In Spitzenzeiten fährt am Möhringer Bahnhof alle eineinhalb Minuten ein Zug ein. Nun wollen Anwohner kurzfristig ein Tempolimit und langfristig eine Einhausung der Gleise. Auch die Lokalpolitik fordert die SSB zum Handeln auf.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Die Grenze des Erträglichen sei erreicht. Die krankmachenden Lebensbedingungen seien nicht mit dem Grundrecht der Gleichbehandlung zu vereinen. Mit diesen deutlichen Worten forderte Irmgard Beck in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats Maßnahmen gegen den Schienenlärm am Möhringer Bahnhof. Schon seit vielen Jahren wohnt die Seniorin an der Leinenweberstraße. Ja, die Bahn sei zuerst da gewesen, räumte Beck ein. Aber in den vergangenen acht Jahren seien drei neue Linien hinzugekommen. Es seien lange Züge, die in enger Taktung fahren. „In Spitzenzeiten sind es 49 Züge in der Stunde. Dann fährt alle eineinhalb Minuten eine Bahn“, sagte Beck. Vor allem wenn die gelben Wagen durch die Kurve quietschten, sei der Lärm unerträglich.

 

Im vergangenen Jahr erneuerte die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) die Gleise rund um den Möhringer Bahnhof. Damals tauschten die Gleisbauer die alten Holzschwellen gegen neue Betonschwellen aus. Das habe alles noch viel schlimmer gemacht, sagte Beck im Bezirksbeirat. Die SSB habe zugesichert, dass sich die Situation nach etwa einem halben Jahr, wenn die Gleise eingefahren seien, wieder entspannen werde. Aber noch sei keine Verbesserung eingetreten – ganz im Gegenteil. Nur wenn die Gleise frisch geschliffen seien, gebe es eine kurze Zeit, in welcher der Lärm etwas erträglicher sei. Aber um die Gleise häufiger zu schleifen, fehle das Geld, so die Aussage der SSB.

Der Schriftverkehr mit der SSB füllt bereits einen ganzen Ordner

Irmgard Beck ist schon seit Jahren an dem Thema dran. Ihr Schriftverkehr mit dem Verkehrsbetrieb füllt bereits einen ganzen Ordner. Der ehemalige Bezirksvorsteher Jürgen Lohmann und auch Vertreter der SSB seien schon bei ihr Zuhause gewesen. Aber die Situation sei immer nur schlimmer geworden.

Beck war nicht die Einzige, die in der jüngsten Sitzung bei den Fünf Minuten für die Bürger das Wort ergriff. Auch Anwohner des Kauslerwegs waren gekommen, um sich über den Schienenlärm zu beschweren. Sie habe in ihrem Garten Lärmpegel von etwa 90 Dezibel gemessen, sagte eine Frau. Das sei eindeutig zu laut. Aber die SSB wische alle Beschwerden einfach vom Tisch.

Auch die Anwohner des Kauslerwegs wiesen daraufhin, dass die Belastung in den vergangenen Jahren immer höher geworden sei. „Der Verkehr hat sich verdreifacht, der Lärm hat sich verdoppelt“, sagte ein Bürger. „Das ist unmenschlich“, so sein Fazit. Er forderte, dass die Stadtbahnen im betreffenden Abschnitt nur noch zehn Kilometer in der Stunde fahren dürfen. Langfristig helfe nur eine Einhausung der Gleise in Leichtbauweise.

Der Bezirksbeirat fordert Lärmmessungen

Die CDU im Möhringer Bezirksbeirat hatte einen Antrag zu diesem Thema vorbereitet. Die Lokalpolitiker fordern die Stadtverwaltung und die SSB zu Lärmmessungen im Bereich zwischen den Haltestellen „Möhringer Bahnhof“ und „SSB-Zentrum“ auf, um objektive Daten zu bekommen. Auf deren Grundlage sollen die Verantwortlichen dann den konkreten Handlungsbedarf im Bezirksbeirat vorstellen. Die Bezirksbeiräte aller Fraktionen waren sich einig, dass dringend etwas getan werden muss. Sie nahmen den CDU-Antrag einstimmig an. Der CDU-Sprecher Fred Wagner fügte hinzu, dass die Zahl der Züge am Möhringer Bahnhof nicht weiter erhöht werden darf.

Beschwerden über den Schienenlärm am Möhringer Bahnhof gibt es schon seit Jahren. Anwohner der Probststraße und der Balinger Straße stehen in engem Kontakt mit den SSB. Das Nahverkehrsunternehmen erklärt auf Nachfrage unserer Redaktion, dass das gesamte Schienennetz regelmäßig geschliffen werde. Im Bereich Möhringer Bahnhof sei man jedoch deutlich häufiger mit dem Schleifwagen unterwegs als anderswo. „Wenn es Beschwerden gibt, nehmen wir diese ernst und gehen diesen nach. Wir schauen dann, ob man etwas verbessern kann“, sagt Birte Schaper von der Pressestelle der Stuttgarter Straßenbahnen AG. Sie erklärt aber auch: „Manchmal können wir nichts gegen den Lärm machen, auch wenn das für die Betroffenen frustrierend klingen mag.“