Stadt will Bonus für umweltfreundliche Autos. Der Gemeinderat entscheidet heute über Gebührenwegfall.

Leonberg - Müssen Fahrer von Elektroautos vom 1. März an keine Parkgebühren mehr bezahlen? Darüber entscheidet heute Abend der Gemeinderat. Demnach könnten Wagen, die elektrisch, mit Plug-in-Hybrid oder mit Brennstoffzellen angetrieben werden, auf städtischen Stellplätzen kostenlos stehen. Allerdings nur so lange, wie es die vorgeschriebene Höchstparkdauer zulässt. So würde beispielsweise eine Begrenzung auf zwei Stunden also auch für Elektroautos gelten.

 

Eine Vorentscheidung für die Gebührenbefreiung ist bereits im städtischen Finanzausschuss gefallen. Dort sprach sich eine große Mehrheit für den Wegfall der Parkkosten aus. Allerdings, das beschloss das Gremium auf Antrag des CDU-Stadtrats Oliver Zander, würde diese Vergünstigung bis Ende des Jahres 2020 befristet.

Noch nicht klar sind die finanziellen Auswirkungen einer geänderten Gebührensatzung. Die Stadt rechnet zunächst mit keinen wesentlichen Einnahmeausfällen, da es ja kaum Elektroautos gebe. Allerdings sollen die Autofahrer durch den Bonus zum Umsteigen animiert werden.

Ein Anreiz, um auch Elektroautos umzusteigen

Neue Hinweistafeln, so erläuterte der Ordnungsamtsleiter Jürgen Beck, sollen die Autofahrer auf das Gratis-Parken hinweisen. Nach der Menge der Schilder und deren Kosten erkundigte sich der SPD-Fraktionsvize Ottmar Pfitzenmaier. Beck geht von rund 15 Tafeln aus, konnte aber keine Angaben zu deren Preisen machen.

Zum Vergleich: Die 27 Schilder, die ursprünglich geplant waren, um die Bismarckstraße als Fahrradstraße auszuweisen, waren mit rund 17 000 Euro veranschlagt. Dieses Projekt ist angesichts der Haushaltlage zunächst verschoben.

Während der Ordnungsamtsleiter den Wegfall der Parkgebühren für Elektroautos als „gute Sache“ und „unterstützungswürdig“ bezeichnete, hielt Axel Röckle überhaupt nichts davon. „Wir produzieren nur einen neuen teuren Schilderwald“, prophezeite der Fraktionschef der Freien Wählern. „Und das, obwohl überhaupt nicht klar ist, ob den Elektroautos die alleinige Zukunft gehört.“ Sei doch die Produktion der dafür benötigten Akkus sehr umweltbelastend.

FDP: Wenn frei parken für Elektroautos, dann auch in den Parkhäusern

Röckle wies zudem auf die Parkhäuser am Bahnhof und in der Altstadt hin, für die erst unlängst eine Gebührenordnung erarbeitet wurde: Müsste das Gratisparken dann nicht auch dort gelten? Immerhin sei das ja ebenso quasi städtischer Parkraum, da beide Großgaragen von den Stadtwerken betrieben werden. Das sah Jochen Flegl (FDP) ähnlich: Wenn frei parken für Elektroautos, dann auch in den Parkhäusern.

Der Erste Bürgermeister Ulrich Vonderheid (CDU) versprach, eine Lösung für die Parkhäuser Bahnhof und Altstadt zu finden. Dass dort aber Halter von Elektrofahrzeugen mehr oder minder rund um die Uhr parken könnten, das lehnt der für die Stadtwerke zuständige Bürgermeister ab, „allein schon im Sinne der Dauerparker, die dort monatlich 72 Euro zahlen“. Denkbar sei hingegen eine 24-Stunden-Regelung.

Ob das Freiparken kommt, das entscheidet heute Abend der Gemeinderat. Die Sitzung beginnt um 19 Uhr in der Stadthalle in der Römerstraße.

