Langweiliger Kick, Handy raus? Eine Auswertung des Mobilfunkanbieters Vodafone zeigt, dass manche das Smartphone auch im Fußballstadion kaum aus der Hand legen.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Rückblende. Als der VfB Stuttgart 1992 am letzten Spieltag deutscher Meister wurde, floss die Information aus den anderen Stadien via Fernsehen, Radio und eigens eingerichteter Telefonleitungen nach Leverkusen, gegebenenfalls noch via Anzeigetafel. 30 Jahre später kommen Zwischenstände und andere Infos übers Smartphone in die Arena – und anders als bei den früher auf der Tribüne gesichteten tragbaren Radios manchmal mit ziemlich schlechtem Empfang.

 

Der Mobilfunkbetreiber Vodafone – mit einem Marktanteil von knapp 40 Prozent der größte in Deutschland – hat sich jüngst diesem Thema gewidmet und die Mobilfunknutzung seiner Kunden in den Stadien analysiert. Das hat er schon im Herbst zum Cannstatter Volksfest getan. Aber anders als für die Festzelte kann Vodafone für die nebenan gelegene Mercedes-Benz-Arena ausrechnen, wie viele Daten der durchschnittliche Heimspielbesucher verbraucht. 48,7 Megabyte waren es in der Hinrunde.

Eigene Antennen fürs Stuttgarter Stadion

Natürlich wurde auch eine „Datenliga-Tabelle“ berechnet, in welcher der FC Bayern München mit 61 Megabyte je Stadionbesucher vorne liegt. Die sportlich ebenfalls recht erfolgreichen Vereine Union Berlin (50 MB) und Borussia Dortmund (33 MB) liegen datenmäßig im Mittelfeld beziehungsweise die Borussia sogar auf dem Relegationsplatz. Am wenigsten Datendurchsatz misst Vodafone im neuen Europa-Park-Stadion des SC Freiburg (25,5 MB je Besucher).

Der VfB Stuttgart bewegt sich bei den Heimspielen zumindest datenmäßig also im Ligamittelfeld. Nachfrage beim Club: Wie fließen die ganzen Zwischenstände, Selfies, Whatsapp-Nachrichten und Choreo-Videos durch den Äther? Die Telekom betreibt in der Mercedes-Benz-Arena eigene Antennen und vermietet die Bandbreite auch an die Konkurrenz. Ob der VfB dafür zahlt, verrät er nicht. Man sei aber „mit 4G gut ausgestattet“, erklärt ein Sprecher. Vor einem Jahr meldete der Dienstleister Axians Vollzug beim Ausbau und verwies darauf, dass die Antennen „5G-ready“ seien.

Über ein zu langsames Datennetz hört man in der VfB-Unterstützerschaft wenig, die Technik scheint zu funktionieren. Und es ärgern sich offenbar auch nur wenige darüber, dass es Wlan lediglich im Medien-, VIP- und Eventbereich gibt – die Datentarife sind offenbar mindestens so stark gewachsen wie der Datenhunger, den soziale Medien und Streamingdienste auf dem Smartphone entfalten.

Auch ein Langeweile-Ranking?

Bleibt die Frage, warum die Besucher in der Allianz-Arena so viel mehr Daten verbrauchen als jene in Freiburg. Die „Welt“ findet, dass die Studie „entlarvt, wo Langeweile auf den Rängen herrscht“. Ein Vodafone-Sprecher erklärt zum Freiburger Stadion, dass das Unternehmen dort noch keine eigenen Antennen habe und die Mobilfunkversorgung über die Antennen im Umfeld stattfinde. „Deshalb ist das Datenvolumen dort vermutlich niedriger“. Mit Blick auf die anderen Stadien verweist er zudem auf die Qualität der Onlineangebote für die Fans, die Qualität des Stadion-Wlan sowie der Mobilfunkantennen oder auf das Stadionerlebnis: „Je besser die Choreografien der Fans sind oder je mehr Tore fallen, umso mehr Fotos und Bilder werden gemacht oder verschickt.“

Weil die Ergebnisse nicht unmittelbar einleuchten, hat Vodafone auch noch eine Fanbefragung in Auftrag gegeben. Zwei von drei Teilnehmern gaben darin an, ihr Smartphone im Stadion zu nutzen, etwas mehr als zehn Prozent sogar häufig bis sehr häufig. Knapp jeder Zweite ruft Ergebnisse von anderen Plätzen ab, ein starkes Drittel fotografiert und filmt, Informationen rund ums Spiel ruft dagegen nur jeder Achte ab. „Das Teilen in den sozialen Medien dürfte für den größten Teil des anfallenden Datenverkehrs verantwortlich sein“, schlussfolgert der Netzanbieter.

Es gibt freilich noch Fans, die das Smartphone daheim oder während des Spiels in der Tasche lassen, um sich ganz aufs Spiel zu konzentrieren. Das geht weiterhin, doch der Trend geht in eine andere Richtung. In Sachen Mobilfunk „erfolgt der Ausbau kontinuierlich“, so ein VfB-Sprecher: „Wer gutes Netz haben möchte, soll dies möglichst auch nutzen können.“