Von wegen angestaubt: Der Modelleisenbahn-Club lässt es bei seiner alljährlichen Ausstellung in Esslingen ordentlich zischen und dampfen.

Esslingen - Die raucht natürlich auch“, sagt Timm-Michael Pagel und ruft nach seinem „Rauchmeister“. Rolf-Dieter Woerz eilt herbei, um seinem Clubvorsitzenden den Wunsch zu erfüllen. Und so rauscht Emma die Dampflok durch die qualmende Landschaft – zur Freude der großen und kleinen Besucher. Wer an diesem Wochenende im Foyer der Hochschule Esslingen zur alljährlichen Ausstellung des Modelleisenbahn-Clubs Esslingen angereist ist, ist eingefleischter Modellbahn-Fan.

 

Die Jim-Knopf-Anlage, die die Firma Märklin der Ausstellung zur Verfügung gestellt hat, ist nicht die einzige Attraktion. Stolz führt der Vereinsvorsitzende Pagel durch die Hochschule und erklärt, dass es jedes Jahr andere Anlagen zu sehen gibt. „Sonst würden die Leute irgendwann nicht mehr kommen“, sagt er. Neben Exponaten aus dem eigenen Bestand, gibt es auch Privatanlagen von Hobbyisten und die anderer Vereine zu sehen. Der Villinger Eisenbahn Club hat gar eine zwölf Meter lange Modellbahn-Kulisse mitgebracht. Die trägt den Titel „Dem Holz auf der Spur“ und hat eine eigene Homepage, weil sie 2010 in Kooperation mit dem Forstamt für die Landesgartenschau Villingen-Schwenningen gebaut wurde.

Selber machen lautet die Devise

Die Motive für die Anlage entstammen dem Südschwarzwald, etwa das Modell des Wutach-Viadukts der Sauschwänzlebahn. Zu sehen ist so ziemlich alles, was im Wald stattfindet: Waldführungen, Baumfällungen, Holztransport durch Tunnel und Täler, vorbei an winzigen Menschen und Tieren. Fast alles hier ist handgemacht. Pagel deutet auf winzige, keinen Zentimeter große Papierrollen, die sich auf der Ladefläche eines LKWs türmen. „Selbst gemacht“, sagt er. Die unzähligen Bäume und Wiesen könne man natürlich auch fertig kaufen, doch der Modellbahn-Fan baut, klebt und bemalt selbst. „Kleine Ästchen kann man sammeln, im Backofen trocknen und beflocken“, sagt Pagel.

Die Leidenschaft für Modelleisenbahnen hat Timm-Michael Pagel recht spät gepackt. Wie viele Jungs, besaß er als Kind Anfang der 1960er Jahre eine Märklin Modelleisenbahn. „Die habe ich mit 18 verkauft und dann war erst mal nichts mehr mit Eisenbahnen“, sagt er. Bis Ende 1999, da schenkte ihm seine Familie zu Weihnachten ein Märklin-Startset. „Das war eine Miniclub. Das ist die kleinste Märklin, die es gibt“, erinnert er sich. Die habe er dann alleine aufgebaut. Kurz darauf wurde er auf den Esslinger Verein aufmerksam und trat ihm im Jahr 2000 schließlich bei.

Keinesfalls angestaubt

Heute ist Pagel der erste Vorsitzende des Clubs und kümmert sich auch um den Nachwuchs. Der ist ihm besonders wichtig. Für den gibt es auch einiges bei der Ausstellung. An der BRIO Holzeisenbahnanlage lässt sich rangieren ohne Angst vor technischen Defekten. Die Kinderbetreuung liefert der Verein gleich dazu. Die Hoffnung ist, dass Kinder dabeibleiben. „Mit der Digitalisierung ist es technisch auch interessanter geworden. Moderne Anlagen steuert man beispielsweise mit dem Handy“, erklärt Pagel.

Dass manche Menschen diese Miniaturwelt als etwas angestaubt bezeichnen, können die Hobbyisten nicht verstehen. „Es ist ein vielseitiges Hobby. Man ist mal Geländebauer, mal Elektriker“, sagt Heinrich Wagner von den Nürtinger Eisenbahnfreunden. Die haben auf der Ausstellung ein riesiges Modell aufgestellt. Ihr Vorbild: die Tälesbahn Nürtingen-Neuffen. „Allein im Bahnhof Frickenhausen stecken mehr als 150 Stunden Arbeit“, sagt Wagner, der seit 1977 im Verein ist. Die Anlage ist auch ein bisschen Geschichtsunterricht. Denn Streckennetz und Gebäude, ja selbst das Gelände und die Zelte des Nürtinger Westernvereins sind originalgetreu nachempfunden. Wagner zufolge ist die Zeit auf der Anlage etwa 1985 stehen geblieben.

Pagel weiß, dass das Interesse an dem Hobby zurückgegangen ist. Schließlich sei es ein kapitalintensives Vergnügen. Wenn aber selbst Märklin es aus der Insolvenz geschafft hat, bestehe noch Hoffnung für die Modelleisenbahner.