Während Branchenprimus Car2Go seinen 50 000 Stuttgarter Kunden feiert, beurteilen andere Carsharing-Anbieter die Situation in der Landeshauptstadt wesentlich negativer.

Stuttgart - Das eigene Auto hat ausgedient, es lebe Carsharing. Wer einen Wagen braucht, der leiht ihn aus statt einen zu kaufen. So lautet das Geschäftsmodell von Unternehmen wie Car2Go, Stadtmobil, Flinkster und Drivy. Am Mittwoch hat Car2Go mit seiner Flotte von weiß-blauen Elektro-Smarts seinen 50 000. Stuttgarter Nutzer gemeinsam mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gefeiert. Die Stadt lobt Carsharing als wichtigen Baustein einer neuen Mobilität. Doch aus Sicht von Mitbewerbern gilt die Landeshauptstadt im Vergleich zu anderen Metropolen bestenfalls als Entwicklungsstandort.

 

Nach Meinung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist Stuttgart auf dem „Weg zur Pionierregion für nachhaltige Mobilität“. Carsharing habe sich in der Stadt fest etabliert, so der Regierungschef am Mittwoch auf dem Schlossplatz.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) lobt die Idee in den höchsten Tönen. Car2Go trage dazu bei, dass die Luft in Stuttgart sauberer und die Lebensqualität an den belasteten Straßen besser werde. „Die hohe Nutzung der Carsharing-Angebote in Stuttgart zeigt, dass die Menschen umdenken und umsteigen“, erklärt der Oberbürgermeister weiter.

Eine Sichtweise, die beispielsweise die Deutsche Bahn nicht teilt, die genau wie Car2Go im Rennen um Carsharing-Kunden ist. „Im Vergleich zu anderen Großstädten wird die Idee des Carsharing in Stuttgart recht zurückhaltend angenommen“, erklärt Mathias Tank, der Sprecher der DB Services GmbH und somit zuständig für den Anbieter Flinkster. Das Unternehmen hat in der Stadt lediglich 60 Fahrzeuge an 35 Standorten im Einsatz. Tank spricht von 8000 registrierten Kunden in der Stadt. „Da haben wir in anderen Städten deutlich mehr“, fügt der Sprecher hinzu. In Berlin spreche man von 532 Fahrzeugen, in Frankfurt am Main von 247 und in München von 121, so Tank.

Keine Expansion in der Region geplant

Im Gegensatz zur Bahn zeigt sich Branchenprimus Car2Go speziell mit der Entwicklung in der Landeshauptstadt äußerst zufrieden. „Mit 50 000 Kunden ist Stuttgart nach Hamburg und Berlin die Stadt mit den meisten Kunden in Deutschland und die erfolgreichste unserer Elektrostädte“, erklärt der Car2Go-Sprecher Andreas Leo. Neben Stuttgart ist das Unternehmen noch in Amsterdam und San Diego ausschließlich mit Elektrofahrzeugen unterwegs. Weltweit hat die Daimlertochter nach eigenen Angaben über eine Million Kunden an 30 Standorten in Europa und Nordamerika und eine Flotte von rund 14 000 Fahrzeugen. In der Region hat das Unternehmen Ende 2013 in Richtung Böblingen, Sindelfingen, Esslingen und Gerlingen expandiert. Und an diesem Einsatzgebiet soll sich auf absehbare Zeit nichts ändern, berichtet Leo, auch wenn sich Städte wie Ludwigsburg stark um die Ansiedlung des Carsharing-Anbieters bemüht haben. Weder eine Konzentration auf Stuttgart noch das Erschließen neuer Standorte seien derzeit geplant, berichtet der Sprecher. Angesprochen auf die Verkehrssituation in der Landeshauptstadt sagt Leo: „Staus in Stuttgart haben keine direkten Auswirkungen auf unser Geschäftsmodell.“

Sowohl die Verwaltung als auch die einzelnen Anbieter sind sich aber in einem Punkt einig – ein Mix aus verschiedenen Konzepten ist hilfreich. Während etwa Car2Go-Kunden im Schnitt lediglich sieben Kilometer in einem geliehenen Auto zurücklegen, setzen Mitbewerber auf deutlich längere Nutzungszeiten. „Wir ermöglichen unseren Kunden ein Leben ohne eigenes Auto“, sagt Edgar Augel von Stadtmobil. Und meint dabei auch die Fahrt in den Urlaub. „Die Stadtmobil-Kunden nutzen die Fahrzeuge eher für längere Strecken und Zeiträume als die Nutzer von Car2Go“, fügt er hinzu.

Bei Drivy, dem Anbieter von Privatwagen, ist die Mietdauer ebenfalls länger. „ Im Schnitt ist eine Anmietung über drivy.de etwa 2,5 Tage lang“, sagt die Sprecherin Christiane Jakobs.