Die Metallarbeitergeber in Baden-Württemberg lassen keinen Zweifel daran, dass ihnen die grün-schwarze Landesregierung lieber ist als die grün-rote Vorgängerkoalition. Dennoch zeigen sie sich ungeduldig und verlangen die Rücknahme diverser Gesetze – etwa des Bildungsurlaubs.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Reutlingen - Mit Genugtuung reagiert die baden-württembergische Wirtschaft auf den Start der Landesregierung. „Grün-Schwarz ist mir offen gestanden lieber“, sagte Südwestmetall-Chef Stefan Wolf, selbst CDU-Mitglied, bei der Mitgliederversammlung in Reutlingen. Nachdem auch der Chefposten im Wirtschaftsministerium in seinem Sinne vergeben wurde, sieht der Verband „einige positive Ansatzpunkte“ bei der neuen Koalition.

 

Dennoch treiben die Arbeitgeber die Regierung an: Es sei zwar begrüßenswert, dass das Bildungszeitgesetz evaluiert und nach zwei Jahren novelliert werden solle, befand Wolf, der nach vier Jahren als Verbandschef für zwei weitere Jahre bestätigt wurde. „Da der Bildungsurlaub jedoch keinen Beitrag zu den Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt und bei der Fachkräftesicherung leistet, hätten wir uns dessen vollständige Abschaffung gewünscht.“

Bildungszeitgesetz kommt auf den Prüfstand

Auch das Landestariftreuegesetz, das aus Sicht von Wolf durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns obsolet geworden sei, sollte am besten sofort beseitigt werden, meinte er. Zudem ist der Wirtschaft die 2014 eingeführte Transparenzklausel für Forschungskooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen ein Dorn im Auge: Sie müsse „gründlich evaluiert“ oder gleich revidiert werden. Die Arbeitgeber fürchten, dass die Offenlegungspflicht mehr und mehr zum Hemmschuh für Kooperationen werde, weil viele Unternehmen ihre Forschung „berechtigterweise“ gegenüber Mitbewerbern nicht öffentlich machen wollten.

Der Rückbau des Bildungszeitgesetzes ist keineswegs garantiert: Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) hatte erst am Freitag bei der Bezirkskonferenz der IG Metall erkennbaren „Nachbesserungsbedarf“ zur Voraussetzung für eine Novellierung gemacht – und sich gegenüber der alarmierten Gewerkschaft prinzipiell sehr kooperativ gezeigt. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wandte in Reutlingen ein: „Es ist in Deutschland nicht üblich, dass eine Regierung gleich zu Anfang über den Haufen schmeißt, was die vorige eingeleitet hat.“ Die Arbeitgeber dürften aber „darauf setzen, dass wir das ernsthaft machen“. Auch sonst begab sich der Regierungschef wieder voll auf Konsenskurs zu den Gastgebern – vor allem beim Thema Digitalisierung. Die erste Halbzeit habe man an Apple & Co. verloren, so der Grüne. In der zweiten Halbzeit müsse es um die Vernetzung von Mobilität und Produktion gehen, um in die „Champions League“ vorzustoßen. In den nächsten Jahren werde sich entscheiden, wer die Nase vorn hat: „das Silicon Valley oder wir“. Dazu solle die Industrie 4.0 schon im Bildungssystem „implementiert“ werden.