und am 21. März 2023 um 20.15 Uhr auf RTL.