Stuttgart ist wie geschaffen für ein batteriebetriebenes Fahrrad. Und zum Glück lässt sich der Akku mittlerweile im Rahmen verstecken, findet jedenfalls unser Kolumnist Peter Stolterfoht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Es gibt Menschen, die sind prinzipiell sehr spät dran: mit der Heirat, der Fast-Food-Reduzierung – oder der E-Bike-Anschaffung. Bestes Beispiel: ich. Was sich bestimmt auch mit einer gewissen persönlichen Nachdenkfaulheit erklären lässt. Denn wer sich auch nur ganz kurz mit dem Thema Mobilität beschäftigt, wird mutmaßlich für das Stadtgebiet Stuttgart kein geeigneteres Fortbewegungsmittel finden als das elektrisch angetriebene Fahrrad. Während es in vielen anderen Gegenden auch ein Bike ohne „E“ tut, ist dieser Zusatz in der topografisch anspruchsvollsten deutschen Großstand fast schon zwingend erforderlich. Zumindest wenn man nicht nur als Ausflugs-, sondern als täglicher Zur-Arbeit-Radler unterwegs sein will – und dabei womöglich auf der Heimfahrt als letzten Anstieg noch die Hasenbergsteige vor sich hat.

 

Lesen Sie hier aus unserem Plus-Angebot: Welches Fahrrad passt zu mir?

Das lange Zögern beim (unverschämt teuren) E-Bike-Kauf hat aber auch durchaus Vorteile. Neben den mittlerweile deutlich leistungsstärker gewordenen Motoren ist auch die neue Bauweise ein echtes Entgegengekommen. Noch vor Kurzem war ein E-Biker leicht am Außen-Akku zu identifizieren. Was ihm an Steigungen regelmäßig „Weichei“-Beschimpfungen von herkömmlichen Radlern einbrachten. Mittlerweile sind Hilfsmittel aber so geschickt im Rahmen verbaut, dass es einer längeren Betrachtung bedarf, um sicher sagen zu können, ob es sich um ein Fahrrad mit oder ohne Zusatzstoff handelt. Bis die zweifelsfreie Enttarnung vollzogen ist, hat einen das E-Bike aber zum Glück weit außer Hörweite getragen.

Bitte nicht angeben

Als E-Radler empfiehlt es sich, bei Touren mit Teilnehmern ohne Hilfsmotor die eigene Überlegenheit nicht unnötig zu thematisieren. So wird es vermieden, Aggressionen zu schüren. Weitaus besser fährt man, die Leistung des langsameren Mitfahrers oder der Mitfahrerin übertrieben zu loben. Ungefähr so: „Absoluter Wahnsinn, dass Du bei meinem Tempo mithalten kannst.“ Dadurch wird der E-Bike-Fahrer plötzlich nicht mehr als Betrüger, sondern vielmehr als sehr fairer Sportsmann wahrgenommen. Dem darf aber eines niemals passieren: dass ihm auf einer Fahrt der Akku ausgeht. Einen bergauf schiebenden E-Bike-Fahrer trifft die Häme des Publikums für gewöhnlich mit voller Wucht.

Aber auch das ließe sich verkraften, hat eine Kollegin gesagt. Und dann noch erzählt, dass sie nach der E-Bike-Heimfahrt jetzt immer viel besser gelaunt als früher von der Arbeit zu Hause ankomme, als sie diese Strecke noch mit der Bahn oder dem Auto bewältigt hatte. Stimmt!