Im Imbiss „Fleischlos“ gibt es nichts Tierisches, aber ein freundliches Klima für Fleischesser.

Ludwigsburg - Das Wort „vegan“ findet man nicht auf den ersten Blick im Schnellrestaurant „Fleischlos“ in Ludwigsburg, obwohl hier kein einziges tierisches Produkt in den Falafel-Bällchen, im Salat, oder in den Suppen verarbeitet wird. „Wir wollten Fleischesser nicht damit vertreiben“, sagt die Gründerin Sidia Arena. Das kleine Wörtchen sei inzwischen sehr aufgeladen und schrecke viele ab. „Vegan ist kein Trend, das ist eine Lebenseinstellung“, sagt die 29-Jährige. Sie selbst isst Fleisch, hat aber viele Freunde, die tierische Produkte ablehnen. „Es war immer wahnsinnig schwierig mit ihnen irgendwo essen zu gehen.“ Mit einer ehemaligen Kollegin Ana Marusic, 31, hat sie deshalb beschlossen: „Wir machen einen Ort, an dem Veganer bedenkenlos alles essen können.“

 

Gesagt, getan. Seit Februar gibt es im Fleischlos zum Beispiel Falafel zum selbst gestalten. Das geht in drei Schritten: Am Anfang steht die Wahl zwischen gerolltem oder aufgeschnittenem Fladenbrot. Bei Schritt zwei ist die Frage zu beantworten: „Welcher Dip darf es sein?“ Zur Auswahl stehen rund zehn Variationen. Mango-Chutney zum Beispiel, Avocadocreme oder Humus. „Oft haben wir auch saisonale Varianten“, berichtet Sidia Arena. In der Weihnachtszeit etwa steht Apfel-Zimt auf der Karte. 90 Prozent der Dips macht das Team selbst. Schritt drei gilt der Klärung der Salatsoßen-Frage: Joghurt-Minze-, Erdnuss- oder Sesam-Geschmack? Alles selbst gemacht – fast wie der gemischte Salat. Er wird zumindest immer frisch eingekauft und von Hand im Laden geschnitten. Zum Schluss wird alles wie gewünscht serviert. Ein Gericht mit den Kichererbsenbällchen kostet zwischen 4,50 und 5 Euro.

Tagessuppe: Chili sin Carne

Das ist aber noch nicht alles, was die Gründerinnen zu bieten haben. Neben Salaten gibt es eine Tagesuppe für 5 Euro. Heute steht Chili sin Carne – also ohne Fleisch – auf der Karte. Das darin schwimmende Sojageschnetzelte macht satt. Dazu werden dicke Brotscheiben aus der Bäckerei Rechkemmer gereicht. „Der Brotteig wird dort von Hand gemacht“, sagt Sidia Arena, der es wichtig ist, so viele Zutaten wie möglich aus der Region zu verwenden. Viel Gemüse stammt deshalb vom Ludwigsburger Wochenmarkt. „Wir versuchen dabei möglichst Bioqualität anzubieten, das gelingt uns aber nicht immer“, sagt sie. Zum Beispiel sei es schwierig täglich gute Bio-Avocados zu finden.

In ihrem Tun bleiben die beiden Frauen undogmatisch. So gibt es in ihrem Lokal auch Getränke von Coca-Cola, die bei vielen Ernährungsfanatikern verpönt sind – von vielen anderen aber gerne getrunken werden. Weil die Arena und Marusic versuchen, alle Kunden glücklich zu machen, gibt es außer amerikanischer Brause auch zahlreiche alternative Getränke von Herstellern aus Baden-Württemberg. Und zur Weihnachtsmarktzeit gibt es auch Glühwein – ohne Gelatine versteht sich. Die beiden Gründerinnen sind längst Experten für vegane Zutaten geworden.

Kennen gelernt haben sich die gelernte Hotelfachfrau Sidia Arena und die gelernte Bankkauffrau Ana Marusic bei einer Zeitarbeitsfirma. Weil ihnen der Umgang mit den Menschen dort – viel Arbeit, lange Zeiten, rauer Ton – nicht gefallen hat, beschlossen die Frauen vor zwei Jahren ihre eigene Zeitarbeitsfirma zu gründen, eine freundlicher. Nun, die Firma läuft – und Arena und Marusic blieb Luft für ein neues Projekt: das Fleischlos.

Die Idee dazu kam ihnen vor eine Currywurstbude. Genauer: Vor der Currywurstbude, in der sich heute das Fleischlos befindet. Ein ihnen wildfremder Mann, berichtete den beiden Espresso trinkenden Damen, dass der Laden bald frei wird und meinte, „unsere Gesichter würden gut dort reinpassen“. Wie es scheint, hat der wildfremde Mann verdammt recht gehabt.

„Unser Traum ist jetzt erst einmal, dass der Laden hier läuft“, sagt Sidia Arena. Gut möglich, dass das nicht das letzte Projekt der umtriebigen Gründerinnen gewesen sein wird.

Eigene Zeitarbeitsfirma gegründet