Die Stadtverwaltung nimmt an einer europaweiten Aktionswoche teil. Interessenten erfahren, wie man Pedelecs ausleiht, wie das Carsharing-Konzept funktioniert und welche Vor- und Nachteile Elektrofahrzeuge mit sich bringen.

Leonberg - An der verkehrlichen Situation in und um die Stadt muss sich schnellstmöglich etwas ändern – daran arbeiten wir“, sagt der Leonberger Oberbürgermeister Martin Kaufmann. „Alternative Verkehrskonzepte liegen mir sehr am Herzen“, erklärt er beim Mobilitätstag, den die Stadt am Freitag am Bahnhof veranstaltet hat. Damit beteiligt sie sich an der europäischen Mobilitätswoche, welche vom 16. bis zum 22. September von der EU ausgerufen wurde.

 

Er selbst nutze gerne Alternativen zum Auto, soweit dies dienstlich möglich ist, so der Rathauschef. „Die vorhandenen Konzepte, welche auch beim Mobilitätstag vorgestellt werden, sind wichtige Bausteine um die Verkehrssituation in der Stadt zu verbessern“, zeigt sich Martin Kaufmann überzeugt.

Viele Fragen zu den am Bahnhof und am Leo-Center stationierten Leihfahrräder hatte Eva Adam vom Stadtplanungsamt zu beantworten. Ihr Schwerpunkt ist dort die Verkehrsplanung und insbesondere die Themen Fahrrad und nachhaltige Mobilität. Die Räder sind Teil des Fahrrad- und Pedelecverleihsystem Regio Rad Stuttgart.

Wie wird bezahlt?

„Großes Interesse besteht, wie die Räder über die Polygo-Card ausgeliehen werden können, wie die Bezahlung läuft, wie die Räder genutzt werden können“, so Eva Adam. Zehn Räder stehen derzeit am Bahnhof und fünf am Leo-Center. In der kommenden Woche werden am Bahnhof von den zehn fünf durch Elektro-Räder ersetzt. Am Leo-Center werden zwei Pedelecs stationiert.„Wie leihe ich das Rad aus und wie bringe ich es zurück?“, will eine Frau wissen, die gerade aus der S-Bahn ausgestiegen ist. Eva Adam führt es ihr mit der sogenannten Polygo-Card vor. „Über ein Display kommuniziert das Rad mit dem Nutzer und zeigt den aktuellen Zustand an“, erklärt die Verkehrsplanerin. „Beim Zurückbringen immer abschließen, sonst laufen die Nutzungsgebühren weiter“, klärt sie auf. Die Polygo-Card kann online beim VVS bestellt werden. „Freischalten lassen muss man sie aber beim Betreiber Regio Rad Stuttgart, über den erfolgt dann auch die Abrechnung“, sagt Eva Adam.

Das Fahrrad- und Pedelecverleihsystem ist nur ein Baustein des groß angelegten Projektes „Mobilitätspunkt Bahnhof Leonberg“. Alles was dafür entsteht, wird zu 70 Prozent vom Verband Region Stuttgart gefördert – das läuft noch bis Ende 2019. Darum muss sich die Stadt auch mit der Installation von mindestens zwei Ladestationen für Elektroautos im Parkhaus beim Bahnhof beeilen, denn auch die werden gefördert. Wie die funktionieren, zeigt beim Mobilitätstag der kommunale Berater der EnBW, Harald Müller, mit einer Vorführungs-Ladestation vor dem Bahnhof.

Fragen über Fragen

Was wollen die Menschen wissen? „Neben der Funktionsweise natürlich die Tarife und wie bezahlt wird“, sagt Müller. Aber auch hier gilt, wie beim Rad-und Pedelecverleih: „Die Geräte kommunizieren mit dem Nutzer und nach zwei-, dreimal wird es zur Routine“, ist Müller überzeugt.

Aber selbst er musste staunen, über das Anliegen eines Interessenten. „Dieser hat sich jüngst ein Elektro-Auto zugelegt, wusste aber nicht, außer an der heimischen Ladestation, wo er sein Fahrzeug aufladen kann“, erzählt Müller. Der Mann sei erstaunt gewesen, dass es eine EnBW-App gebe, die alle Lademöglichkeiten anzeigt.

