Es wäre das Ende einer außergewöhnlich erfolgreichen Fußballerehe. Die bevorstehende Trennung von Lionel Messi und dem FC Barcelona schlägt hohe Wellen. Ein gerichtlicher Streit zwischen den Parteien scheint unvermeidlich.

Sport: Marco Seliger (sem)

Stuttgart/Barcelona - Kann das sein? Lionel Messi will weg – weg von seinem FC Barcelona? Die scheinbar perfekte Fußballehe des Ausnahmekönners, für viele Experten der beste Fußballer der Geschichte, und des großen und so stolzen Weltclubs aus Katalonien – wird sie also wirklich geschieden? Der Rosenkrieg ist in vollem Gange. Und die Fußballwelt steht unter Schock.

 

Weil eine wunderbare Symbiose, ja eine wunderbare Geschichte vor dem Ende steht.

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Mit gerade einmal 13 Jahren kommt Lionel Messi im Sommer 2000 aus dem argentinischen Rosario nach Barcelona. Nur etwa 1,40 Meter groß und 40 Kilogramm schwer ist er. Nach einem künftigen mehrfachen Weltfußballer sieht der schmächtige Junge nicht aus. Er leidet hormonbedingt an Wachstumsstörungen.

Und dann kommt da dieses erste Probetraining. Der kleine Messi hat alles, was er braucht: den Ball am Fuß. Er dribbelt, düpiert seine Gegner, obwohl die ihm körperlich überlegen sind. „La Pulga“, zu Deutsch der Floh, wie er schnell genannt wird, wird zum Riesen am Ball – schon damals, als er im berühmten Barça-Ausbildungszentrum La Masia die ersten Duftmarken setzt.

Später kennen die Superlative keine Grenzen. „König“, „E. T.“, „Genie“, „Gott“ – das alles wurde über den heute 33-Jährigen geschrieben. „Er ist der beste Fußballer aller Zeiten. Es ist ein Luxus, ihn im Team zu haben“, sagte Barcelonas ehemaliger Kapitän Xavi mal über den jetzigen Spielführer der Katalanen.

Umbruch beim FC Barcelona

33 Titel und 633 Tore – das sind die schier unfassbaren Zahlen der Messi-Ära beim FC Barcelona. Die jetzt vor dem Ende steht. Die Nachricht schlug ein wie ein Komet. Barcelona ohne Messi, Messi ohne Barcelona? Messi will weg! Für viele Fans ist das unvorstellbar, und doch dürfte es so kommen.

Nach dem epochalen 2:8-Debakel gegen den FC Bayern im Viertelfinale der Champions League ist bei Barça nichts mehr so, wie es war. Der neue Trainer Ronald Koeman soll den Neuaufbau vorantreiben – und Messi spürt offenbar, dass er künftig wohl keine Narrenfreiheit mehr genießt. Er war bisher der Chef in der Kabine, er bestimmte mit bei der Personalpolitik, und oft war es so, dass er auch bei der Aufstellung ein gewichtiges Wort mitredete. Mit all dem soll nun Schluss sein. „Die Privilegien im Kader sind vorbei, alles muss für die Mannschaft getan werden“, soll Koeman kürzlich gesagt haben.

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Und so könnte Messi nun zu seinem sportlichen Ziehvater Pep Guardiola nach England flüchten. Das Geld für Messis Jahresgehalt von knapp 50 Millionen Euro hätte Manchester City – aber dürfte es der Scheichclub auch ausgeben, nachdem er kürzlich nur knapp einer Europacup-Sperre entkommen ist? Das finanzielle Gesamtpaket wäre auch ohne Ablöseforderung so gewaltig, dass neben City eigentlich nur das vom Staat Katar fürstlich finanzierte Paris Saint-Germain und der von einem chinesischen Großkonzern gepimpte italienische Topclub Inter Mailand als mögliche neue Messi-Arbeitgeber infrage kommen.

Kann Messi ablösefrei gehen?

Der Superstar jedenfalls informierte Barça per Einschreiben, dass er seine Kündigungsklausel ziehen will. Es gab kein persönliches Wort zu den Verantwortlichen und bisher auch keine öffentliche Stellungnahme Messis. Nur sein Kündigungsschreiben – über das beide Parteien allerdings bald heftig streiten könnten. Der Knackpunkt ist ein Vertragsdetail in Verbindung mit der Corona-Pandemie: Bei seiner Verlängerung des Kontrakts bis 2021 hatte sich Messi im Jahr 2017 eine Klausel in den Vertrag schreiben lassen, die ihm zum Ende jeder Saison ein einseitiges Kündigungsrecht zusicherte. Mit einem speziellen Passus: Ab seinem 32. Geburtstag darf er ablösefrei gehen. Und genau deshalb könnte es jetzt mächtig Ärger geben.

Denn bei Messi gibt es eine Bedingung für das Aktivieren der Klausel. Er muss seine Abschiedsoption übereinstimmenden Medienberichten zufolge bis 20 Tage vor dem offiziellen Saisonende ziehen. Und das war dieses Jahr der 30. Juni. Als die Messi-Frist am 10. Juni ablief, war die Saison allerdings in Spanien Corona-bedingt unterbrochen. Beendet wurde La Liga nach der Wiederaufnahme erst am 19. Juli. Die Königsklasse ging sogar erst am vergangenen Sonntag zu Ende. Bedeutet eine Verzögerung der Saison nun also auch eine verlängerte Frist zum Ziehen der Klausel? Wenn es nach Messi geht, schon.

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Barcelona hingegen besteht auf dem 10. Juni als Stichtag. Der Grund: Nach Verstreichen der Frist würde bei Messi die festgeschriebene Ablöse greifen. Die liegt bei der Mondsumme von 700 Millionen Euro – und würde Barça bei Verhandlungen mit interessierten Clubs das Heft des Handelns zurück in die Hand geben. Die offenbar bevorstehende Scheidung also dürfte bald ein Fall für die Anwälte sein.

Am Mittwochnachmittag übrigens teilte Barça mit, um Messi kämpfen zu wollen. „Wir wollen mit dem besten Spieler der Geschichte das Team für die Zukunft umbauen“, sagte Sportdirektor Ramón Planes. Und: Ein Abschied Messis auf vertraglicher Ebene komme nicht infrage.

Planes dürfte die Rechnung ohne Messi gemacht haben.