Mitfahrbänke sind im Trend. Nachdem die Bewohner in Kaltental damit seit Mai gute Erfahrungen machen, wächst der Wunsch danach auch in anderen Bezirken.

In Degerloch gibt es Gebiete, die nicht oder schlecht an den ÖPNV anschlossen sind. Als Beispiel gilt die Falterau. Ein Antrag des Bezirksbeirats für einen City-Bus, der auch dieses Gebiet bedient, liegt dem Gemeinderat vor. Allerdings könnten noch Jahre ins Land ziehen, bis hier der erste Bus fährt. Die Idee von Michael Köstler, Bezirksbeirat fürs Linksbündnis, ist es nun, zunächst eine Mitnahmebank einzurichten, eine Anlaufstelle für Leute, die ein Stück mitgenommen werden möchten. „Ich habe mich mit Anliegern unterhalten und erfahren, dass es bereits Leute gibt, die sich anrufen und zum Mitfahren verabreden“, berichtet er. „Eine Mitnahmebank würde diese Entwicklung unterstützen.“

 

Die Nachbarn in Kaltental lernen sich kennen

Eine Bank würde die Warterei am Treffpunkt erleichtern, und sie wäre ein Signal an Vorbeifahrende. Wie in Kaltental, wo an der Schwarzwaldstraße seit Mai die erste Mitnahmebank Stuttgarts steht. Julia Fink, stellvertretende Leiterin der Begegnungsstätte der benachbarten Thomasgemeinde, sieht den Haltepunkt als Gewinn fürs Miteinander. Zwar benötige so etwas Zeit, um sich zu etablieren, schon jetzt habe sie jedoch den Eindruck, einige Senioren gingen wieder eher vor die Tür, um einzukaufen. Auch würden sich Kaltentaler durch die kurzzeitigen Fahrgemeinschaften kennenlernen. „Ich habe den Eindruck, viele Menschen begrüßen es, wenn sie ein bisschen helfen können“, sagt Hartmut Bremer von der Zukunftswerkstatt Kaltental, die das Mitfahrbänkle mit initiiert hat.

Der Landschaftsgärtner-Meister hat die Wartebank mit Strandkorb-Flair gestaltet. Einzige Vorgabe des Ordnungsamts war die Maximalbreite im Parkplatzformat. „Die Bank kann hier noch in fünf Jahren stehen“, sagt Bremer. Theoretisch. Praktisch ist der Standort zunächst nur bis November sicher. Dann läuft die Nutzungsgenehmigung im Rahmen des Parklet-Programms der Stadt aus.

Pünktlich zum Termin per Mitfahrbank

Eine Anfrage betreffs dauerhafter Nutzung läuft. „Es wäre schade, wenn das hier verschwinden würde“, stellt eine der beiden Damen fest, die sich gerade auf dem Bänkchen niedergelassen haben. Länger als zehn Minuten warte man selten, sagen sie. Einmal sei ein Herr nach Hause gefahren, um das Auto auszuladen, und dann wieder zurückgekommen. Zufrieden dürfte auch Martin Holch vom Amt für Stadtplanung und Wohnen gewesen sein: Auf dem Weg zu einer Sitzung zum Thema Sanierungsgebiet Kaltental habe er das Bänkle ausprobiert, so Hartmut Bremer. Er sei pünktlich da gewesen. Bedenken oder Kritik gibt es bislang nicht. Sollten sie noch aufkommen: Seit Kurzem hängt an der Mitnahmebank ein Briefkasten für Rückmeldungen.

Um die Sauberkeit am Haltepunkt kümmert sich Bremer ebenfalls. Die Sorge, Kinder könnten sich per Anhalter in Gefahr begeben, räumt Julia Fink mit dem Hinweis aus, die würden lieber laufen als warten. Das sieht Michael Köstler aus Degerloch ähnlich. „Wer gesunde Beine hat, läuft das Stück doch sowieso.“ Derlei Wartestellen kamen in den 2010er-Jahren auf, auch in der Region. Auf der VVS-Homepage findet sich im Bereich „Rundum Mobil“ als Service eine Bank-Liste für ÖPNV-Kunden.