Der klassische Ticket-Schalter soll durch ein Video-Terminal außerhalb des Fellbacher Bahnhofsgebäudes ersetzt werden. In Böblingen startet dieser Tage der Testlauf für diese Form des Vertriebs. In anderen Kommunen regt sich Widerstand.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Fellbach - Die persönliche Beratung samt Fahrkartenverkauf durch einen Mitarbeiter hinter dem Schalter soll bald passé sein: Bekanntlich sollen Reisende am Fellbacher Bahnhof in der zweiten Jahreshälfte 2020 nur noch per Bildschirm mit Bahn-Mitarbeitern kommunizieren. Wie das Ganze künftig abläuft, kann man offensichtlich bereits am Bahnhof in Böblingen studieren.

 

Der Video-Verkauf habe sich als „flexibles Format der Deutschen Bahn etabliert“

„In Böblingen steht der Pavillon bereits, dort ist schon alles installiert“, berichtet ein Bahnsprecher. Wann der Testbetrieb genau losgehe, werde dieser Tage entschieden. Der Bahnsprecher geht davon aus, dass das voraussichtlich diese Woche der Fall ist.

Im Bahn-Deutsch ist zwar von „Video-Reisezentrum“ die Rede – allerdings gibt es beim Video-Verkauf verschiedene Varianten. Je nach lokalen und regionalen Anforderungen gebe es „unterschiedliche Ausprägungen dieses Vertriebsmodells“, heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Bahn. Denn der Video-Verkauf habe sich als „flexibles Format der Deutschen Bahn etabliert“.

Anders ausgedrückt: Das „Video-Reisezentrum“ wird mal als Kabine im Bahnhofsgebäude, mal als „Pavillon“ im Außenbereich installiert. Wo dann der „Pavillon“ am Fellbacher Bahnhof genau aufgebaut wird, das kann der Bahnsprecher noch nicht mitteilen. Offen bleibt auch die Frage, was dann mit den Räumlichkeiten im Bahnhofsgebäude geschieht, in denen bisher der Fahrkartenverkauf mit persönlicher Beratung untergebracht ist. Die Bahnmitarbeiter, die von der Schließung betroffen seien, würden an anderen Standorten eingesetzt.

Ebenso Mitte des Monats soll der Testbetrieb in Ludwigsburg starten

Voraussetzung für das Szenario sei, dass der Testbetrieb auf „positive Resonanz Seites der Nutzer stößt“, betont der Bahnsprecher. In Korntal-Münchingen ist das allerdings nicht der Fall. Da regt sich Widerstand. Zahlreiche Bürger wehren sich gegen die Pläne, wonach in Korntal der mit einem Mitarbeiter besetzte Schalter einer Station mit Videokamera weicht. Die Lehrerin Dagmar Müller-Buchalik startete eine Petition, unterstützt von der Ortsgruppe des Verbands der Kriegsgeschädigten. Sie haben 2338 Unterschriften gesammelt und an Verantwortliche des Verbands Region Stuttgart überreicht. „Es ist Unsinn, den Schalter zu schließen“, sagt Dagmar Müller-Buchalik. Ebenso Mitte des Monats soll der Testbetrieb in Ludwigsburg starten. Es ist ein so genannter Hybridstandort, bei dem Video-Schalter und lokales Reisezentrum kombiniert werden. In einer Pilotphase wird zunächst in Waiblingen, Böblingen, Leonberg, Ludwigsburg, Korntal und Marbach der Verkauf umgestellt.

Auch in Fellbach sollen Beratung und Verkauf komplett via Bildschirm stattfinden

Während es sich bei den ersten vier Standorten um so genannte Hybridstandorte mit Video- und lokalem Reisezentrum handelt, werden in Korntal und Marbach Beratung und Verkauf dann vollständig videobasiert sein. Auch in Fellbach sollen Beratung und Verkauf komplett via Bildschirm stattfinden, dabei schaltet sich ein Mitarbeiter der Video-Zentrale in Ludwigsburg per Knopfdruck zu. Dieses Szenario für den Fellbacher Bahnhof hat die Räte des Bau- und Verkehrsausschusses vor Kurzem nicht in Aufruhr versetzt. Sie sehen Vorteile in dem neuen Vertriebsmodell. Statt Schichtzeiten hätten die Kunden künftig einen „Fulltime-Service mit 24 Stunden an sieben Tagen“, so Baudezernentin Beatrice Soltys. Der Verkehrsausschuss des Verbands Region Stuttgart hat Ende Juni beschlossen, in der Region Video-Reisezentren einzuführen. Die ersten entstanden im April 2013 an Bahnhöfen entlang der Schwarzwaldbahn.