Die ehemaligen Korntaler Heimkinder benötigen in den Verhandlungen mit der Brüdergemeinde dringend einen Fürsprecher, meint Franziska Kleiner.

Korntal-Münchingen - Die Betroffenen des Missbrauchsskandals in den Einrichtungen der evangelischen Brüdergemeinde Korntal benötigen dringend einen Interessenvertreter. Das ist eine Erkenntnis eines Opfertreffens, das am Samstag endlich wieder einmal unter den Augen der Öffentlichkeit stattfand. Die ehemaligen Heimkinder brauchen jemanden, dem sie vertrauen, der seine Stimme für sie erhebt und eloquent ihre Anliegen gegenüber der Pietistengemeinde vertritt. Ansonsten haben sie, so zerstritten sie sind, allesamt verloren.

 

Finanzieren sollte diese Interessensvertretung das Brüdergemeindewerk. Dieses – und das ist die zweite Erkenntnis des Nachmittags – handelt leider nach wie vor wie eine Täterorganisation. Ihr Ja zur Aufklärung scheint ein bloßes Lippenbekenntnis zu sein. Wie sonst ist das Auftreten des Vorstehers Klaus Andersen und des Diakonie-Geschäftsführers Veit-Michael Glatzle zu erklären? Rhetorisch geschickt brachten sie die Betroffenen mehrfach in die Situation, sich erklären zu müssen und drängten sie zurück in die Opferrolle. Dabei müssen sich die ehemaligen Heimkinder nicht dafür rechtfertigen, ihr Leid öffentlich gemacht zu haben. Das hat der Anwalt Ulrich Weber den Betroffenen klar gemacht.

Die Betroffenen hatten den Mut aufgebracht an die Öffentlichkeit zu gehen. Sie haben dann in den vergangenen Monaten für die Diskussion um die Strukturen des Aufarbeitungsprozesses unter großem Kraftaufwand ihr Leid hintangestellt. Vielleicht sollten sie diese üblen Erlebnisse nun erneut – und detailliert – in den Vordergrund rücken. Damit deutlich wird, um wen und was es hier ausschließlich zu gehen hat: um die Opfer eines Missbrauchsskandals und die Anerkennung ihres Leids.