„Die Beratung über die Lademöglichkeiten, ob über die Steckdose, oder die sogenannte Wand-Station, die ein Fachmann zu Hause installieren kann, gehört bei uns zum Verkaufspaket“, sagt Volker Ruff vom Autohaus Weeber. Der VW-Händler hat nämlich den Mobilitätstag genutzt, um einen Elektro-Golf und einen Hybrid-Passat vorzustellen. Die musste er sich aus dem Wolfsburger VW-Autopool kommen lassen, denn im örtlichen Verkaufshaus sind derzeit alle Modelle weg.

„Die Menschen wollen natürlich alles über die Reichweite wissen und den Preis“, schildert Ruff. Aber auch Fragen, worauf man als Fahrer eines Elektro-Autos verzichten müsse, werden gestellt. „Da wird schon groß gestaunt, wenn ich sage, dass ist ein Golf wie jeder andere, lediglich mit einer anderen Antriebsart, die ein gutes Fahrgefühl gibt und in der Beschleunigung ganz schön stark ist“, sagt Ruff. Für eine elektromobile Zukunft benötige es einen vernünftigen Netzausbau, denn die Reichweite müsse stimmen.

An Elektro-Autos denkt man bei Carsharing Stadtmobil noch nicht. „Wir wollen 2019 zu den drei Autos, die im Parkhaus stationiert sind, ein viertes zur Verfügung stellen“, sagt Martin Berger. Der Leonberger Filialleiter und der Regionalleiter Carsten Beier, haben Carsharing beim Mobilitätstag vorgestellt.

Der wichtigste Baustein des „Mobilitätsstandortes Bahnhof Leonberg“ wird das Radhaus sein, mit dem sich der Gemeinderat am Donnerstag beschäftigt hat. „Wann gibt es endlich eine Toilette am Bahnhof?“, will eine Passantin von Eva Adam wissen. „In der Oktobersitzung wird der Gemeinderat über den Standort entscheiden, ob im Gebäude oder außerhalb. Rund 50 000 Euro Fördergelder stehen bereit“, erläutert die Stadtplanerin.

Ein Radhäusle für den Drahtesel

Leonberg - Können Sie mir einen Gefallen tun und das nicht Radhaus nennen? Wir werden dauernd gefragt, ob wir noch ein neues Rathaus bauen“, merkt Christa Weiß (SPD) am Ende der kurzen Debatte im Planungsausschuss des Gemeinderates an und sorgt damit für Gelächter. Spontan suchen die Leonberger Stadträte nach einem anderen Namen. Leo-Fahrradhaus. Leo-Radparkhaus. Schließlich: „Radhäusle“, schlägt Birgit Suckut von den Grünen vor. Die Gemeinderäte nicken und grinsen.

Und tatsächlich: Neben dem Parkhaus am Bahnhof mit seinen 17, teils versetzten Parkdecks wirkt das geplante Gebäude auf dem Entwurf winzig. Unter dem Dach in 3,5 Metern Höhe sollen 52 Drahtesel Platz finden, 44 davon in Doppelstockständen. Außerdem soll es Ladestationen für E-Bikes und Pedelecs geben sowie Schließfächer, etwa für Helme. Dafür ist das Gebäude abgeschlossen, die Nutzung kostet. Wie viel, das wird noch festgelegt. Im kommenden Sommer schon soll es fertig sein. Die Kosten werden auf knapp 100 000 Euro geschätzt. Wenn nach dem Planungsausschuss auch der Gemeinderat am Dienstag (19 Uhr) zustimmt, kann die Stadt das Projekt ausschreiben.

Retro-Look

„Das sieht ein bisschen retro aus“, kommentiert Wolfgang Röckle (CDU) und schlägt stattdessen ein vollelektronisches Radparkhaus vor. So eines gibt es bereits seit einem Jahr im Testbetrieb am Schulzentrum Rutesheim. „Das kostet rund 300 000 Euro, und so viel Geld steht uns für den gesamten Mobilitätspunkt am Bahnhof zur Verfügung“, erklärt Eva Adam, die bei der Stadt Leonberg für alles rund ums Fahrrad zuständig ist.

„Der Gemeinderat hat 100 000 Euro für eine Radabstellanlage am Bahnhof beschlossen. Jetzt muss man mal über seinen Schatten springen, damit wir überhaupt etwas dort haben“, meint Bernd Murschel von den Grünen. Die fünf abschließbaren Radboxen, die mit Hilfe der Agenda-Gruppe Radl einst angeschafft worden waren, sollen dann in Höfingen am S-Bahnhof aufgestellt werden. Die einfachen Halter für Zweiräder wurden bereits erneuert. Dort fehle nur noch die Beleuchtung.