Ein Jahr auf Bewährung lautet das Urteil gegen den Geschäftsführer einer insolventen Dönerfabrik im Kreis Göppingen. Er hatte Futtermittel ins Dönerfleisch gemischt, um es farblich aufzupeppen.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Weil er Möhrentrester ins Dönerfleisch gemischt hat, ist der Geschäftsführer einer insolventen Dönerfabrik aus dem Kreis Göppingen zu einem Jahr Haft auf Bewährung und 150 Stunden Sozialarbeit verurteilt worden. Der 42-Jährige hatte vor Gericht zugegeben, das als Futtermittel vertriebene Möhrengranulat erstmals im Mai 2012 bestellt zu haben. Nach den Erkenntnissen des Amtsgerichts waren bis zum September des selben Jahres, in dem das Veterinäramt den Betrieb schloss, knapp 1,6 Tonnen verarbeitet worden. Insgesamt seien 135 Tonnen Dönerspieße in der fraglichen Zeit an türkische Imbissstände im süddeutschen Raum ausgeliefert worden. „Das heißt, mehr als ein Prozent des Fleischs bestand aus Möhrentrester“, rechnete der Amtsrichter Heiko Griesinger vor.

 

Tierfutter im Döner sei ekelhaft, findet der Richter

Oberflächlich betrachtet handele es sich um getrocknete Karotten. Daran dürfte kaum ein Kunde auf der Straße Anstoß nehmen, vermutete der Richter. Jedoch habe der Experte vom Chemischen Veterinäruntersuchungsamt in Stuttgart klar dargelegt, dass Futtermittel unter anderen hygienischen Bedingungen hergestellt würden als Lebensmittel. Die Geräte, die zur Herstellung verwendet würden, würden weniger gründlich gereinigt. Im schlimmsten Fall könnten so Reste von Tierkadavern im Möhrentrester landen. „Das dürften wohl die meisten einfach nur ekelhaft finden“, sagte der Richter.

Überall Schimmel und verkrustete Fleischreste

Den mitangeklagten Hygienebeauftragten des Betriebs verurteilte die Schöffenkammer wegen Beihilfe zu einer Geldstrafe von 2800 Euro, aufgeteilt in 70 Tagessätze. „Wir glauben Ihnen nicht, dass Sie von all dem nichts mitbekommen haben“, sagte Griesinger. Der 37-Jährige war im September 2012 entlassen worden und hatte daraufhin das Veterinäramt informiert. Als die staatlichen Kontrolleure in dem Betrieb vorbeischauten, herrschten dort Ekel erregende Zustände: in der Waage schimmelte es, an den Arbeitsgeräten hingen verkrustete Fleischreste, zum Kühlraum stand die Türe offen. Die Spieße lagerten bei acht statt der vorgeschriebenen vier Grad.

Zwar hatte es bei einer Kontrolle ein halbes Jahr zuvor kaum Beanstandungen gegeben. Jedoch enstünden solche Missstände nicht innerhalb weniger Tage, sagte Griesinger. „Als Hygienebeauftragter hätten Sie die Mängel nicht nur dokumentieren, sondern auch etwas dagegen tun müssen.“ Jedoch habe in dem Betrieb wohl jeder der 17 Mitarbeiter vor sich hin gewurschtelt, sagte der Richter.

Der Blinde beerbt den Einäugigen

„Wir haben den Betrieb wie eine Familie führen wollen“, hatte der 42-Jährige vor Gericht erklärt. Entsprechend kurios war er in seine Geschäftsführerposition gelangt. Er hatte sie nämlich von einem Kollegen übernommen, der sich dem Amt nicht gewachsen fühlte. Sein Deutsch sei zu schlecht, deshalb habe er lieber nur die Spieße herstellen wollen, hatte der Vorgänger vor Gericht als Grund für seinen Rückzug genannt. „Dann mach ich das eben“, hatte sich der 42-Jährige bereit erklärt, obwohl seine Deutschkenntnisse wohl noch rudimentärer waren.

Der Blinde beerbt den Einäugigen? Als gelernter Metzger habe ihm auch das notwendige betriebswirtschaftliche Rüstzeug gefehlt, stellte der Richter in seinem Urteil fest und ahndete darin auch etliche Insolvenzvergehen. Seit 2009, in dem er den Betrieb übernommen hatte, habe der Angeklagte nicht einen Jahresabschluss erstellt.