Pro-Kommentar

Ein Schritt in die richtige Richtung

Anreize Der Erlass von Parkgebühren sendet die richtigen, wenn auch eher symbolischen Signale. Doch allein dabei darf es nicht bleiben. Ulrike Otto

Knapp zwei Wochen Feinstaubalarm hat die Region Stuttgart hinter sich. Und Leonberg eine Woche voller Diskussionen über Lärmschutz. In einer Resolution zur Lärmminderung will sich die Stadt selbst verpflichten, mehr für den Schutz der Bürger zu tun. Explizit erwähnt: die Förderung von E-Mobilität. Aber auch, im Netzwerk mit anderen Kommunen auf die Autohersteller zuzugehen und diese aufzufordern, lärmarme sowie schadstoffarme Fahrzeuge zu produzieren.

In diesem Sinne ist es nur konsequent, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten etwas zu tun. Der Erlass von Parkgebühren für Elektroautos ist ein Schritt in die richtige Richtung. In einer Automobilregion, in der sich viele Menschen die nicht ganz billigen Wagen leisten können, ist das sicher ein eher symbolischer Schritt. Aber er sagt: Wir sind für Elektromobilität und wollen das auch zeigen. In einem ersten Schritt hat die Stadt Leonberg dies bereits signalisiert, als sie ihre Car-Sharing-Fahrzeuge des „Stadtmobils“ auf Elektroantrieb umgestellt hat.

Dabei darf es aber nicht bleiben. Es braucht am Engelberg mehr als die bislang vier Elektrotankstellen für Autos. Denn parken, ohne gleichzeitig aufladen zu können, ist nur bedingt attraktiv. Selbst das Car-Sharing-Modell Stadtmobil ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Das von Daimler betriebene Unternehmen Car2go gibt es außerhalb von Stuttgart bereits in Esslingen, Böblingen und Sindelfingen. Es würde angesichts der Nähe zur Landeshauptstadt auch sehr gut nach Leonberg passen.

Kontra-Kommentar

Purer Aktionismus

Nachdenken Statt teure Symbolentscheidungen zu treffen, sollte die Stadt in einen verbesserten und bezahlbaren Nahverkehr investieren. Thomas K. Slotwinski Zugegeben, es hört sich gut an: Die Stadt will Elektroautos fördern und verlangt für sie keine Parkgebühren. Doch macht sie das damit wirklich? Angesichts der hohen Anschaffungskosten dürfte ein zumeist zeitlich begrenztes Freiparken kaum den Ausschlag für den Kauf eines Elektroautos geben. Zumal die Infrastruktur für die E-Mobilität in den Kinderschuhen steckt. In diesem Stadium kommt die Frage nach der Ersparnis von einem Euro, und um mehr geht es nicht, einer Petitesse gleich.

Nun könnte man auf den Symbolcharakter hinweisen. Doch selbst dann gibt es wirksamere Wege: Ein verbessertes wie preislich attraktives Bus- und Bahnangebot, dessen Vorzüge aktiv und dauerhaft kommuniziert werden. Genau daran ist der Altstadt-Bus gescheitert. Dessen Linienführung war nicht durchdacht, Werbung hat nicht stattgefunden. Jetzt aber soll es neue Schilder geben, die einen fünfstelligen Betrag verschlingen dürften.

Außerdem würden die nach dem Kommunikationsdesaster um die Altstadtgarage leidlich geklärten Parkhaustarife wieder auf den Tisch kommen. Mit der sicheren Konsequenz, dass die ohnehin verärgerten Dauerparker sich nun vollends veräppelt fühlen. Und der hohen Wahrscheinlichkeit, dass das Thema Parken Leonberg erneut in die überregionalen Negativschlagzeilen bringt. All das für die wohlfeile Selbstbestätigung des reinen Umweltgewissens.

Es gibt viele Möglichkeiten, Umweltschutz vor Ort konkret zu praktizieren. Aber diese neue Gebührenvariante ist, mit Verlaub, purer Aktionismus.